Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 28.04.2021

Julie Lengweiler wagt den nächsten Schritt nach Finnland

Die Thurgauer Volleyballerin Julie Lengweiler ist zwar erst 22 Jahre alt, hat aber schon mehrere Titel geholt. Jetzt wechselt sie im Herbst nach Finnland zu Kuusamo.

 

 

In der Gachnanger Familie Lengweiler dreht sich enorm viel um Volleyball. Mutter Helena spielte einst bei Aadorf und ist dort immer noch Trainerin. Unter anderem gegenwärtig von ihrer jüngsten Tochter Amélie, die auch im Beachvolleyball immer besser wird. Schon früher ebenfalls ihre Sporen beim VBCA in der NLB abverdient hat sich Julie Lengweiler, bevor sie zu Serienmeister Volero Zürich und dann mit mehreren Titeln im Gepäck zu Neuenburg wechselte und dort ebenfalls Pokale gewann. Auch Bruder Alexander ist kein Unbekannter in der Szene, denn er hat eben mit Amriswil Silber geholt. Nun hat sich Julie Lengweiler entschieden, ihre Karriere in Finnland weiter zu führen. Nachstehend beantwortet sie unsere Fragen.

War dieser Titel mit Neuenburg (NUC) schöner als der erste vor zwei Jahren?
Ich fand beide sehr speziell. Der vor zwei Jahren war unglaublich toll, da er der erste in der Vereinsgeschichte war und wir im selben Jahr bereits den Super-Cup und den Cup gewonnen hatten. Beim neusten Titel habe ich was meine Spielzeit und Beteiligung betrifft, einfach mehr dazu beigetragen. Das ist natürlich ein sehr schönes Gefühl. Dieser Triumph ist irgendwie denkwürdig, weil es das Corona-Jahr war. Es war eine schwierige Saison für alle Sportler. Daher fühlt es sich sehr gut an, erfolgreich abschliessen zu können.

Wie war das mit den Corona-Einschränkungen?
Die Situation war schwierig für Alle. Ich schätze mich sehr dankbar, durften wir weiterhin spielen, trainieren und dass unsere Saison beendet werden konnte. Dies sehe ich als ein grosses Privileg. Natürlich fehlten uns Fans, es ist nicht das gleiche in einer leeren Halle anzutreten. Wir fühlten uns aber immer sehr unterstützt von den Fans und von unseren Familien, das half.

Konntet Ihr überhaupt richtig feiern?
Wir waren die gesamte Saison in einer Bubble, das bedeutete, ausserhalb des Teams sollten wir möglichst keine anderen Leute treffen. Auch innerhalb der Equipe probierten wir wenn möglich mit Abstand und nach Wohnungen aufgeteilt uns zu gruppieren. Nach dem Meistertitel konnten wir deshalb nur innerhalb des Teams feiern. Weil bei NUC aber die Fans eigentlich immer der 7. Spieler auf dem Feld sind, war es die ganze Saison über bereits eine enorme Anpassung. Wir haben die Zuschauer vermisst, auch beim Feiern.

Wie fasst Du die sehr erfolgreiche Zeit bei NUC zusammen?
NUC war für mich deutlich mehr als nur mein Club für die letzten drei Jahre. Es war mein Zuhause, es war eine Familie. Es war eine Zeit, in welcher ich mich enorm entwickeln konnte. Dies war möglich, weil ich einen Coach hatte, der stets den Mut in meinen Fehlern sah, Mitspielerinnen welche Freunde wurden und mit einer Clubleitung, welche mich vor allem als Julie sah und nicht als die Athletin. Das verhalf mir, mich selbst zu sein.

Warum gehst Du weg? Und ab wann?
Ich hatte wundervolle Jahre bei NUC, spüre jedoch, dass ich einen neuen Schritt gehen muss, um mich sportlich und menschlich weiter zu entwickeln. Die Vorbereitungen in Kuusamo beginnen im August.

Warum gerade nach Finnland? Für wie lange?
Die finnische Liga ist sehr ähnlich wie die schweizerische, jedoch werde ich eine andere Rolle einnehmen müssen, da ich geholt werde und die Ausländerin bin in einem Club. Ich denke, dies ist für mich eine top Gelegenheit um weiterzukommen, mehr Verantwortung übernehmen zu müssen. Jedoch in einer Liga, welcher ich gewachsen bin. Ich habe für eine Saison unterschrieben.

Nimmst Du schon Stunden auf finnisch, oder spricht man im dortigen Team sowieso englisch?
Die Teamsprache ist wie in den meisten Profiteams Englisch. Ich habe mir aber vorgenommen, etwas Finnisch zu lernen, bevor es losgeht. Es wäre super, wenn ich mich beispielsweise bereits vorstellen kann, wenn es losgeht in Finnland. Ich tue mich aber noch schwer, es zu lernen, die Sprache ist mir sehr fremd.

Hat Dein Ausland-Aufenthalt Auswirkungen auf Einsätze im Nationalteam?
Nein gar keine. Swiss Volley begrüsst es, wenn Spielerinnen ins Ausland gehen möchten.

Wie oft bist Du eigentlich schon im Nationaltrikot aufgelaufen?
Uh, da hab ich keinen Überblick. Ich habe die EM 2019 bestritten, an zwei Universiaden teilgenommen, und dreimal am Montreux Volley-Masters gespielt. Hinzu kommen die Qualifikationsspiele für die EM 2017 und 2019.

Warum habt ihr den Cupfinal gegen Schaffhausen verloren?
Die ganze Playoff-Halbfinal-Serie gegen Schaffhausen war sehr knapp. Wir wussten daher, dass es sehr viel Konzentration und alle kleine Details braucht, um den Match für uns entscheiden zu können. In einem Fünf-Sätzer, im welchen das Endresultat 13:15 lautet, muss man sagen, dass es auf beide Seiten hätte kippen können. Ich denke nicht, dass der Cupfinal unser allerbestes Spiel war, dies reichte schon, dass diesmal Schaffhausen am glücklicheren Ende war.

Gab es 2020/21 eigentlich einen Super-Cup?
Der Supercup dieser Saison, war der Cupfinal der Saison 2019/2020, welchen wir leider durch Corona nicht austragen konnten. Wir haben diesen verloren gegen Pfeffingen. Ich denke, das zeigt, wie hart gerade auch der Beginn unserer Saison war, hinzu kommt die Silbermedaille vom Cupfinal. Es war nicht einfach, sich immer wieder aufzuraffen und ich bin daher umso stolzer, hat es zum Meistertitel gereicht.

Gibt es nach den Jahren Abwesenheit überhaupt noch einen Kontakt zum VBC Aadorf?
Natürlich! Meine Mutter ist immer noch Trainerin beim VBCA und meine Schwester Amélie spielt unter meiner Mutter in der 2. Equipe des Clubs. Ich fühle mich daher noch sehr verbunden mit dem Club. Als mein Transfer bekannt wurde, haben mir unter anderem auch viele Fans und Supporter des VBC Aadorf gratuliert. Ich fühle mich mit diesem Verein eng verbunden und er wird für mich immer mein Heimatclub bleiben.

Interview: Ruedi Stettler