Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 25.10.2023

Ende der Frei-Ära im «Adler» in Unterstammheim

Das Restaurant «Gastlicher Adler» in Unterstammheim wird per Ende Oktober geschlossen. In einem Gespräch schildert Thomas Frei die Gründe, die dazu führten und gibt einen Ausblick in die Zukunft.

 

 

In der gemütlichen Gaststube mit dem grossen weissen Kachelofen und mit der einmaligen Nische, volkstümlich «Beichtstuhl» oder «Gütschli» genannt, sitze ich Thomas Frei gegenüber. Der Wirt erzählt mir, wie er in diesem Haus aufgewachsen ist und wie sich das Leben im Laufe der Zeit geändert hat. 


 



Wie alles begann


Im Jahr 1877 erbauten Haus hat sein Vater gewirtet. Er besass eine eigene Trotte und kelterte seinen eigenen Wein. Zum Gasthof gehörten auch Pferdestallungen mit Platz für neun Pferde. Reiter konnten hier übernachten und ihre Pferde unterbringen. Auch Wanderer kehrten hier ein. Nach dem Bau einer Umfahrungsstrasse suchten weniger Auswärtige die Gaststube auf. Lange Zeit war der «Adler» zudem eine gut besuchte Dorfbeiz. Früher zogen vor allem die Männer von Beiz zu Beiz, jassten und diskutierten. 


1988 begann Thomas Frei mit seiner Frau Marianne im «Adler» zu wirten. Zuerst pachtete das Wirtepaar den Gasthof. 2004, nach dem Tod des Vaters, übernahm es die Liegenschaft. 2008 verpachtete Thomas Frei den «Adler» an den Verein «Gästehaus zum Adler» von Luzia Walser. Nachdem ein Verkauf mit diesem Verein nicht zustande gekommen war, entschieden sich Thomas und Marianne Frei 2015, das Wirtshaus wieder selbst zu führen. 


 



Veränderungen


Schon bald mussten sie feststellen, dass der Umsatz rückläufig war. Das Dorfleben hatte sich geändert. Die Geselligkeit nahm von Jahr zu Jahr ab, viele Bräuche fielen dem Individualismus zum Opfer. Auch merkte Thomas Frei, dass grosse Investitionen nötig wären, um die ältere Liegenschaft zu erhalten. Mit dem Ziel, das Restaurant zu erhalten, gründete er eine Genossenschaft. Er verkaufte die Liegenschaft an diese. Er selbst ist auch im Vorstand der Genossenschaft «Wohnlicher Adler». Die Genossenschaft hat den Um- und Neubau der Liegenschaft ausgearbeitet und bereits alle Bewilligungen eingeholt. Es sollen acht altersgerechte Wohnungen erstellt werden, um damit das Restaurant zu erhalten. Die Realisierung des Bauprojekts dauert länger als vorgesehen. Die Umbaukosten sind höher als erwartet. Das Projekt sei nach wie vor auf Kurs. Die Genossenschaft hofft, dass sie noch mehr Anteilscheine verkaufen kann (www.wohnlicheradler.ch)


 



«Uus-Singete»


Weil das Wirten nicht mehr so leicht «we amigs» von der Hand gehe, hätten sie sich entschlossen, das Restaurant nur noch bis Ende Oktober zu führen. Bis dann bietet Thomas Frei «Adler-Nostalgie» in Speis, Trank und Preisen an. Er führe eine ehrliche, gut bürgerliche, saisonale und einheimische Küche. Als endgültiger Abschluss findet am 2. November um 19 Uhr eine «Uus-Singete» mit Sängerbund und Jodlerchörli statt (Essen ab 17 Uhr, Reservation erwünscht). Ulrich Flückiger