Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 22.12.2021

Nach vielen Triumphen neue Ziele ungewiss

Die Thurgauer Rollstuhl-Leichtathleten Marcel Hug und Catherine Debrunner gehören schon lange zur absoluten Weltspitze. Teilweise von Corona ausgebremst, dürfen sie trotzdem auf eine glanzvolle Saison zurückblicken. Wie es 2022 weitergeht, ist nur vage fixiert.

 

 

An den Paralympics in Tokio nahmen acht Athleten und 13 Athletinnen aus der Schweiz teil. Sie ergatterten beachtliche 14 Medaillen: Sieben Goldene, vier Silberne und drei Bronzene. Allein deren sechs gingen auf das Konto von Marcel Hug und Catherine Debrunner. Hug holte bei seinen vier Starts stets die Goldmedaille, für Debrunner gab es Gold und Bronze.

Hug mit neuem Rennrollstuhl
Marcel Hug war klar der Überflieger in Tokio. Viele Blicke waren zusätzlich auf den 35-Jährigen gerichtet, weil er mit einem in vier Jahren völlig neu entwickelten Rennrollstuhl an der Startlinie stand. Wird er heute noch darauf angesprochen: «Nicht mehr so oft». Der Thurgauer stellt klar: «Natürlich möchten die in dieses Projekt involvierten Firmen das neue Modell im Markt etablieren. Eine weitere Entwicklung dieses Gerätes ist durchaus ein Thema». Wenn Hug seine glanzvolle Saison («Es war beinahe ein surreales Jahr») Revue passieren lässt, muss er einen Moment überlegen, was ihm das Wichtigste war: «Es sind die vier Goldmedaillen in Tokio. Allerdings war nach Erfolgen in den Marathons von London, Boston, New York und Oita – mit neuem Weltrekord – auch der Masters-Gesamtsieg in dieser Sparte ein Highlight». Eigentlich logisch, dass er bei den Schweizer Sport Awards klar vor Manuela Schär und Heinz Frei als Paralympischer Sportler des Jahres gewählt wurde.

Ungewisser Marathon-Start
Seit 25 Jahren wird der nun in Nottwil wohnhafte Pfyner von Paul Odermatt trainiert. Was peilen die beiden im 2022 an? Marcel Hug schmunzelt: «Im Dezember habe ich bis vor Weihnachten drei Wochen Trainingspause eingelegt. Demnächst werden wir uns genauer über die kommenden Ziele unterhalten. Ich weiss nicht genau, in welche Richtung es geht». Wegen der anhaltenden Corona-Pandemie ist der Marathon in Dubai Ende Februar immer ungewisser. Ein Start könnte daher erst im März in Tokio erfolgen. Ist Marcel Hug dann überhaupt noch aktiv? Der Ehrenbürger von Pfyn (seit 2018) bleibt vage: «Natürlich war es wohl sogar meine allerbeste Saison. Das wäre ein optimaler Zeitpunkt für einen Rücktritt. Aber ich weiss wirklich nicht, ob die Zeit dafür reif ist».

Debrunners neue Wege
Spricht man die wegen ihres Berufes als Primarlehrerin nach Geuensee umgezogene Catherine Debrunner auf die letzte Saison an, schüttelt sie den Kopf: «Ich kann es immer noch nicht richtig glauben, dass ich in Tokio Gold über 400 Meter gewonnen habe. Manchmal denke ich wirklich, ich träume nur». Daneben gab es Bronze über 800 Meter. Es waren ihre ersten Medaillen an Paralympics. Die Mettendorferin erlebte in Japan eine besondere Ehre, als sie an der Schlussfeier die Schweizer Fahne ins Stadion tragen durfte: «Es war ein unverhoffter und wunderbarer Abschluss». Die 26-Jährige hat sich mit ihrem neuen holländischen Trainer Arno Mol für 2022 etwas Spezielles vorgenommen: «Ende September möchte ich als Premiere den Berlin Marathon absolvieren». Muss sie, die bisher eher die Sprint-Disziplinen forcierte, ihr Training völlig umstellen? «Gewisse Sachen bleiben, aber es gibt natürlich neue Schwerpunkte. Statt über 100, werde ich nun vermehrt 400, 800 und 1500 Meter absolvieren». Dann wendet sie sofort ein: «Das Ausweichen auf die 42,2 Kilometer ist für mich vorerst nur ein Schnuppern».

Ab und zu in Arnhem
Gleich nach ihren Einsätzen in Tokio anfangs September hat sich Catherine Debrunner zweieinhalb Wochen trainingsfrei gegönnt. Auch Ende Jahr legt sie erneut eine kurze Pause ein. Wie hat sie ihren neuen Trainer kennen gelernt? «Eine holländische Kollegin hat mir gesagt, komm doch einmal mit in mein Land und schaue, was wir machen. Es hat gepasst. Darum ist es möglich, dass ich nun ab und zu einen Abstecher nach Arnhem unternehme». Wann sie wo in die Saison starten wird, ist für die Thurgauerin völlig ungewiss.

Ruedi Stettler