Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 03.02.2021

Das Miteinander als Erfolgsrezept hat Tradition

Die IG Vorstadt, die in diesem Jahr ihr 40-jähriges Bestehen feiert, hat allen Grund zu Optimismus

Die IG Vorstadt feiert ihr 40-jähriges Bestehen. Der am 2. April 1981 von Gewerbetreibenden gegründete Zusammenschluss hat in diesen vier Jahrzehnten viel bewegt – vor allem dank des Miteinanders.

 

 

Zwar sind die Jubiläumsaktivitäten für das laufende Jahr noch nicht fix, dass es trotz der Corona-Schutzmassnahmen einige gibt, ist aber klar. Wie IGV-Präsident Patrick Wirth dazu sagt, soll dabei der Charme der Vorstadt hervorgehoben werden. Neben dem vertrauten Bild mit dem Strassenzug sind es insbesondere die Menschen, die hier arbeiten und leben, die das Bild prägen: «Der Grossteil der Gewerbetreibenden ist seit vielen Jahren in der Vorstadt und sie sind es, die den Charme ausmachen. Ausserdem grüsst man sich bei uns beispielsweise auch dann auf der Strasse, wenn man sich nicht kennt.»

Spuren des Wandels
Die Vorstadt gilt als innovative Meile. So wurde schon in den 70er Jahren ein Vorstadtfest durchgeführt, wofür die Zürcherstrasse ab Samstagmorgen für den Verkehr gesperrt war und zum Festareal umfunktioniert wurde. Parallel dazu konnte sich die Vorstadt aber vor allem dank des umfassenden Angebots als Einkaufsmeile für den täglichen Bedarf positionieren.
In den letzten Jahren und Jahrzehnten sind zwar auch in der Vorstadt etliche bekannte Geschäfte und mit ihnen bekannte Gesichter verschwunden – etwa die Papeterie Brand, die Metzgerei Stäheli und der Vorstadt-Beck – andere wiederum zeigen aber seit vielen Jahren Konstanz. Dazu gehören beipielsweise das Brillenstudio Birrwyler, das Reisebüro MAWI und Schlaraffenland Delikatessen, ehemals Chäslade Vorstadt. Auch gibt’s zahlreiche Restaurants mit langjährigen Gastgeberinnen und Gastgebern – mitunter das Brauhaus Sternen, den Löwen, das Winkelried und den Anker – um einige zu nennen.

Lebhafte Epoche
Die Vorstadt im Abschnitt vom Regierungsgebäude bis zum Erchingerhof umfasst rund 90 Geschäfte und Gewerbebetriebe – wovon die Hälfte in der IG Vorstadt mitmacht. Dazu hat dieser Strassenzug eine interessante Vergangenheit. In den 60er, 70er und 80er Jahren pulsierte dort das Leben – vor allem das Nachtleben. So war das Dancing des Hotels Touring während vielen Jahren eine erste Adresse für einen gepflegten Abend. Im Lokal direkt unter der Grabenstrasse stand damals auch ein Flügel, an dem Gastgeber René Theiler regelmässig die Gäste mit seinem Klavierspiel unterhielt. Der Hotelbetrieb selber befand sich dort, wo heute MAWI Reisen ist. Im Erdgeschoss war das Restaurant und im Obergeschoss die Hotelzimmer.
Im Touring gab immer etwas zu erleben. 1974 beispielsweise warf der verärgerte Gastronom René Theiler kurzerhand den Fernseher hinunter auf die Grabenstrasse, weil Deutschland den Fussball-WM-Titel holte. Für das Ende des Hotels sorgte im Mai 1982 dann ein Vollbrand, der durch Brandstiftung ausgelöst wurde und Todesopfer forderte. Dies warf damals hohe Wellen und selbst das Deutsche Fernsehen ARD berichtete über den Grossbrand.

Heiligabend als Pulverfass
Weiter vorne an der Zürcherstrasse im Haus bei der Treppe zur Grabenstrasse hinunter, in dem sich heute ein Hundesalon befindet, war einst das Restaurant Schäfli. Dort bewirteten Seline und Willy Marolf selig allerhand Kundschaft – neben Quartierbewohnern auch Polizisten und «schwere Jungs» mit Motorrädern – damals hiessen sie «Wild Ligers» – bis hin zu Halbwüchsigen. Diese hielten sich vorwiegend im Stübli auf, wo sich ein Tischfussball- und ein Flipper-Kasten sowie ein Go-n-Stop-Geldspielautomat befanden.
Zu den Gästen im Schäfli zählte damals auch ein gewisser Turi Hug, der – wie erst viele Jahre später bekannt wurde – der Vater von Kampfsport-K1-Legende Andy Hug war. Eine besonders gereizte Stimmung herrschte im Schäfli übrigens jeweils am Heiligabend. Denn dann wurde den vielen Einzelgängern, die in der Beiz eine zweite Heimat gefunden hatten, ihre Einsamkeit besonders bewusst – was nicht selten in heftigen Streitereien mündete.

Miteinander hat Tradition
Obwohl in der Vorstadt die unterschiedlichsten Menschen aus ebenso vielen unterschiedlichen Bereichen tätig sind, hat die Zusammenarbeit Tradition. Wie Patrick Wirth dazu weiter sagt, wurden in den letzten 20 Jahren mehrere wiederkehrende Anlässe in die Vorstadt geholt und verankert. So das Kinderfest, das Vorstadtzelt beim Stadtlauf sowie der dreitägige Adventsmarkt. So gesehen ist das 40-Jahr-Jubiläum «lediglich» eine Wegmarke – aber eine, auf die alle Beteiligten stolz sein dürfen!

Andreas Anderegg

www.igv-frauenfeld.ch


Veränderungen aufzeigen
Im Rahmen des 40-Jahr-Jubiläums der IGV soll auch die leise, aber konstante Veränderung der Vorstadt in den letzten Jahrzehnten aufgezeigt werden. So stellt Patrick Wirths Sohn Marcel Wirth von Wirth Media eine Serie von Bild-Vergleichen gestern-heute zusammen, die auf der Facebook-Seite der IG Vorstadt zu sehen sein wird. Nähere Infos dazu folgen. Ausserdem ist es geplant, im Jubiläumsjahr ein Treffen von Mitgliedern der ersten Stunde durchzuführen – etwa mit dem ehemaligen Präsidenten Felix Walser und Mitgliedern wie Peter Birrwyler und Erhard Blunschi. Vorausgesetzt die Schutzmassnahmen im Zusammenhang mit dem Corona-Virus lassen das zu.

(aa)


Warten auf Verkehrsberuhigung
Die Vorstadt hat sich in den letzten Jahrzehnten durch Neubauten zwar teilweise verändert – etwas ist aber gleichgeblieben – die hohe Verkehrsbelastung. „Leider“, sagt Patrick Wirth dazu: «Diesbezüglich ist in den letzten 40 Jahren trotz vielen Versprechungen nichts geschehen bis auf das Fahrverbot für Lastwagen ab 12 Meter Länge». Noch immer trauert man deshalb dem Verkehrsentlastungskonzept F21 nach, das die Entlastung des Stadtzentrum vom Durchgangsverkehr zum Ziel hatte. Dazu erinnern sich andere Vorstädter an Drohungen von Kunden im Jahr 2007, falls man Werbung für dieses Verkehrskonzept mache – die Abstimmung mutierte damals zum Glaubenskrieg. Das Konzept für 11,5 Mio. Franken zu Lasten der Stadt wurde schliesslich mit 276 mehr Nein- als Ja-Stimmen bachab geschickt. Seither wartet die Vorstadt auf eine spürbare Verkehrsberuhigung – und daran dürfte sich auf lange Sicht hinaus wenig ändern. 

(aa)


Präsident Wirth ist Rekordhalter
Bei der Gründung der «Vereinigung Vorstadtgeschäfte Frauenfeld» am 2. April 1981 zählte der Verein 13 Mitglieder, wovon 11 an der Gründungsversammlung teilnahmen: Albin Bardellini, Peter Birrwyler, Günter Hartmann, Willi Hotz, Willy Läderach, Anton Keiser, Hansruedi Küng, Max Peter, Viktor Ruppert, Werner Schrepfer und Peter Stäheli. Auf Antrag in den Vorstand gewählt wurden dabei Anton Keiser, Peter Stäheli und Max Peter. Durch Losentscheid zusätzlich in den Vorstand gewählt wurden Albin Bardellini und Willi Hotz. Patrick Wirth ist der siebte Präsident der IG Vorstadt – wie sie sich heute nennt – und mit 21 Amtsjahren zugleich Rekordhalter. Er hatte die MAWI-Reisebüro-Filiale in der Vorstadt zusammen mit Geschäftspartner Roman Mattle im Jahr 1996 eröffnet und wurde bereits zwei Jahre später in den Vorstand der IGV gewählt. Im Jahr 2000 übernahm Patrick Wirth das Präsidium. Seine Vorgänger im Präsidentenamt waren Anton Keiser (1981-1984), Albin Bardellini (1984-1987), Susan Schrepfer (1987-1989), Heinrich Brand (1989-1991), Felix Walser (1991-1998) und Peter Stäheli (1998-2000).

(aa)