Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 26.02.2020

Interview mit Katharina Aeschbacher, Gemeindepräsidentin von Warth-Weiningen

«Das Zusammenleben kann nur funktionieren, wenn es vielfältig ist»

 

 

Sie sind seit Juni 2019 Gemeindepräsidentin. Vor Ihrer Wahl waren Sie acht Jahre lang Gemeinderätin. Wie konnten Sie von dieser Erfahrung profitieren?
Mir kam zugute, dass ich die grundlegenden Vorgänge schon kannte. Allerdings bin ich vom Ressort Kultur und Friedhof zum Ressort Werke umgestiegen. In diesem Gebiet habe ich komplett neu angefangen. Im Moment muss ich noch viel recherchieren. Aber das Schönste ist, dass die Arbeit sehr spannend ist. Ich lerne enorm viel. Plötzlich bekommt man Einblick in Dinge, die man vorher ganz anders wahrgenommen hat.

Wie ist Ihre Bilanz nach acht Monaten?
Die laufenden Geschäfte sind sehr aufwendig. Die Prozesse beanspruchen viel Zeit, weil die Dossiers durch viele Hände gehen. Toll ist allerdings, dass die Teambildung im Gemeinderat gut gelungen ist. So können wir uns den Sachgeschäften widmen, ohne zwischenmenschliche Konflikte. Ich bin sehr dankbar, dass ich den Rückhalt des Gemeinderates geniesse. Das ist für mich ein Geschenk.

Sie haben die Wahl zur Gemeindepräsidentin mit glanzvollem Resultat gewonnen. Spüren Sie diese Unterstützung auch heute?
Ja, ich und der ganze Gemeinderat spüren ein grosses Wohlwollen aus der Bevölkerung. Das ermutigt uns sehr. Ich möchte dafür sorgen, dass diese gute Stimmung erhalten bleibt, auch indem ich meine Arbeit gut mache.

Sie sind gelernte Sozialpädagogin. Können Sie Ihre Berufskenntnisse in der Politik einsetzen?
Ich habe 20 Jahre als Sozialpädagogin gearbeitet. Was ich von dieser Zeit mitgenommen habe, ist die Freude an der Teamarbeit. Ich bin kein Einzelkämpfer, ich bin Teamplayer und hole mir vor Entscheidungen grundsätzlich die Meinung von Kollegen oder Fachleuten ab.

Sie sind eine der wenigen weiblichen Gemeindepräsidentinnen in der Region. Denken Sie, dass Frauen anders Politik machen als Männer?
Es gibt nur 13 Gemeindepräsidentinnen im Thurgau. Ich sehe schon grundlegende Unterschiede. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man sich als Frau in einem männerdominierten Umfeld argumentativ sehr gut vorbereiten muss, dass man sich stärker behaupten muss. Männer sind ausserdem besser vernetzt als Frauen. Frauen wären zwar eigentlich auch gut vernetzt, etwa in der Familie oder in der Gemeinschaft. Aber sie nutzen ihre Netzwerke viel zu wenig.

Was ist Ihre Vision für Warth-Weiningen im Jahr 2030?
Für mich besteht das Ziel darin zu erhalten, was wir haben, und die Gemeinde trotzdem weiterzuentwickeln. Das Dorf soll lebendig bleiben in einer guten Durchmischung. Ich wünsche mir, dass wir weiterhin einen Lebensmittelladen haben, eine Schule, eine Kirche, Gewerbe, Landwirtschaft, Gastronomie ... Ich bin überzeugt, dass das Zusammenleben nur funktionieren kann, wenn es möglichst vielfältig ist.

Was planen Sie, in diesem Jahr umzusetzen?
Die Genehmigung des Entwässerungsplans steht in den nächsten Monaten an. Ausserdem soll der Ausbau des Glasfasernetzes vorangetrieben werden. Ein grosses Anliegen ist mir das geplante Infrastrukturgebäude. Es soll das Gemeindehaus beinhalten, aber eventuell auch einen Laden, eine Kita und andere Nutzungen. Der Architekturwettbewerb wurde jetzt gerade abgeschlossen. Im Frühling werden wir die Bevölkerung informieren, um die Kreditbewilligung vorzubereiten.

Was schätzen Sie besonders an Warth-Weiningen?
Warth-Weiningen ist mein Daheim. Ich fühle mich hier aufgehoben. Ich schätze es, dass es überschaubar ist. Trotzdem ist man gut angebunden und schnell in Frauenfeld. Und Kultur gibt es vor unserer Haustüre – ein Besuch in der Kartause Ittingen ist immer ein Erlebnis.

Vielen Dank für das Gespräch.
Miriam Waldvogel