Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 16.06.2021

«Ich frage mich, ob die Regierung ihre Thurgauer Bürger vergessen hat?»

Interview mit Elisabeth Engel,
Gemeindepräsidentin von Uesslingen-Buch

 

 

Welcher Leit- oder Grundsatz begleitet Sie als Gemeindepräsident durch den Alltag?
Nimm jeden Tag neu und mache das Bestmögliche damit.

Welche Herausforderungen stellen sich Ihrer Gemeinde –
abgesehen von der Bewältigung der Corona-Krise – in den kommenden Wochen und Monaten?
Derzeit beschäftigt uns die Vernehmlassung des kantonalen Richtplanes sehr. Unsere Weilerzonen, die heute und seit Jahrzehnten rechtsgültige Bauzonen sind, sollen teilweise in eine Nichtbauzone ausgezont werden. Ich frage mich, ob die Regierung ihre Thurgauer Bürger vergessen hat? Steht sie in Bundesbern wirklich für die Anliegen ihres Kantons und deren Bürger ein? Dann ist da die Absicht der kantonalen Behörden, den Gemeinden Teilstücke oder ganze Kantonsstrassen zu übereignen. Vor allem störend ist das Vorgehen. Werden die Gemeinden nur noch vor vollendete Tatsachen gestellt? Was passiert mit dem viel gelobten Miteinander im Kanton Thurgau?

Wie schätzen Sie die verkehrstechnische Lage Ihrer Gemeinde ein (ÖV und Individualverkehr) und gibt es Verbesserungspotenzial oder -bedarf?
Verbesserungspotenzial? Ja und ob. Unsere Gemeinde wird mit einem Postauto-Stundentakt bedient. An Wochenenden kann man nur bis in den frühen Abend hinein Richtung Frauenfeld gelangen. Zeitgemäss ist das Angebot nicht. Uns fehlt ein Anschluss an den öV in den wenige hundert Meter entfernten Kanton Zürich. Unsere Einwohner, die ihr gutes Steuergeld im Raum Zürich verdienen, erhalten dafür zwar eine wunderbare Landschaft, aber keine zeitsparende Anbindung an den öV. Wie will man Menschen für den öV gewinnen bei diesem Angebot?

Welche Projekte sind aktuell die Wichtigsten für Ihre Gemeinde?
Wir planen derzeit, zusammen mit unserer Nachbargemeinde Warth-Weiningen und zwei Netzbetreibern ein Glasfasernetz. Wir wollen jede Liegenschaft erschliessen, auch diejenigen, die fernab des Dorfzentrums liegen. Wenn alles gut geht, werden bereits dieses Jahr erste Ortsteile erschlossen sein. Dann arbeiten wir an der Erschliessung des Gebietes Zollhausweg am Dorfeingang. Es soll eine grössere Anzahl Wohnungen entstehen. Hier wird die Behörde gefordert sein mit der Gestaltung des Dorfeingangs. Zu guter Letzt beschäftigt uns auch das Thema Energie mit all seinen Facetten. Um die Energiestrategie 2050 zu erreichen, müssen sich alle ins Zeug legen.

Was zeichnet Ihre Gemeinde aus?
Die Bevölkerung, die einzigartige Landschaft, unsere Vereine und Festanlässe, unsere wunderbare Gastronomie und Landwirtschaft. Ich werde gar nicht fertig mit aufzählen. Kommen Sie ins Genusstal und überzeugen Sie sich selbst! Man wird schnell fündig.

Haben Sie einen Wunsch an Ihre Bevölkerung?
Ich glaube nicht, dass ich Wünsche anbringen sollte. Sie müssten eher die Bürger fragen, was sie sich von der Gemeindebehörde wünschen. Aber ich denke schon, dass wir unserem Dorfleben Sorge tragen müssen, damit man die Nachbarschaftsnähe nicht verliert. In Corona-Zeiten hat sich diese immer wieder bewährt.


Vielen Dank für das Interview.. Michael Anderegg