Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 27.05.2021

Flanieren und feiern auf dem Wassergraben

Die Promenade am Rand der Altstadt hat eine interessante Vergangenheit

Mit einem Mitwirkungsverfahren bietet die Agglomeration Frauenfeld derzeit Gelegenheit, Grundlagen für die räumliche Entwicklung in den nächsten 20 Jahren mit zu gestalten. Das Projekt der Stadt und den Gemeinden Felben-Wellhausen und Gachnang umfasst auch die Promenade im Stadtzentrum, die eine interessante Vergangenheit hat – denn dort war einst ein Wassergraben.

 

 

Mit der Aufhebung der Parkplätze entlang der Promenadenstrasse hat der Freiraum zwischen Promenadenstrasse und Verwaltungsgebäude des Kantons an Attraktivität gewonnen. Einerseits durch zusätzlichen Raum für Aktivitäten und andererseits durch den Wegfall von Verkehrsbehinderungen wegen ein- und ausparkierenden Autos an der viel befahrenen Strasse. Diese Aufenthaltsqualität soll nun weiter gestärkt werden – Plätze wie die Promenade sollen aufgewertet und urban gestaltet werden.

Potenzial erkannt
Bereits im Mobilitätskonzept 2030 war die Aufwertung der Promenade ein zentrales Anliegen. Dabei hatte vor langer Zeit überhaupt nichts auf eine solche Bedeutung hingewiesen, befand sich dort bis vor etwas mehr als 200 Jahren doch ein mit Wasser gefüllter Stadtgraben, der zum Schutz vor Angreifern angelegt worden war. Der Frauenfelder Bürger und Fabrikant aus Islikon, Bernhard Greuter, erkannte das Potenzial einer solchen Erweiterung des Stadtkerns und durfte dabei auf das Wohlwollen der Bürgerschaft zählen.
Entscheid zum Auffüllen
Greuter anerbot sich, «den alten Tümpel, der für die Sicherheit der Stadt keinerlei Bedeutung mehr hatte, aufzufüllen und durch einen Spazierweg zu ersetzen» (Ernst Leisi: «Geschichte der Stadt Frauenfeld»). Dies als Dank für das im Jahr 1813 geschenkte Bürgerrecht, wie Bürgerarchivar Angelus Hux ergänzt. Schliesslich wurde der Wall abgetragen und der Stadtweiher, der in einer Breite von 7,50 Metern die Nord- und die Ostflanke der Stadt umzog, zugeschüttet. Danach wurde in den Jahren 1816 bis 1819 die Promenade erstellt.

Löschwasserbehälter angelegt
Um nach dem Wegfall des Stadtgrabens dennoch genügend Wasser zum Löschen von Bränden zu haben, wurden im Gegenzug in der Nähe zwei grosse gemauerte Behälter angelegt – zuerst offen, im Jahr 1861 wurden sie zugedeckt.
Die neue Promenade wurde als Spazierweg angelegt, war mit Pappelweiden und Akazien bepflanzt und mit einem Pavillon und Grünanlagen ausgestattet – wie dem Buch «Inventar der neueren Schweizer Architektur 1850 – 1920» zu entnehmen ist.
Im Jahr 1865 wurde diese Grünanlage allerdings beseitigt, als beim hinteren Kantonsschulgebäude (heute Obergericht) eine ähnliche Anlage entstand (heute Botanischer Garten). Parallel dazu wurden an der Promenade die Pappeln durch Rosskastanien ersetzt. 1871 dann wurde auf der Westseite der Allee ein Brunnen erstellt.
Die Promenade ist seit über 100 Jahren auch Standort des Wochenmarkts, bei dem viele Frischprodukte angeboten werden. Darüber hinaus dient das von Bäumen gesäumte Wegstück bei Frühlingsmarkt und Chlausmarkt jeweils als Standort für Marktstände. Über die Zeit hinweg hat das ehemalige Stadtweiher-Gebiet laufend an Bedeutung gewonnen und heute ist es ein wichtiger Teil des Stadtkerns von Frauenfeld. Deshalb ist es angezeigt, diesen für kommende Generationen zu erhalten.

Andreas Anderegg

 

 

Flanieren und feiern auf dem Wassergraben

 

 

Flanieren und feiern auf dem Wassergraben