Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 10.03.2021

Latäri verändert sich und bleibt doch gleich

Gelebtes Brauchtum, das einst fast in Vergessenheit geriet

Am kommenden Sonntag hätte in Islikon das beliebte Latäri über die Bühne gehen sollen. Corona-bedingt wurde es genauso wie bereits letztes Jahr abgesagt. Trotzdem lohnt sich ein Blick auf den alten Brauch, der jeweils Hunderte Besucher an den Tegelbach lockt.

 

 

«Fürio, de Bach brännt. D’Isliker händ en aazündt, d’Chefiker chömed cho lösche mit hunderttuusig Frösche» – ein Vers, den jedes Kind und wohl auch jeder Erwachsene in Islikon und Umgebung kennt. Er wird traditionsgemäss immer am Latäri aufgesagt. Einem alten Brauch, der in Islikon gelebt wird und der immer auf grosses Interesse stösst. Der Name Latäri kommt von Lätare, das ist der Mittfastensonntag drei Wochen vor Ostern. Somit verändert sich jedes Jahr das Datum, nicht aber der Zeitpunkt. Der Begriff Lätare stammt übrigens aus dem lateinischen und bedeutet so viel wie «freue dich».

In Aarau abgeschaut
Ein kleiner Jahrmarkt, eine Festwirtschaft, singende Menschenscharen von Jung bis Alt sowie viele Laternen am und im Tegelbach – das ist Latäri. Woher der alte Brauch aber kommt, kann nicht genau ausgemacht werden, wie Dorfvereinspräsident Ruedi Hohl sagt. Aber es gibt Vermutungen: «Den Ursprung hat er wahrscheinlich in der Bachfischet Aarau. Bernhard Greuter vom Greuterhof hat sich das dort wohl abgeschaut, als er Ende des 18. Jahrhunderts jeweils dort an den Tagsatzungen teilnahm», erklärt der Pensionär. Auch der berühmte «Fürio»-Vers soll von dort stammen. «Man hat wohl einfach den Text geändert», sagt Ruedi Hohl dazu. Denn schaut man sich den Bachfischet-Vers an, so klingt dieser von der Melodie her doch überraschend ähnlich. Darin ist zudem auch von «lösche» und «Frösche» die Rede.

Fast vergessen gegangen
Wann in Islikon zum ersten Mal Latäri gefeiert wurde, ist nicht genau dokumentiert. «Das älteste Lichterschiff, das noch immer zum Einsatz kommt, trägt aber die Jahreszahl 1810», sagt Ruedi Hohl. Während des zweiten Weltkriegs sowie nochmals in den 60er Jahren drohte der Brauch fast in Vergessenheit zu geraten. Seither hat er aber einen festen Platz im Jahresablauf der Gemeinde – nur eben im letzten und in diesem Jahr nicht.

Neu organisiert
Bereits im Dezember letzten Jahres hat sich der Dorfverein für eine Absage des Anlasses entschieden. «Wir haben uns schon gedacht, dass im März ein Anlass mit 500 bis 800 Personen nicht möglich sein wird», sagt Ruedi Hohl dazu. Diesmal hätte es eigentlich die Premiere unter der Leitung des Dorfvereins als alleiniger Organisator geben sollen. «Jetzt muss das halt bis zum nächsten Jahr warten», so Ruedi Hohl.
Zuvor waren mehrere Vereine gemeinsam für das Dorffest verantwortlich. Ein acht Mitglieder umfassendes OK war für den Nachmittag mit Attraktionen für die Kinder verantwortlich, der Frauenverein für die Festwirtschaft in der Turnhalle und der Dorfverein für das, was am Bach passierte. «2020 hätte es den Schlusspunkt des bisherigen OKs geben sollen. Denn auf dieses Jahr hin war der Zeitpunkt ideal, einiges zu verändern. Einerseits wollte das OK die Arbeit niederlegen, und zum anderen veränderte sich mit dem Schulhaus-Neubau auch die Infrastruktur sehr stark», erklärt Ruedi Hohl.

Faire Lösung
Wie der Dorfvereinspräsident erzählt, hätte das Konzept mit den drei Veranstaltern jeweils gut funktioniert. «Aber jeder trug das Risiko eines allfälligen Defizits selbst. Die OK-Mitglieder gar als Privatpersonen. Jetzt mit dem Dorfverein als alleiniger Organisator helfen die Vereine immer noch tatkräftig mit, aber das Risiko liegt alleine bei uns», sagt Ruedi Hohl.
Für ihn ist klar, dass bereits im September mit den Vorbereitungen für das Latäri 2022 gestartet wird. Es soll wiederum ein erfreuliches Fest für alle Menschen in der Umgebung sein. «Wir wollen den Familien nicht das Geld aus der Tasche ziehen, sondern etwas für das Dorfleben tun», so Ruedi Hohl. Er freut sich schon heute darauf, wenn es dunkel wird, die vielen Laternen brennen und lauthals gesungen wird: «Fürio, de Bach brännt. D’Isliker händ en aazündt, d’Chefiker chömed cho lösche mit hunderttuusig Frösche».


Michael Anderegg