Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 13.12.2023

Füreinander da – Gemeinsam gegen Einsam

Gemeinsam gegen Einsam

An fehlenden Ideen für Papas Weihnachtsgeschenk verzweifeln, mit der ganzen Familie lauthals Weihnachtslieder trällern oder Christmas-Blockbuster wie «Kevin – Allein zu Haus» ausgraben. Mit der kleinen Schwester zum gefühlten dreitausendsten Mal die «Sissi-Filme» anhimmeln und natürlich vom Prinzen aus «Drei Haselnüsse für Aschenbrödel» träumen. Gemeinsam den glitzernden Weihnachtsbaum bestaunen, schlemmen was das Zeug hält und dem angeheiterten Onkel Hubert erklären, dass seine «Whats- App-Bildli» nicht immer so passend und erst recht nicht lustig sind. Weihnachten bedeutet Familienzeit – Gemeinschaft mit den Liebsten. 

 

 

So geht es aber nicht allen...Tausende von Menschen «feiern» das Fest der Liebe ganz alleine – auch in der Schweiz. Für Betroffene bedeuten die Weihnachtstage grossen Druck, da der Wunsch, mit geliebten Menschen an einem gemeinsamen Tisch sitzen zu können, meist sehr gross ist. 


 


Einsamkeit


Einsamkeit ist von blossem Auge selten sichtbar. Ein Thema, über das kaum gesprochen wird und doch ist Einsamkeit für viele Menschen allgegenwärtig; ein dunkler Begleiter im Alltag, auch fernab der Weihnachtszeit. Der Gedanke, dass alle anderen – ausser einem selbst – nicht alleine sind, setzt sich im Innern fest und begünstigt die eigene Abwärtsspirale. 


Zudem hat das Gefühl von Einsamkeit, welches in allen Altersgruppen vertreten ist, Folgen für die Gesundheit: Soziale Isolation erhöht die Wahrscheinlichkeit an chronischem Stress sowie an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, einer Depression oder Demenz zu erkranken, wie eine 2010 veröffentlichte Studie der Cambridge-Universität ermittelte.


In der Adventszeit lesen wir berührende Zeilen wie «Miteinander Füreinander», sehen Bildern von gemütlichem Beisammensein und strahlenden Gesichtern. Das Angebot an besinnlichen Konzerten, Weihnachtsmärkten und anderen liebevollen Veranstaltungen ist gross. Und doch benötigt es für einsame Menschen viel Mut, alleine loszuziehen oder sich einer «fremden» Gruppe anzuschliessen.


Stehen Heiligabend und die Weihnachtstage vor der Tür, werden die Möglichkeiten, Gemeinschaft zu geniessen, schlagartig zu einer Rarität und die Betroffenen stehen vor der nächsten (einsamen) Herausforderung.


 



Wahre Nächstenliebe 


Anders gelebt wird an der Grabenstrasse 12 in Frauenfeld…


Als ich eintreffe, wird bereits fleissig gerüstet, püriert und «gebrutzelt». Der Duft von frisch gekochtem Essen belebt meine Nase, die Kaffeemaschine steht in den Startlöchern und fröhliches Lachen durchdringt das einladende Ambiente. Ich stehe mitten in der Frauenfelder Gassenküche, umgeben von Blumen, Kerzen und liebevoll gedeckten Tischen – inklusive der Frauenfelder Woche, die auch hier gerne gelesen wird. 


«Heute gibt es Riz Casimir», verrät ein Gast mit grosser Vorfreude. Ganzjährig erfahren von Einsamkeit betroffene Menschen mit kleinem Budget in der «glücklichsten Küche Frauenfelds» Wertschätzung, Aufmerksamkeit und Respekt. Dabei dürfen sie jeden Mittwoch ein Vier-Gänge-Menü inklusive Getränke für nur drei Franken geniessen. 


«Ich habe die mit Abstand dankbarsten Gäste», erzählt Sandra Kern strahlend. Vor bald 15 Jahren hat die Berufsbeiständin mit der Gassenküche ihr Herzensprojekt im Rahmen einer Diplomarbeit für den Sozialmanagement-Abschluss ins Leben gerufen. Mit ihren 22 ehrenamtlichen Mitarbeitern, eingeteilt in vier Teams, kümmert sich Sandra Kern jeden Mittwochmittag um das Wohl ihrer rund 50 Gäste. 


«Sie sind meine VIPs, meine ‘very important persons’ und hier bin ich einfach nur Sandra, ihre Wirtin. In der Gassenküche dürfen es sich unsere Gäste so richtig gut gehen lassen und uneingeschränkt geniessen. Bereits ab 10 Uhr ‘trudeln’ jeweils die ersten Kaffeetanten und -onkels zum gemeinsamem Plaudern, Kaffeetrinken oder Zeitunglesen ein.» 


Ebenso werden die Besucher der Gassenküche wöchentlich mit einem Gabentisch beschenkt. «Unsere VIPs dürfen sich dort für den Rest der Woche etwas aussuchen. Wir kochen bewusst mehr Menüs und werden zusätzlich durch Brot-, Dessert- sowie Salat- und Blumen-Spenden unterstützt», berichtet Sandra Kern weiter. 


 


Eine Familie


«Wir sind eine grosse Familie. Hier fühlen wir uns wohl und sind füreinander da», schwärmt eine Besucherin. «Leider kämpfen einsame oder randständige Menschen mit vielen Vorurteilen. Über die Hintergründe wird dabei selten nachgedacht und auch nicht nach ihnen gefragt. Einsamkeit sollte nicht länger ein unangenehmes ‘Tabuthema’ bleiben», vertraut sie mir an.  


«Die Hemmschwelle war für mich sehr hoch, das grosszügige Geschenk der Gassenküche anzunehmen. Doch nun komme ich seit vielen Jahren hier her. Der Ort ist mein ruhender Pol und ich geniesse die Gemeinschaft sehr. Hier fühle ich mich wohl und werde als Mensch wahrgenommen sowie geschätzt», ergänzt ein weiterer Gast. 


 


Gemeinsame Weihnachten


«Gerade an Weihnachten sollte niemand einsam sein müssen», wünscht sich Sandra Kern. «Deshalb heissen wir am 25. Dezember all diejenigen zum Mittagessen willkommen, die sonst alleine wären – egal über welches Budget und welchen sozialen Status sie verfügen», so die Wirtin der Gassenküche. «Dank zwei grosszügigen Privatspenden sind unsere VIPs an Weihnachten eingeladen.»


Die Gassenküche freut sich über Ihre Anmeldung bis zum 17. Dezember unter: sandrakern@gmx.ch.


Sie haben selbst keinen Platz für einen VIP am Familientisch oder sind bereits engagiert während der Weihnachtstage? Die Gassenküche dankt Ihnen für Ihre Spende, damit sie ihre wertvolle Arbeit weiterführen kann: www.gassenküche.ch.


 



Offene Türen


Leider sind Einladungen wie das Weihnachtsangebot der Gassenküche zum Thema «Gemeinsam gegen Einsam» eine Rarität. Daher möchte ich ein weiteres Licht anzünden, das hoffentlich weit über Weihnachten hinaus strahlen wird. 


An unserem Familientisch haben wir noch ausreichend Platz und möchten auch unsere Türen öffnen... 


Sie blicken auf einsame Weihnachtsabende am 24. oder 25. Dezember? 


Wir laden Sie als Familie Utzinger herzlich ein, mit uns in gemütlichem, familiärem Rahmen das Fest der Liebe zu feiern... Seien auch Sie unser VIP. Wir freuen uns auf Sie.


Sarah Utzinger


 


Informationen und Anmeldung unter: 


sarahutzinger@gesundmitherz.ch, 079 479 93 96