Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 27.05.2020

«Die Jungen dort abholen, wo sie stehen»

Kaspar Furrer ist seit über zehn Jahren Lehrlingsausbildner bei der Zuckerfabrik

Seit über zehn Jahren ist Kaspar Furrer für die Lehrlinge der Zuckerfabrik zuständig. Seit über 40 Jahren insgesamt schon zeigt er sich für die Ausbildung des Berufsnachwuchses verantwortlich. Vor seinem Ruhestand erzählt er, warum der Mensch im Mittelpunkt steht und wieso klare Worte manchmal wichtig sind.

 

 

Wenn Kaspar Furrer gefragt wird, wie viele Lehrlinge er in seiner Laufbahn ausgebildet hat, winkt er ab. «Ich habe keine Ahnung. Aber die Zahl ist eigentlich auch nicht wichtig», sagt der 64-Jährige. Das Wichtige seien die positiven Reaktionen und tollen Begegnungen, die er teils Jahre später noch mit den ehemaligen Lehrlingen habe. Ende Jahr geht Kaspar Furrer in den Ruhestand. In der Frauenfelder Zuckerfabrik ist er derzeit für acht Polymechaniker sowie einen Mechanikpraktiker zuständig.

Definierte Laufbahn
Seit bald zehn Jahren kümmert sich Kaspar Furrer um die Auszubildenden der Zuckerfabrik. Für Lehrlinge zuständig ist er aber bereits seit seinem 23. Lebensjahr, also seit über 40 Jahren. «Ich bin da irgendwie hineingerutscht», sagt er rückblickend. Sein damaliger Chef meldete ihn für den Lehrlingsausbildner an und definierte damit eine ganze Berufslaufbahn. Die «Zuckeri» ist bereits das vierte Unternehmen, in dem sich Kaspar Furrer um den Berufsnachwuchs kümmert. «Ich tue das mit Leib und Seele. Ich kann auch nichts anderes, als Lehrlinge auszubilden», sagt er weiter und beginnt zu Lachen.

Klare Philosophie
Den jungen Menschen Werkzeuge auf den Weg geben, um komplexe Probleme zu lösen, das ist der Anspruch von Kaspar Furrer. «Wir wollen sie weiterbringen und Wissen vermitteln.» Das sei aber noch nicht alles: «Wir formen Menschen», betont Furrer. Das sei ein wichtiger Punkt. Denn Lehrlinge seien nicht primär günstige Arbeitskräfte. «Daher ist es wichtig, die Jungen dort abzuholen, wo sie stehen», sagt Furrer weiter. Er habe immer versucht, so zu agieren, wie er es sich von einem Vorgesetzten wünscht. Das bedeutet: «Die Lehrlinge sollen Vollgas geben und machen können». Er habe seine Lehrlinge immer viel selbst arbeiten lassen, mit dem Risiko, dass auch mal etwas in die Hose geht. «Dann halte ich meinen Kopf hin, so ist das eben», so Furrer. Fehler dürfen passieren, «aber man muss daraus lernen und sie nicht wiederholen», so der Ausbildner. Der Hobbybiker weiter dazu: «Es ist wie beim Radfahren: Du fällst hin, stehst wieder auf, klopfst den Staub ab und steigst wieder auf dein Rad».

Vertrauen muss sein
Die Jugendlichen seien in der Lehrzeit in einer schwierigen Phase. «Die Pubertät ist nicht einfach, aber ich bin nicht ihr Mami. Sie müssen Selbstständigkeit an den Tag legen», erzählt Furrer und ergänzt sogleich: «Manchmal muss man auch in ihrer Sprache reden sowie unmissverständliche und klare Worte finden». Furrer hatte selbst zwei Kinder zu Hause, daher falle ihm dies nicht schwer. Authentisch bleiben, heisst das Stichwort.
«Man muss an die Jungen glauben und ihnen Vertrauen schenken. Denn oft haben sie viel Energie und wenn man sie richtig lenkt, kommt viel hervor», ist Furrer überzeugt und unterstreicht seine Aussage mit dem Vergleich einer Pflanze, die sich ihren Weg an die Oberfläche bahnt.

Der Mensch im Zentrum
Der wichtigste Grundsatz für Furrer: «Der Mensch ist das Wichtigste». Man müsse Menschen mögen, um diese Art von Beruf gut zu machen. Das wünscht er sich auch von seinem Nachfolger. «Wenn er Menschen genauso mag wie ich, dann wird er Erfolg haben», sagt er. Es ist ihm wichtig, sie auf ihrem Weg zu offenen, interessierten Persönlichkeiten zu begleiten.
Der gelernte Maschinenschlosser empfindet es als Privileg, in seinem Alter noch mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen zusammenarbeiten zu dürfen. So sehr ihm sein Job Freude bereitet, genauso sehr freut er sich aber bereits auf die «Zeit danach». «Ich habe viele Ideen, was ich mit der Zeit anfangen möchte. Konkret ist aber noch nichts», sagt er und ergänzt: «Aber eines ist klar, ich werde aktiv bleiben und mich nicht nur zurück-lehnen. Ausserdem freue ich mich, meine Tagesstruktur selber gestalten zu können», sagt er mit einem Lächeln im Gesicht.

Michael Anderegg





Ein grosser Dank
Die Schweizer Zucker AG dankt Kaspar Furrer für seine langjährige Firmentreue. Seine begeisternde und motivierende Art spüren seine «Buben» Tag für Tag. Die Lehrlingsausbildung hat Kaspar Furrer entscheidend aufgebaut und war stets offen für Neues. Demzufolge muss sein Nachfolger in die grossen Fusstapfen treten, die Kaspar Furrer hinterlässt.

Roger Sturzenegger