Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 16.05.2018

Wiege der Konserven

Vor 150 Jahren wurde im Guggenhürli ein Meilenstein gelegt

Mit der Gründung der Konservenfabrik Frauenfeld im Guggenhürli wurde vor exakt 150 Jahren der Grundstein für die Schweizer Konserven-Industrie gelegt. Denn die «Conservenfabrik Lenzburg, Henckell & Zeiler», aus der später die Hero Conserven Lenzburg hervorging und mit der die Konservenfabrik Frauenfeld fusionierte, wurde erst 18 Jahre später gegründet.

 

 

Mit der geschichtlich dokumentierten Verbundenheit zur Weltmarke Hero hat die Genossenschaft Guggenhürli als Eigentümerin des Areals an der Generalversammlung vom 6. Juni somit einen besonderen Grund zu feiern.
Im Jahr 1868 war es, als Carl Burkhardt-Gänsli, Wirtesohn des Gasthauses «Zur Krone» in Frauenfeld, begann, im Guggenhürli Konserven herzustellen – vor allem Bier-Konserven. Der damalige Eigentümer, Minister Konrad Kern, hatte die Guggenhürli-Liegenschaft auf der Anhöhe im Langdorf während eines längeren Auslandaufenthalts verpachtet. Gemäss Stadtarchivar Stephan Heuscher gründete Burkhardt noch im gleichen Jahr die Konservenfabrik Frauenfeld. Damit dürften in Frauenfeld die ersten Konserven in der Schweiz überhaupt hergestellt worden sein. Denn die Hero Conserven Lenzburg, respektive deren Vorläufer «Conservenfabrik Lenzburg, Henckell & Zeiler», wurde erst im Jahr 1886 – also 18 Jahre später – gegründet.

Verschiedene Methoden
Wie Angelus Hux als profunder Kenner der Stadtgeschichte in seinem Buch zum Guggenhürli schreibt, wurden damals verschiedene Arten der Konservierung von Nahrungsmitteln angewendet: Räuchern, Dörren, Pökeln, Einlegen in Essig und andere. Zunächst scheint auch Burkhardt die Konvervierungsmethode mit Essig und Salzlauge angewandt zu haben, wie eine Etikette aus jener Zeit zeigt. Burkhardt dürfte zusätzlich auch das Konservierungsverfahren des Franzosen Louis Pasteur angewendet haben (die Pasteurisierung). Dabei wurden diese Konserven vermutlich im damaligen Nebengebäude – später Villiger-Haus genannt – hergestellt.

Standortwechsel
Drei Jahre nach der Gründung der Konservenfabrik Frauenfeld erstellte die Firma ein erstes Fabrikationsgebäude im Langdorf (den ältesten Teil der heutigen Pasta Premium). Zwei Jahre später – im Jahr 1873 – übernahm Emil Sulzberger aus Winterthur den Betrieb von Burkhardt und machte ihn zu einer angesehenen Unternehmung. Im Jahr 1906 fusionierte die Firma mit der Hero Conserven Lenzburg (die Bezeichnung «Hero» ist eine Abkürzung für die Namen der damaligen Firmenbesitzer Henckell & Roth).

Teigwaren statt Gemüse
Während Jahrzehnten produzierte die Hero in Frauenfeld mit Erfolg die verschiedensten Lebensmittel und Konserven, wobei das Gemüse vorwiegend aus der Eigenprodukion im Raum Frauenfeld stammte. Im Jahr 1995 übernahm die Schwartau-Gruppe mit ihrem Eigentümer Dr. Arend Oetker die Aktienmehrheit der Hero AG. In mehreren Etappen wurden die verschiedenen Gesellschaften des Schwartau-Konzerns in die Hero integriert. Im Jahr 1998 wurde in Frauenfeld die Gemüseproduktion eingestelllt, die Teigwarenproduktion der Ami in Islikon übernommen und der Betrieb entsprechend neu ausgerichtet. Wenige Jahre später, im Jahr 2004, veräusserte die Hero die Teigwarenproduktion dann an die Pasta Premium. Damit wurde in Langdorf ein neues, ebenfalls bemerkenswertes Kapitel in der Wirtschaftsgeschichte aufgeschlagen.

Das Guggenhürli – ein Juwel
Das Guggenhürli, der einstige Sommersitz von Minister Johann Konrad Kern (1808 – 1888), ist ein Ort, der die Geschichte beherbergt. Vor rund 50 Jahren dem Abbruch geweiht, konnte das Guggenhürli dank den Mitgliedern der Genossenschaft Guggenhürli gerettet werden. Das kleine Bauwerk westlich der Schulanlage Langdorf präsentiert sich heute weitgehend im originalen Zustand und es ist ein beliebter Ort für kleine Ausstellungen und als Traulokal. Unter der Obhut der Genossenschaft gedeiht zudem der «Guggenhürlemer», ein Müller-Thurgau-Wein.

Andreas Anderegg