Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 08.06.2022

Mit neuem Stützpunkt zu mehr Höhenflügen

Auf der Homepage von Abassia Rahmani steht hinter ihrem Namen Swiss Blade Runner. Die am 2. Juli 30 Jahre alt werdende Winterthurerin wird nach der Eröffnung des Athletics Center wohl öfters in Frauenfeld anzutreffen sein.

 

 

Abassia Rahmani war schon früh eine begeisterte Sportlerin. Als Folge einer bakteriellen Blutvergiftung mussten ihr 2009 als 16-Jährige beide Unterschenkel amputiert werden. Mit ihrem Schicksal wollte sich die junge Frau aber nicht einfach abfinden. Fünf Jahre später begann die Winterthurerin mit der Leichtathletik. Bald schon stellten sich die ersten Erfolge ein. 2016 holte sie an der EM im italienischen Grosseto über 100 Meter Bronze und an den Paralympics in Rio de Janeiro gab es über 200 Meter Platz vier. Sicher einer ihrer Höhepunkte war der Europameistertitel 2018 in Berlin über 200 Meter und Rang vier über 100 Meter. 2020 wurden sämtliche Wettkämpfe wegen der Corona-Pandemie abgesagt und im Jahr darauf konnte sich die «Swiss-Blade-Runner» verletzungsbedingt knapp nicht für die Paralympics in Tokio qualifizieren.

Profi und Studium
Sie selbst sagt, dass zu ihren Schwächen zu viel nachdenken gehört. Landete sie vielleicht gerade deshalb an der WM in London 2017 und an der EM 2018 in Berlin hauchdünn neben dem Podest? Die sympathische Sprinterin absolviert die 100 Meter in 13,47 Sekunden, die 200 in 27,84 und die 400 in 64,95. Abassia Rahmani arbeitete bis 2018 in einem 70-Prozent-Pensum als kaufmännische Angestellte. Sie hat die Berufsmaturität nachgeholt, ist jetzt Profi und studiert seit September 2021 in Teilzeit Sportmanagement. Natürlich stehen als nächstes Highlight bereits die Paralympic 2024 in Paris auf dem Programm. Dank den Vereinen LC Frauenfeld und LV Winterthur existiert nun in der Thurgauer Kantonshauptstadt das Athletics Center, das auch der Para-Leichtathletin in den nächsten Monaten sicher einige Vorteile bringen wird.

Nachstehend beantwortet Abassia Rahmani unsere Fragen.

Ist es für Sie von Vorteil, dass Plu-Sport als Dachverband Behindertensport Schweiz, im Athletics Center Frauenfeld Gastrecht geniesst?
Bisher haben wir bei schlechtem Wetter draussen auf der Sportanlage Deutweg in Winterthur oder im Lauftunnel des Stadion Letzigrund trainiert. Da im Sommer nun wieder viele Konzerte und Fussball-Matches stattfinden, ist «das Letzi» für uns Leichtathleten oft gesperrt. Bei nasskaltem Wetter sind draussen nicht alle Trainings optimal durchführbar, weswegen wir vom PluSport-Spitzensport-Kader enorm vom Athletics Center in Frauenfeld profitieren können.

Wird nun Frauenfeld für Sie zu einem richtigen Stützpunkt?
Die Zukunft wird zeigen, ob sich der Standort für alle Kaderathleten, welche quer verteilt in der Schweiz wohnen, als praktikabel herausstellt. Frauenfeld ist zum Glück nur ein Katzensprung von meinem Wohnort in Winterthur entfernt. Kurze Wege sind mir wichtig, daher sehe ich mich in Zukunft oft in Frauenfeld trainieren.

Wie viele Stunden pro Woche trainieren Sie?
Aktuell trainiere ich zirka 15 Stunden in der Woche. Glücklicherweise benötige ich zur Ausübung meines Sports nur eine Rundbahn und kann auch flexibel in anderen Städten als Frauenfeld, Winterthur und Zürich trainieren, falls ich dort Termine habe.

Sie absolvieren 100, 200 und 400 Meter. Was am liebsten?
Generell laufe ich die 200 Meter am liebsten. Seit einiger Zeit reizt mich die Herausforderung auf 100 Meter zu brillieren, aber mehr, weil es noch anspruchsvoller ist.

Was sind Ihre Höhepunkte in diesem Jahr?
Der Weltverband hat leider entschieden, keinen Grossanlass durchzuführen aufgrund der unsicheren Pandemie-Situation. Meine persönlichen Highlights werden die nationalen Rennen sein, welche ich im Juli/August/September laufe. Dort versuche ich meine persönlichen Bestleistungen zu senken und mich somit für die WM nächstes Jahr in Paris zu empfehlen.

Kann man jetzt schon an die Paralympics 2024 in Frankreich denken?
Ich denke auf alle Fälle an Paris. Der Fahrplan stimmt und ich freue mich sehr, dass die Spiele einmal ganz in der Nähe stattfinden.

Interview: Ruedi Stettler