Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 14.11.2018

Erste Hilfe für die Feuerwehr

Die Einsatzkräfte der Feuerwehr leisten Beachtliches: Sie retten Menschen und Tiere in Gefahrensituationen und kämpfen gegen Naturgewalten wie Feuer, Hochwasser oder Unwetter. Dabei gehen die Feuerwehrleute bisweilen an ihre Grenzen – auch psychisch sind die Einsätze oft belastend. Eine Peer-Gruppe unterstützt die Feuerwehren im Kanton Thurgau dabei, das Erlebte zu verarbeiten.

 

 

Wenn um 2 Uhr nachts bei Jörg Ehrensperger das Telefon klingelt, dann weiss er: Jetzt braucht jemand Hilfe oder ein offenes Ohr. Ehrensperger ist Feuerwehrmann und Leiter der Feuerwehr-Peers – als solcher steht er den Thurgauer Feuerwehrleuten sieben Tage in der Woche rund um die Uhr zur Verfügung, damit diese über ihre Einsätze reden können.
Zusammen mit sieben weiteren aktiven Feuerwehrleuten leistet Ehrensperger psychologische Hilfestellung, wenn schwerwiegende Vorfälle die Feuerwehrleute beschäftigen. Wer zum Beispiel gerade einen Schwerverunfallten aus einem Auto gezogen hat, muss sich mit intensiven Erlebnissen auseinandersetzen. Ein Gespräch mit einem Kollegen, der die Situation nachvollziehen kann, ist darum innerhalb von 24 Stunden nach dem Einsatz besonders hilfreich.

Von Helfern für Helfer
Das ist die Idee hinter der Peer-Gruppe: Dass Kameraden der eigenen Organisation – eben «Peers» – Unterstützung leisten. Zum einen soll das die Hemmschwelle senken, überhaupt Hilfe anzunehmen, zum anderen auch sicherstellen, dass das Verständnis für die Probleme des Betroffenen gegeben ist. Neben der telefonischen Erstbetreuung sind die Peers auch zu persönlichen Gesprächen in anonymem Rahmen ausserhalb des Feuerwehr-Umfelds bereit.

Konfrontiert mit Extremsituationen
Besonders folgenschwer sind laut Ehrensperger Ereignisse mit Todesfällen – diese würden den involvierten Rettungskräften sehr zu schaffen machen. Aber ungeachtet des Ausmasses helfe ein Gespräch immer. Die Folgen von belastenden Einsätzen sind nicht zu unterschätzen: Sie können von Schlafproblemen bis zu Störungen der zwischenmenschlichen Beziehungen und Angstzuständen reichen.
Um ihren Kollegen kompetent helfen zu können, haben die Peers eine mehrtägige Ausbildung in der Psychiatrischen Klinik Wil absolviert. Jährlich steht zudem eine obligatorische Weiterbildung an. Die Ausbildung ist integriert in die Schulungen des Care Team Thurgau, das den Fachpersonen des kantonalen Rettungswesens psychologischen Beistand anbietet.

Angebot wird geschätzt
Seit 2013 sind die Thurgauer Feuerwehr-Peers aktiv. Die Leistungen der Peer-Gruppe seien von den Feuerwehrleuten gut angenommen worden, sagt Ehrensperger. Bei gut achtzig Feuerwehren im Kanton leiste jeder der acht Peers seinen persönlichen Beitrag mit viel Herzblut. Neben persönlichen Gesprächen oder Telefongesprächen kommen die Debriefings dazu, also die gemeinsamen Nachbesprechungen, welche die Peers bei grösseren Einsätzen für alle beteiligten Feuerwehrleute leiten. Ein grosser Teil dieser Arbeit geschieht ehrenamtlich. Ehrensperger sieht den Lohn in seinen Erfahrungen, die ihm auch im Berufsalltag zugutekommen, und im Dank der Betroffenen, die sich nach einem Gespräch besser fühlen. Mit Hilfe der Peer-Gruppe sind die Feuerwehrleute bereit für den nächsten Einsatz.

Weitere Informationen unter https://144.tg.ch/organisationen/care-team.html/5155

Miriam Waldvogel

 

 

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