Frauenfeld · 02.07.2025
Keine Ressourcen für preisgünstiges Wohnen?
Gemeinderat diskutiert über die Interpellation betreffend der Landreserve Sonnmatt
In der jüngsten Sitzung des Frauenfelder Gemeinderats ging es unter anderem um preisgünstiges Wohnen. Die Gemeinderäte Roland Wetli und Tobias Lenggenhager (CH) forderten in der Interpellation betreffend «Städtische Landreserve Sonnmatt», dass diese für preisgünstiges Wohnen und Gewerbeförderung genutzt werden solle. 18 Unterschriften bekräftigten die Interpellation.

Quadratmetern, das sich an der Sonnmatt-Strasse befindet. Dieses sollte ursprünglich für ein Busterminal der Twerenbold Reisen AG dienen, doch das Projekt scheiterte nach einem Gerichtsentscheid, wodurch die Stadt nun über zwei zusammenhängende, unbebaute Parzellen von insgesamt 19 592 Quadratmetern verfügt. Die Interpellanten fordern eine durchdachte Entwicklung des Areals mit Fokus auf preisgünstigen Wohnraum und Gewerbeförderung, anstatt eines schnellen Verkaufs an Investoren. «Das Potenzial des Areals ist beträchtlich», heisst es in der Interpellation. Es liessen sich hier rund 120 Wohnungen à 100 Quadratmeter realisieren. Dabei müsse sichergestellt sein, dass mindestens zwei Drittel dieser Wohnungen nach dem Grundsatz der Kostenmiete vermietet werden. (Bei der Kostenmiete werden die Mietpreise so berechnet, dass sie die laufenden Kosten des Vermieters wie etwa Unterhaltskosten und Hypothekarzinsen decken. Im Gegensatz zu Mietwohnungen, bei denen ein Gewinnzuschlag auf die Kosten aufgeschlagen wird, wird bei der Kostenmiete kein Gewinnaufschlag erhoben. Dies führt zu niedrigeren Mietpreisen.) Dies setzt einen Verkaufspreis für das Land voraus, der für gemeinnützige Wohnbauträger tragbar ist und somit deutlich unter 1000 Franken pro Quadratmeter liegen müsse, heisst es in der Interpellation weiter.
In seiner Rede betonte Initiant Roland Wetli die Wichtigkeit des preisgünstigen Wohnens und wies darauf hin, dass der Gemeinderat in einem Reglement von 2016 der Stadt einen klaren gesetzlichen Auftrag gegeben hatte, preisgünstigen Wohnraum zu fördern. Er wies auf die Steigung der Mieten in den kommenden Jahren hin. Er betonte, dass die Stadt einen glasklaren Auftrag habe und sich im Reglement von 2016 verpflichtete, Liegenschaften an gemeinnützige Wohnbauträger abzugeben. Somit war die Diskussion eröffnet.
Kritische Stimmen
Samuel Kunz sprach für die Fraktion Die Mitte/EVP. Preisgünstiges Wohnen sei weit komplexer, als es im Reglement den Anschein mache. Viele Antworten des Stadtrats auf die Interpellation seien nachvollziehbar gewesen. Ein Punkt jedoch habe die Fraktion gestört: Der Stadtrat sehe eine zeitnahe Entwicklung aufgrund von personellen Ressourcen als derzeit nicht möglich. «Ein Aufschieben der Entwicklung kommt für uns nicht infrage», sagte er. «Es stehen zahlreiche städtische Projekte an und es besteht die Gefahr, dass das Areal jahrelang blockiert bleibt.» Er appellierte an den Stadtrat: «Wir erwarten klare Vorschläge, wie die Entwicklung beschleunigt werden kann.» Der Bedarf an preisgünstigem Wohnraum in Frauenfeld wachse, so Gemeinderätin Parwin Alem Yar im Namen der SP-Fraktion. Viele Haushalte suchten vergeblich nach bezahlbarem Wohnraum. «Wie viele dieser Wohnungen wurden neu geschaffen? Gibt es weitere Projekte zu preisgünstigem Wohnraum, wie aktiv engagiert sich die Stadt?», wollte sie wissen. Und: «Wir erwarten, dass die Stadt in der Wohnungspolitik aktiver wird.»
Gemeinderätin Priska Brenner-Braun (GP) sprach aus ihrer Erfahrung in Zürich, dort sei es auch für den Mittelstand immer schwieriger, bezahlbare Wohnungen zu finden. Mit Sorge beobachte sie die Veränderungen in ihrem Quartier in Frauenfeld. Manche Mieter hätten Angst vor Kündigungen und dass sie dann keine bezahlbare Wohnung mehr fänden. «Wir sollten das Thema nicht unterschätzen», mahnte sie.
Stimmen der Befürworter
Reto Brunschweiler sprach für die FDP: Die Partei befürwortet die besonnene Antwort des Stadtrats. Aufgrund der Lage an der Autobahn und Schaffhauserstrasse sei ein Gewerbeblock zwingend erforderlich, was die für Wohnbau nutzbare Fläche um 45 Prozent reduziere. Die FDP lehne den Verkauf unter 1000 Franken pro Quadratmeter kategorisch ab, da dies eine «Verschenkung von Volkseigentum» darstelle. Er sagte: «22 Prozent der steuerpflichtigen Frauenfelder zahlen heute keine oder fast keine Steuern. Weitere 22 Prozent bezahlen wenig Steuern. Aber 35 Prozent, und damit der Mittelstand, bezahlen den grössten Teil der Steuereinnahmen Frauenfelds. Nun wäre aus unserer Sicht der preisgünstige Wohnbau aber für die erstgenannten 44 Prozent der Frauenfelder gedacht.» Diese werden aber bereits entlastet, so Brunschweiler. Wo sei dann die Grenze, wer von diesen zusätzlichen Entlastungen, finanziert durch die Allgemeinheit, profitieren könne? Die Situation in anderen Städten zeige deutlich, dass die Frage, wer denn jetzt in einem subventionierten Wohnen leben dürfe, schwierig zu lösen sei.
Auch für die SVP/EDU-Fraktion war die Antwort des Stadtrats nachvollziehbar. Christa Zahnd wies darauf hin, dass die Finanzen der Stadt nicht «rosig» seien. Dieser Meinung stimmte Ivo Begic, Mitglied des Ratsbüros, zu. Er ergriff sichtlich emotional das Wort: «Unsere Stadt hat keine Ressourcen, etwas zu machen, und sie dürfen sich nicht verschulden.» Er sei dafür, dass günstiger Wohnraum gebaut werde, aber: «Wir können es im Moment nicht.»
Stadträtin Andrea Hofmann Kolb sagte, die Stadt stärke die Innenstadt und die Quartiere. Sie lege den Fokus gerade auf das Grundstück Ried, am Wellhauserweg. (Das Projekt «Ried, Wellhauserweg» ist Teil eines grösseren Entwicklungskorridors, der die Gemeinden Frauenfeld, Gachnang und Felben-Wellhausen umfasst und eine Abstimmung zwischen Siedlung und Verkehr anstrebt, Anmerkung der Redaktion). Es werde dort eine Wohnraumträgerschaft gesucht, und das Projekt werde durch die Stadt begleitet.
Mit dem Blick auf Projekte wie Casino, Stadtkaserne, Werkhof, Murgbogen und Alterszentrum Park seien die personellen Ressourcen der Stadt ausgelastet und es sei nicht mehr möglich.
Elke Reinauer
Preisgünstiges Wohnen in Frauenfeld
Was bedeutet preisgünstiges Wohnen? Laut dem eidgenössischen Department für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) weist preisgünstiger Wohnraum einen (wie das Wort schon sagt) preisgünstigen Preis auf. Bei der Kostenmiete hingegen geht es im Preis um die tatsächlichen Kosten des Vermieters. Bezahlbarer Wohnraum ist gemessen am Einkommen oder Vermögen für einen Grossteil der Haushalte tragbar. Die Stadt Frauenfeld verfügt seit 2016 über ein Reglement zur Förderung des preisgünstigen Wohnraums. Der Stadtrat ist bestrebt, die Ziele des Reglements zu erreichen, musste in den letzten Jahren aber feststellen, dass sich die Umsetzung schwierig gestaltet, heisst es in der Beantwortung der Interpellation. Es fanden seitens Stadt jedoch stets Bestrebungen statt, preisgünstigen Wohnraum in Frauenfeld zu fördern oder zu schaffen. Der Stadtrat war zusammen mit der Heimgenossenschaft Winterthur (HGW) über mehrere Jahre (2017 bis 2024) bestrebt, ein zukunftsweisendes Mehrgenerationenwohnen an der Sonnmattstrasse zu entwickeln. Leider musste das Projekt im Jahr 2024 im gegenseitigen Einvernehmen abgebrochen werden. Frauenfeld verfügt bereits über 100 Wohnungen (Stand Januar 2023). Davon solche mit Kostenmiete (zirka 15 Wohnungen) und solche, die zum bezahlbaren Wohnraum gezählt werden (zirka 80 Wohnungen). Insgesamt entsprechen die preisgünstigen Wohnungen im Eigentum der Stadt einem Anteil von gut 1,2 Prozent an den vorhandenen Mietwohnungen in der Stadt Frauenfeld (8500 Mietwohnungen von insgesamt 14 152 Wohnungen, Stand Ende 2024). Dazu kommen noch 386 preisgünstige Wohnungen von Genossenschaften und gemeinnützigen Aktiengesellschaften. Demzufolge beträgt der Gesamtanteil an preisgünstigem Wohnraum derzeit gut 4,5 Prozent. Damit liegt der Gesamtanteil deutlich über dem kantonalen Anteil an Genossenschaftswohnungen von einem Prozent und deutlich über dem Durchschnitt der Thurgauer Städte, in denen zirka 1,7 Prozent der Haushalte eine Genossenschaftswohnung bewohnen, heisst es in der Antwort des Stadtrats der Interpellation.
Elke Reinauer