Vernissage: Vorbilder und Abbilder — Zugänge zu Kunst
Haus zur Glocke, Steckborn
Sa 23.9.2023 - Sa 21.10.2023Kunst
Werden künstlerische Werke durch das Ritual einer Ausstellung erst als Kunst gelesen? Welche Voreinstellungen und Erwartungen bringen wir gegenüber dem Ausstellungsritual mit?
Im Kontext des Jahresthemas Kunst und Ritual hinterfragt die Ausstellung das eigene Kuratieren selbstkritisch in Bezug auf nicht immer explizite Grundierungen: Werden künstlerische Werke durch das Ritual einer Ausstellung erst als Kunst gelesen? Wie kommt es dabei zur Vorstellung eines „richtigen“ und „falschen“ Rezipierens von Kunst? Kurz: Welche Voreinstellungen und Erwartungen bringen wir gegenüber dem Ausstellungsritual mit?
Hannes Brunner entwirft eine installative Situation im Ofenzimmer, bei der es um die Frage nach der Bilderwartung des Einzelnen und die dadurch ausgelösten Prozesse der Selbsterleuchtung geht. Eine verdeckte Wand und eine Sitzgelegenheit davor laden die Betrachter:innen ein, darüber nachzudenken, was sich hinter dem Vorhang verbergen könnte. Die Tradition, religiöse Bilder zu verhüllen und nur zu bestimmten Zeiten den Blicken zugänglich zu machen, wird so in den Kontext des Kunstraumes überführt.
Susan Fankhauser zeigt mit Das Museum der Tiere ein Werk, das sich im öffentlichen Raum von Steckborn präsentiert. Auf dem Grossdruck sind Ausschnitte mit Tierdarstellungen bekannter Kunstwerke vereint. Durch die Rekombination entsteht ein Kunstwerk, das im Bild einen neuen Raum erzeugt und als imaginäres Museum unser kulturelles Bildgedächtnis anspricht. Im Haus zur Glocke sind eigens entwickelte Wortpartituren zu sehen, die Themen der Kunstkritik durch Ausstellung und Rezeption in konzeptueller und spielerischer Art aufgreifen.
In seinen Drippings entwickelt Johannes Gees eine Form der bildlichen Darstellung, die strikten Regeln folgt. Farbtropfen lassen je nach Position und Saugkraft unterschiedliche Konfigurationen entstehen. Im Haus zur Glocke zeigt Gees erstmals Double
Drippings, die explizit als Bildpaar konzipiert sind, um die vielschichtigen Beziehungen von Bild und Abbild zu thematisieren. Im selben Arbeitsgang entstanden, besteht ein Abhängigkeitsverhältnis der beiden Bildträger, das auf den ersten Blick nicht zu entschlüsseln ist.
Andrea Vogel verweist mit dem Werk Handarbeit, Das letzte Abendmahl auf das Phänomen der kommerziellen Vervielfältigung bedeutender Kunstwerke in Museumsshops. Zusätzlich installiert Vogel im dunklen Kellerraum des Hauses zur Glocke eine Nähmaschine von Bernina, die ohne Faden über das Gewicht eines Steines auf dem Antriebspedal ständig läuft. Wie kann ein dunkler Keller- und Lagerraum zu einem „Kunstraum“ werden?