Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 02.08.2021

«Hüttwilen ist gut aufgestellt»

Gemeindepräsident Hanspeter Zehnder tritt Ende Juli ab

Am kommenden Samstag endet die Amtszeit des Hüttwiler Gemeindepräsidenten Hanspeter Zehnder. Mit dem bevorstehenden Eintritt ins Pensionsalter am 25. August verabschiedet er sich von der politischen Bühne und zieht im Interview eine rundum positive Bilanz seiner sechsjährigen Amtszeit.

 

 

Im Jahr 2015 hatte Hanspeter Zehnder als politischer Quereinsteiger das Amt des Gemeindepräsidenten von Hüttwilen übernommen - und er hat es nie bereut. Überrascht hat ihn nach dem Wechsel von der Industrie auf die politische Bühne die «unerhörte Vielfalt der Tätigkeiten» sowie die Wertschätzung, die dem Gemeindepräsidenten entgegengebracht wird. Das 60-Prozent-Pensum im nebenamtlichen Gemeindepräsidium konnte er gut mit seiner beruflichen Tätigkeit im Bildungssektor vereinen.

Hanspeter Zehnder, wie lautet Ihre Bilanz nach sechs Jahren als Gemeindepräsident von Hüttwilen?
Das war eine spannende Zeit. Ich kam damals aus dem Bereich Industrie und musste mich erst einmal daran gewöhnen, dass es in der Verwaltung beispielsweise aufgrund von Vernehmlassungen, Auflagen, Fristen und Beschlüssen immer längere Prozesse braucht. Aber auch die Vielfalt der Themen hat mich überrascht – vom Sozialwesen über Strassenbau bis hin zur Feuerwehr ist das ein äusserst breites Spektrum, da ist wirklich alles dabei, manchmal innert kürzester Zeit. Zudem ist alles professioneller geworden. Gerade Entscheide im Bauwesen beispielsweise müssen wasserdicht sein, sonst wird gleich der Rechtsweg beschritten.

Welches waren die besonderen Höhepunkte in diesen sechs Jahren?
Für mich persönlich war das die Wertschätzung der Bevölkerung gegenüber meiner Person. Vor allem bei der älteren Generation ist die Achtung vor dem Gemeindepräsidenten schon noch gross. Auf der anderen Seite ist es aber auch schön zu sehen, wie sich die Kinder hier wohlfühlen. Aus Sicht der Gemeinde ist es von Bedeutung, dass wir die Raumplanung abschliessen konnten, also die Revision von Richtplan und Zonenplan. Aktuell fehlt zwar noch die Unterschrift des Kantons, auf Grund der Vorprüfung bin ich aber zuversichtlich. Spannend war daneben die Mitwirkung in der Kommission betreffend Zuordnung der Weilerzonen.

Was hat Sie besonders geärgert in Ihrer Amtszeit?
Es gibt eine Tendenz, dass bei Bauwesen mit Einsprachen und Rekurs gedroht wird, um persönliche Vorteile durchsetzen zu können. So werden zum Beispiel ungerechtfertigte Näherbaurechte oder Wegentschädigungen gefordert, die wenig oder nichts mit dem Bauprojekt zu tun haben. Persönlich bin ich der Meinung, dass solche Praktiken missbräuchlich sind, aber das entscheiden am Ende die Gerichte.

Wie ist der Übergang an Ihre Nachfolgerin Sabina Peter Köstli geregelt?
Unser Vize Daniel Bauer wird am 1. August das Gemeindepräsidium ad interim übernehmen für zwei Monate, danach erfolgt die Übergabe an Sabina Peter Köstli.

Was geben Sie Ihrer Nachfolgerin im Gemeindepräsidium mit?
Eine hervorragend aufgestellte Gemeinde. Hüttwilen geht es gut und der Umgang miteinander ist respektvoll. Auch werde ich ihr raten, bei Beschwerden und Reklamationen stets beide Seiten anzuhören, bevor Stellung bezogen wird. Es ist ohnehin wichtig, immer alle Seiten anzuhören. Das bezieht sich beispielsweise auch auf die Parkiergebühren, die wir beim Hüttwilersee eingeführt haben. Dieses Geld wird verwendet, um den Abfall zu beseitigen, der dort unten in jüngster Zeit massiv zugenommen hat. Es wäre nicht richtig, die Kosten für die Abfallbeseitigung am See allen Steuerzahlenden aufzubürden.

Überlassen Sie auch Altlasten?
Altlast ist das falsche Wort, aber es gibt immer wieder Zielkonflikte im Naturschutzgebiet – also zwischen landwirtschaftlicher Nutzung, dem Freizeitsport und dem Schutz von seltenen Tier- und Pflanzenarten. Da ist kein Ende in Sicht. Kommt hinzu, dass beispielsweise der See auf privatem Boden liegt, das Wasser aber ein öffentliches Gut ist. Und zu guter Letzt gibt’s auch noch eine Badi-Infrastruktur, die der Gemeinde gehört.

Wohin geht die Entwicklung von Hüttwilen?
Wir haben vor fünf Jahren im Gemeinderat einen Strategie-Workshop gemacht, der sich diesem Thema widmete. Einerseits sind wir gesamthaft gut aufgestellt, andererseits gibt’s im Bereich Infrastruktur dennoch einige Defizite – unter anderem fehlen Räume für Kita, Mittagstisch, und Spielgruppe, zudem gibt’s Nachholbedarf betreffend Feuerwehrdepot, Werkhof und Gemeindekanzlei. Auch haben wir uns mit der «Energiestrategie 2050» befasst. Gerne weise ich betreffend Energie auch auf die geplante Photovoltaikanlage auf den Dächern der Nüssli AG in Hüttwilen hin, die mit 1,2 Megawatt eine der grössten PV-Anlagen im Thurgau sein wird. Damit verbunden werden wir unser Stromnetz verstärken müssen. Im Energiebereich arbeiten wir übrigens eng mit der Stadt Frauenfeld zusammen und davon können wir sehr profitieren.

Haben Sie einen Wunsch an die Einwohnerinnen und Einwohner der Politischen Gemeinde Hüttwilen?
Ich würde mich freuen, wenn sich mehr Mitmenschen an unserem Gemeindeleben beteiligen würden. Wenn ich beispielsweise die Teilnehmerzahlen an den Gemeindeversammlungen mit jenen bei den Abstimmungen vergleiche, so zeigt das eine grosse Diskrepanz. Also ist hier ein ziemliches Potenzial vorhanden und es wäre ein Gewinn für alle, wenn der Zusammenhalt in unserer schönen Gemeinde auf diese Weise gestärkt werden könnte.

Interview: Andreas Anderegg