Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 21.08.2019

Ein Gewinn für alle

Vor 20 Jahren wurde die tiefergelegte Bahnhofstrasse in Betrieb genommen

Seit 20 Jahren ist die tiefergelegte Bahnhofstrasse mit dem unterirdischen Kreisel in Betrieb. Die bis zu 11 000 Fahrzeuge pro Tag auf dieser Strasse fliessen in der Regel flott – vor der Eröffnung herrschte am Bahnhof täglich ein Verkehrschaos.

 

 

Viele werden sich noch an die Bilder erinnern, die es am Bahnhof täglich gab. Derweil PWs und Lastwagen auf der Bahnhofstrasse vorbeirauschten oder durch das Lichtsignal beim Schlossberg zum Stehen gezwungen wurden, versuchten die Taxis und Stadtbusse vor dem SBB-Schaltergebäude in die Fahrzeugkolonne einzubiegen. Weiter ostwärts vor dem Casino versuchten derweil Passanten, über den Fussgängerstreifen heil auf die andere Strassenseite zu gelangen. Gleichzeitig verursachten die Barrieren an der Rheinstrasse beim Schlossberg lange Staus in Richtung Schaffhauserplatz, denn sie war pro Tag während durchschnittlich insgesamt fünf Stunden
geschlossen. Kurz zusammengefasst – es war dort damals alles ziemlich chaotisch!
«Bahnhof 2000»
Nicht zuletzt aus diesem Grund nutzte die Stadt die Chance, mit dem Umbau des Bahnhofs zugleich ein Strassenbauprojekt zu verknüpfen – woraus das Projekt «Bahnhof 2000» entstand. Mit diesem 100-Mio.-Franken-Projekt, das ab 1996 in der Rekordzeit von etwas mehr als drei Jahren realisiert wurde, erfuhr der Bahnhof Frauenfeld als Tor des Öffentlichen Verkehrs zum Thurgau eine massive Aufwertung. Kernstück des strassenseitigen Teils beim Projekt war eine 550 Meter lange Tunnelanlage. Diese hat die Trennung von Öffentlichem Verkehr und Individualverkehr zum Zweck.

Bis 11 000 Fahrzeuge pro Tag
Seit Eröffnung der tiefergelegten Bahnhofstrasse vor 20 Jahren gehören die eingangs erwähnten Szenen der Vergangenheit an. Denn seither ist der Bahnhofplatz ausschliesslich für den ÖV durchgehend befahrbar, der Individualverkehr wurde in den Untergrund verlegt. «Zwischen 10 000 und 11 000 Fahrzeuge sind es, die diese tiefergelegte Strasse heute pro Tag befahren – etwa gleich viel wie bei der Eröffnung im Jahr 1999», sagt der stellvertretende Kantonsingenieur Benedikt Eberle dazu.

Saisonbedingte Bauarbeiten
Während der Verkehr in dieser Tunnelanlage meistens ohne grosse Probleme rollt, sorgen derzeit Bauarbeiten an Strassen in Frauenfeld für rote Köpfe. Baustellen im öffentlichen Raum sind in dieser Jahreszeit freilich nichts Aussergewöhnliches und haben wenig mit Fehlplanung zu tun. Vielmehr sprechen die warmen Temperaturen sowie das geringere Verkehrsaufkommen wegen der Ferienzeit für Strassenbauarbeiten in dieser Zeit. Auch eine zentrumsnahe Stadtentlastungsstrasse würde solche Staus kaum verhindern.

Nord-Süd-Verbindung fehlt
Apropos Entlastungsstrasse: Derweil mit der Zürcherstrasse und der tiefergelegten Bahnhofstrasse stadtintern zwei komfortable Ost-West-Verbindungen bestehen, gibt’s eine solche Nord-Süd-Verbindung nicht. Seit Jahrzehnten laufen diesbezüglich Planungen. Nach dem Ausbau der Bahnhofstrasse sollte in einem zweiten Schritt ein 570 Meter langer Tunnel vom Murgplatz/Altweg zum Murgraum bei der hinteren Badi-Wiese erstellt werden. Von den Gesamtkosten im Umfang von 54,2 Mio. Franken hätte die Stadt lediglich 11,5 Mio. Franken tragen müssen, das Projekt wurde an der Urne aber knapp abgelehnt. Damit wurde auch der Zeitplan hinfällig, in dem eine Inbetriebnahme dieser Strassenverbindung auf Ende 2011 vorgesehen war. Weil die Bahnhofstrasse in einem schlechten Zustand war, wurde sie anschliessend übrigens dennoch um- und ausgebaut und mit Kreiseln versehen, allerdings eben ohne einen Entlastungstunnel zu erstellen.

Neues Projekt
In den vergangenen Jahren wurden wieder umfangreiche Planungen getätigt und Abklärungen vorgenommen, um die Innenstadt vom Durchgangsverkehr zu entlasten. Aktuell steht nun der Bau eines Tunnels zwischen St.Gallerstasse/Holdertor und Zeughausstrasse/Schweizerhof-Kreisel zur Diskussion. Die Kosten hierfür werden auf über 100 Mio. Franken geschätzt. Voraussichtlich 2021 kann die Bevölkerung an der Urne über den Projektierungs- und Baukredit abstimmen.
Falls sich dannzumal wiederum keine Mehrheit für das Projekt finden lässt, wird man sich auf das Thema «Verkehrsmanagement» fokussieren müssen, statt auf den Bau einer neuen Strasse. Denn die Mobilität ist einem grossen Wandel unterworfen und der wird auch das Mobilitätsverhalten der Menschen beeinflussen. Dies wiederum wird Auswirkungen haben auf den Verkehr in Frauenfeld.
Wie dem auch sei – Autos werden auf den Frauenfelder Strassen auch künftig ihre Daseinsberechtigung haben respektive haben müssen. Dazu kommt mir eine Aussage eines Podiumteilnehmers in den Sinn, der vor vielen Jahren zum Thema Strassenverkehr Folgendes gesagt hat: «Lebensqualität ist für mich immer dann, wenn ich im Café Promenade sitze und der Verkehr vorbeirollt!»

Andreas Anderegg

 

 

Ein Gewinn für alle

 

 

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