Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 02.11.2022

Frauenfeld will Steuerfuss um drei Prozent erhöhen

Ein Jahr früher als gedacht und damit das Defizit nicht wächst

Die Stadt Frauenfeld präsentierte am Dienstagmorgen ihr Budget 2023. Dieses sieht trotz Steuerfusserhöhung von 60 auf 63 Prozent ein Defizit von rund 3,9 Millionen Franken vor. Gleichzeitig sind Netto-investitionen in Höhe von 26,6 Millionen Franken vorgesehen. Ausserdem soll der Steuerfuss gemäss Finanzplan im Jahr 2024 nochmals um zwei Prozent ansteigen, bei fast gleichbleibendem Defizit.

 

 

Dunkle Wolken hängen über dem Finanzhaushalt der Stadt Frauenfeld. Dies verrät ein Blick auf das Budget 2023. Die Stadt hält in Sachen Finanzen hier nämlich, was sie versprochen hat. War man im letztjährigen Finanzplan noch von einem Defizit von 4,5 Millionen Franken ausgegangen, budgetiert man nun einen Aufwandüberschuss von «nur» 3,9 Millionen Franken. Die Teuerung, die höheren Kosten für die Energie, die sehr hohe Arbeitsbelastung der städtischen Angestellten, der Unterhaltsbedarf der Liegenschaften und vieles mehr lassen das Defizit hoch ausfallen. Stadtpräsident Anders Stokholm brachte die finanzielle Situation der Stadt Frauenfeld auf den Punkt: «Wir müssen in die Infrastruktur, in die Digitalisierung und in Mitarbeitende investieren, damit wir die Herausforderungen des Klimawandels, der Demografie und des gesellschaftlichen Zusammenhaltes meistern können.» Denn er ist auch überzeugt: «Wenn die Stadt vorankommen will, müssen wir bereit sein, zu investieren».

Steuerfussanpassung um drei Prozent
Letztmals beantragte der Stadtrat 2018 eine Steuerfusserhöhung um zwei Steuerprozente. Bereits damals wurde aufgezeigt, dass diese Massnahme erforderlich sei. Die Rechnungsergebnisse der Jahre 2019 und 2020 zeigten daraufhin jedoch ein anderes Ergebnis. Inzwischen hat sich dies aber wieder geändert und in die erwartete Richtung entwickelt. Die Rechnung 2021 schloss mit einem Defizit von 1,7 Mio. Franken ab. Das aktuelle Jahr dürfte Stand heute wohl auch mit einem Minus von über 5 Mio. abschliessen und nun weisen auch das Budget 2023 und die Finanzplanungsjahre 2024 bis 2026 trotz Steuerfussanpassungen durchgehend einen Fehlbetrag in der Erfolgsrechnung von jeweils rund 4 Mio. Franken aus.

Kein Schuldenabbau
Drei Steuerprozente führen bei der Stadt zu rund 2 Mio. Franken höheren Steuereinnahmen. Die Stadt geht für das Jahr 2023 von Mehreinnahmen bei den Fiskalerträgen um rund 2 Mio. Franken aus. Gegenüber dem Budget 2022 stellt dies kein Wachstum der Steuererträge dar. Trotzdem ist eines vorhanden. Die Steuererträge 2022 werden gemäss der letzten Hochrechnung um rund 1 Mio. Franken nicht erreicht. Gegenüber dem erwarteten Steuerertrag 2022 werden rund 3 Mio. Franken an höheren Steuererträgen inklusive der Steuerfusserhöhung von 3 Steuerprozenten erwartet. «Es ist eine vorsichtige Budgetierung, um das Defizit in Zukunft nicht grösser werden zu lassen und den Status quo zu halten. Schulden werden damit keine abgebaut werden können», erklärte Reto Angehrn, Leiter des Finanzamts.
Die Stadt wird also trotz notwendiger Ausgaben an einigen Orten in den Sparmodus schalten und vielleicht auch unpopuläre Entscheidungen treffen müssen. So kündigte Anders
Stokholm mit zwei Beispielen an, wie das aussehen könnte. Er sagte, dass es wohl im kommenden Jahr weder einen Anerkennungspreis noch ein Freilichttheater geben werde.

Teurer Liegenschaftsunterhalt
Grund für den grösseren Sachaufwand ist die Schlossbadi, die Ende 2023 eröffnen soll, nur zu einem kleinen Teil. Auch wenn für deren Eröffnung bereits gewisse Kosten im Budget 2023 eingeplant sind, werden die Vollkosten erst 2024 anfallen. Ein grösserer Posten ist der Liegenschaftsunterhalt insbesondere bei den Verwaltungsliegenschaften. Bei diesen wurde über viele Jahre nur das Notwendigste an Unterhalt und Instandstellung erbracht. Verschiedene Objekte zeigen einen grösseren und vor allem dringenden Bedarf, sodass auch für die kommenden Jahre ein Mehraufwand gegenüber den bisherigen Rechnungen zu erwarten ist. Neben den gestiegenen Energiekosten ist die allgemeine Teuerung mit ein Kostentreiber.

Die Zinsen steigen
Was alle, die sparen, bald freuen wird, belastet diejenigen, die sich Geld von der Bank leihen: Die Zinsen steigen. Die hohen Investitionen und die geringen selbst erwirtschafteten Mittel zwingen die Stadt zur Aufnahme von Geldern zur Finanzierung der Investitionen. Diese neuen Geldmittel, aber auch diejenigen bei der Erneuerung von auslaufenden Darlehen, führen zu wesentlich höheren Zinsbelastungen. Die Zinssituation hat sich in wenigen Monaten sehr stark verändert. Es wird eine Mehrbelastung von rund 600 000 Franken erwartet. «Konnten wir Anfang Jahr für Darlehen über zehn Jahre mit 0,5 Prozent Zinsen planen, gibt es jetzt schon Angebote mit 2 Prozent Zinsen», sagte Reto Angehrn.
Nicht unerwartet, da geplant, sind die weiterhin hohen Nettoinvestitionen von 26,43 Mio. Franken. Der Neubau der Schlossbadi führt mit Abstand zu den grössten Nettoinvestitionen im Budget 2023. Neben den üblichen Investitionen in die Strassen und Kanalisationen sind rund 2,61 Mio. Franken für die Immobilien des Verwaltungsvermögens und rund 900 000 Franken für die Sportanlagen eingeplant. Der Selbstfinanzierungsgrad wird im Jahr 2023 nur gerade 4,2 Prozent betragen – wünschenswert sind 80 bis 100 Prozent. Damit ist er so tief wie noch nie zuvor in der Stadt Frauenfeld.

Nettoschuld pro Einwohner ab 2024
Ende 2024 wird eine Nettoschuld von rund 500 Franken pro Einwohnerin und Einwohner erwartet. Die weiterhin hohen Investitionen und sehr tiefen Selbstfinanzierungen werden auch künftig Fremdmittel erfordern und so die Nettoschuld bis Ende 2026 voraussichtlich auf über 1000 Franken ansteigen lassen.
Der Gemeinderat wird die Budgets 2023 der Stadtverwaltung, von Thurplus und des Alterszentrums Park am 14. Dezember behandeln. Gemäss Gemeindeordnung unterliegen das Budget wie auch die Festsetzung des Steuerfusses einem allfälligen Behördenreferendum beziehungsweise dem fakultativen Referendum.

Michael Anderegg

Personalaufstockung erforderlich
Die Arbeitslast nimmt stetig zu, sodass trotz Optimierungen und Anpassungen von Prozessen in verschiedenen Bereichen das Mögliche ausgeschöpft ist und personelle Aufstockungen auch zum Schutz des bestehenden Personals erforderlich sind. Rund 800 Stellenprozente sind neu eingeplant, wobei einzelne Stellen als Sofortmassnahme bereits mit befristeten Anstellungen besetzt werden mussten. «Die grösste Aufstockung gibt es im Bereich Soziales. Dort werden es über 500 Stellenprozente sein», sagte Anders Stokholm dazu.
Die Schlossbadi soll Ende 2023 eröffnet werden. Das notwendige Personal soll im Herbst rekrutiert werden und wird seine neuen Arbeitsplätze mehrheitlich ab November 2023 besetzen. Dies wird auch im Jahr 2024 zu einem zusätzlichen Kostenschub beim Personalaufwand führen.

Teuerungsausgleich geplant
Für die Besoldungsanpassungen werden die bisherigen Beträge beantragt. 0,65 Prozent der Lohnsumme sollen für individuelle Besoldungsanpassungen zur Verfügung stehen, 0,1 Prozent für einmalige Leistungsprämien. Erstmals seit über zehn Jahren besteht eine massgebliche Teuerung. Der Stadtrat will diese mit maximal 2 Prozent mindestens teilweise ausgleichen.(mra)

Finanzplan 2024 bis 2026
Prognosen sind schwierig. Wie entwickelt sich die Wirtschaft? Wohin geht es mit der Teuerung? Wie wirkt sich dies auf die Stadtfinanzen aus? Aufgrund der vielen Annahmen, die getroffen werden mussten, sowie den bereits bekannten Veränderungen für die Finanzplanungsjahre wird für das Jahr 2024 – wie bereits mit der Botschaft zum Hallenbadneubau angekündigt – eine weitere Steuerfusserhöhung erforderlich sein. Mit dieser weiteren Steuerfusserhöhung sollten die erwarteten Ergebnisse der kommenden Jahre stabilisiert werden können. Was fehlt, ist ein klares Zeichen, die erwarteten Defizite in den nächsten Jahren verringern zu können, beziehungsweise die Erfolgsrechnung auszugleichen.
Die Stadt soll weiterhin Angebote und Leistungen für die Allgemeinheit bieten, die sie lebenswert halten. So könnten noch weitere Sparmassnahmen umgesetzt werden, die jedoch nicht als zielführend angesehen werden. Eine Analyse über die gesamte städtische Aufgabenerfüllung wird im Frühjahr 2023 einer der nächsten Schritte sein.(mra)