Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 12.02.2020

«Wir sind da, um etwas zu verändern»

Interview mit Martin Bührer, Gemeindepräsident von Ellikon an der Thur

Sie sind seit fünfeinhalb Jahren Gemeindepräsident in Ellikon. Gibt es ein Ereignis, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

 

 

Die Reorganisation der Verwaltung war eine besondere Herausforderung. 2016 ist der Gemeindeschreiber verstorben und kurz darauf wurde der Steuersekretär pensioniert. Wir mussten beide Stellen auf einmal neu besetzen und die Verwaltung neu aufbauen. Das war ein grosser Kraftakt. Aber es hat sich gelohnt. Heute haben wir ein junges, gut aufgestelltes Team.

Sie haben für die Legislaturperiode 29 Ziele definiert. Welche haben im Moment Priorität?
Ja, da können wir uns richtig austoben. Einige Ziele wurden bereits umgesetzt, andere dürften schwieriger zu realisieren sein. Aber wir sind ja da, um etwas zu verändern. 
Zum einen soll die Bauordnung überarbeitet werden. Damit werden wir bald starten. Bis die Arbeiten abgeschlossen sind, kann es gut zwei Jahre dauern. Ein weiteres Thema ist zum Beispiel der Regionalverkehr, der aufeinander abgestimmt werden muss. Ein Projekt, das wir letztes Jahr gestartet haben, ist die interkommunale Zusammenarbeit mit unseren Nachbargemeinden Dinhard, Rickenbach und Altikon, die gestärkt werden soll.

Gibt es diesbezüglich bereits konkrete Pläne?
Der Steuerungsausschuss, bestehend aus den Gemeinpräsidenten, wird demnächst entscheiden, welche Themen vertieft werden sollen, und diese den Gemeinderäten vorlegen. Ein Fokus liegt dabei auf den Bereichen IT, Steuern, Bauamt und Werkbetriebe. Hier wollen wir unsere Ressourcen bündeln. Im Vordergrund stehen dabei organisatorische Vorteile; wenn sich auch finanzielle Vorteile ergeben, umso besser.

Wo gibt es noch Entwicklungspotenzial in der Gemeinde?
Sicherlich im kulturellen Bereich. Diesen Bereich habe ich in den letzten Jahren vernachlässigt. Noch in diesem Jahr möchte ich eine Kulturkommission mit Bewohnerinnen und Bewohnern bilden, um das Dorf, nebst den bestehenden Angeboten, weiter zu beleben. Ausserdem gibt es im Klimaschutz Potenzial. Vor drei Jahren haben wir beispielsweise angefangen, die öffentliche Beleuchtung auf LED umzustellen. Aber hier wird man sich in Zukunft noch intensiv Gedanken machen müssen. Zum Beispiel könnte ich mir vorstellen, dass mehr Hausdächer mit Solarzellen bestückt werden oder dass E-Tankstellen zur Verfügung stehen.

Mit der Überbauung Bruggwisen wird gerade viel Wohnraum geschaffen. Was bedeutet das für die Gemeinde?
Im Lauf des Jahres stossen dadurch 150 bis 200 neue Bewohnerinnen und Bewohner (+15 – 20 %) zur Gemeinde. Die Infrastruktur für dieses Wachstum können wir problemlos bieten. Wir bedauern, dass nicht mehr Familien mit Kindern einziehen. Wir möchten uns gerne noch stärker als Dorf für Familien positionieren. Die neuen Bewohnerinnen und Bewohner sind natürlich trotzdem sehr willkommen.

Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, was würden Sie in Ellikon umsetzen?
Wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich das Dorfzentrum Löwen realisieren, das bereits als Genossenschaftsprojekt in Planung ist. Was Ellikon fehlt, ist ein Begegnungsort für die Bewohnerinnen und Bewohner. Das Zentrum würde für die Gemeinde einen enormen Mehrwert bedeuten. Die Planungsarbeiten haben sich etwas verzögert, aber wir sind optimistisch, dass das Projekt zustande kommt.

Ellikon liegt im Kanton Zürich. Gibt es Unterschiede zur Gemeindearbeit im direkt angrenzenden Kanton Thurgau?
Viele im Thurgau sind sich nicht bewusst, dass der Gemeinderat im Kanton Zürich, also auch in Ellikon, eine Milizbehörde ist. Im Thurgau ist der Gemeindepräsident angestellt. Im Kanton Zürich wird das Amt des Gemeindepräsidenten nebenberuflich betrieben, was ich befürworte. Es braucht viel Idealismus und Verbundenheit zur Gemeinde, um das Amt nebenberuflich auszuüben. Da sehe ich, insbesondere bei kleinen Gemeinden, einen grossen Vorteil.

Was macht Ellikon besonders?
Die Nähe zur Natur. Die Umgebung, welche zu einem ausgedehnten Spaziergang einlädt, liegt direkt vor der Haustür.

Vielen Dank für das Gespräch.
Miriam Waldvogel