Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 30.03.2022

Schloss Herdern setzt auf Nachhaltigkeit

Schloss Herdern verabschiedet sich von der konventionellen Landwirtschaft

Der Landwirtschaftsbetrieb von Schloss Herdern wird in den nächsten Jahren schrittweise auf die regenerative Landwirtschaft umgestellt. Dies zeigt in der 127-jährigen Geschichte dieser Institution, dass man trotz des stattlichen Alters jung geblieben ist und sich Neuerungen nicht verschliesst.

 

 

Geschäftsführer Armin Strom bezeichnete den Entscheid, den Gutsbetrieb auf regenerative Landwirtschaft umzustellen, als Zäsur in der langen Geschichte von Schloss Herdern. Denn mit dem schrittweisen Wechsel werde man in den nächsten Jahren zum Ostschweizer Vorzeigebetrieb für eine tierfreundliche, regenerative Landwirtschaft. Strom informierte gemeinsam mit Peter Furger, Leiter Landwirtschaft sowie mit Gerhard Weisshäuptl, Berater und Experte für regenerative Landwirtschaft, über die markanten Richtungswechsel in der Produktion des Gutsbetriebs.

Kreislaufprinzip
Die Richtungsänderung ist eine Zäsur in der Geschichte der Institution. Denn sie wird eine massive Reduktion des Pestizideinsatzes zur Folge haben, es werden zahlreiche Massnahmen zu Gunsten des Tierwohls ergriffen, zudem gibt’s einen kompletten Kreislauf mit dem «Milch-Käse-Schotte-Gülle-Energie-Prinzip» und eine neue Käserei mit Schaubereich. Ausserdem erfolgt eine regenerative Bodenbearbeitung mit «Komposttee».

Naturnah produzieren
Wie Geschäftsleiter Armin Strom weiter sagte, habe man sich für eine Abkehr von der konventionellen Landwirtschaft entschieden – «hin in Richtung einer naturnahen Produktionsausrichtung im Sinne einer regenerativen Landwirtschaftsstrategie mit wenig Pestizideinsatz und naturnaher Produktion.» Es gebe in der Schweiz erst wenige Landwirtschaftsbetriebe, die nach diesem Konzept arbeiten, wobei Schloss Herdern zu den grössten gehören wird. Während der Umstellung werden die Mitarbeitenden vier Mal pro Jahr auch einen Workshop absolvieren.

Kälber bleiben bei Muttertieren
Erste Schritte sind bereits erfolgt. Unter anderem erzeugt Schloss Herdern seit 2018 klimaneutrale Energie mit einer Biogasanlage, zieht Schweine antibiotikafrei auf und reduziert den Pestizideinsatz auf ein Minimum. Erfolgt ist auch die Umstellung auf Heumilch-Produktion. Einen Meilenstein wird Schloss Herdern mit der tierfreundlichen, muttergebundenen Kälberaufzucht setzen. Dabei kann das Kalb eine natürliche Beziehung zur Mutter leben, obschon die Kuh weiter gemolken wird. Die Kälber sind gesünder, weil sie mit der Milch wichtige Inhaltsstoffe erhalten. Kühe werden bei Schloss Herdern nicht – wie bei konventionellen Landwirtschaftsbetrieben üblich – mit rund sechs Jahren geschlachtet. Der Betrieb setzt auf Langlebigkeit der Kühe. Die älteste Kuh ist 18-jährig.

Melkroboter auf der Weide
In absehbarer Zeit wird Schloss Herdern ein automatisiertes Melksystem einführen. Die 70 Kühe frequentieren dabei eigenständig die verschiedenen Weiden. Sie entscheiden selbst, wann sie gemolken werden möchten, und suchen dann den Melkroboter auf. Der Roboter ermöglicht den Tieren eine naturnahe, ausgedehnte Weidehaltung – und den Mitarbeitenden Zeitgewinne und geregelte Arbeitszeiten.

Ein geschlossener Kreislauf
Auch in der Käserei steht eine neue Epoche an. Schloss Herdern krönt die Geschichte seiner 125-jährigen Käserei mit neuen Einblicken. Über einen Schaubereich werden Besucherinnen und Besucher den Produktionsablauf mitverfolgen können – von der Milch bis zum fertigen Käse. Sie erkennen dabei das gelingende Zusammenspiel zwischen Menschen, Tier und Natur. Dabei gilt das Milch-Käse-Schotte-Gülle-Energie-Prinzip: Was in der Käserei übrig bleibt, fressen die Schweine, die den Rohstoff liefern für die Biogasanlage, die nach der Strom- und Wärmeproduktion wiederum den Rohstoff liefert für wertvollen Pflanzendünger.

Naturnahe Bodenbewirtschaftung
Das Konzept der regenerativen Landwirtschaft greift ausserdem mit zahlreichen Massnahmen und Weiterentwicklungen in den Bereichen Rebbau, in der Gärtnerei, im Obstbau und im Forst. Mit Unterstützung von erfahrenen Praktikern wird die Bodenbewirtschaftung bezüglich Mechanisierung und Fruchtfolge entsprechend angepasst.
Bei der Umstellung von der konventionellen zur regenerativen Landwirtschaft wird Schloss Herdern vom renommierten österreichischen Biobauern Gerhard Weisshäupl beraten. Er gilt als einer der Pioniere der regenerativen Landwirtschaft.

(aa)