Frauenfeld · 02.07.2025
Mitgliederversammlung Schloss Herdern: zwischen Verlusten und Aufbruch
Die Stühle im Landenbergsaal füllen sich langsam. Es ist Samstagmorgen, 43 stimmberechtigte Mitglieder nehmen Platz. Draussen liegt die Hitze schwer, drinnen geht es um Zahlen, Entscheidungen und die Frage, wie es weitergeht. Schloss Herdern steht vor Herausforderungen: ein dritter Verlust in Folge, Projekte auf Eis, Strukturen im Wandel. Doch wie viel Veränderung verträgt ein Ort, der tief in Tradition verwurzelt ist?

Pünktlich um 10.30 Uhr beginnt die Veranstaltung. Das betriebliche Minus von 400 000 Franken sowie die Abnahme der liquiden Mittel werden im Detail erörtert: Die Bilanz ist stabil, doch die Lage mahnt zum Handeln. Die Gründe sind vielfältig: Löhne wurden erhöht, um gutes Personal zu finden. Gleichzeitig mussten 275 000 Franken für das sistierte Käsereiprojekt abgeschrieben werden; auch gekürzte Gelder des Sozialamts belasteten das Ergebnis.
Und tatsächlich: Schloss Herdern beginnt, sich neu zu erfinden. Schritt für Schritt. Nicht laut, nicht spektakulär, aber konsequent. Eine Steuerungsgruppe «Strategie 2030» steht bereit, der Generationenwechsel ist im Gange. Frischer Wind kommt etwa aus der Forstwirtschaft: Dort ersetzt ein Biodiversitätsprojekt die klassische Bewirtschaftung «Weiden vernetzen, Flächen verbinden», unterstützt vom Bund.
Mehr Vernetzung
Auch in der Käserei und im Sozialdienst wird vernetzter gedacht. Die Käseproduktion bleibt solide: 41 Tonnen Tilsiter wurden 2024 hergestellt. Der Tilsiter als Standardkäse bleibt, doch der Fokus richtet sich zukünftig klar auf Milchverarbeitung und Kreislaufwirtschaft. Zwar wurde die Schaukäserei sistiert, doch mit dem Führungswechsel in der Kartause Ittingen wächst die Hoffnung auf künftige Zusammenarbeit, und auf neue Synergien.
Die Auslastung im Sozialdienst/Betreuung ist erfreulich, mit Potenzial nach oben. Auch hier will man weiterentwickeln, etwa durch eine erweiterte Kooperation mit der Spitex.
Stall kommt, die Schweinezucht geht
2024 wurden 1,75 Millionen Franken investiert, vor allem in den Umbau des Rindviehstalls. Dieser wurde mittlerweile abgeschlossen und steht nun unter der Leitung eines jungen Betriebsleiters. Ein wichtiger Schritt in Richtung Zukunft. Seit Herbst sorgt zudem ein Melkroboter für effizientere Abläufe. Die Schweinezucht hingegen wird eingestellt: Die Anlagen sind veraltet, der Aufwand hoch. Der Entscheid bringt auch personelle Entlastung.
Nach 15 Jahren an der Spitze tritt Kris Vietze zurück. Mit ihr geht eine Präsidentin, die Schloss Herdern mit Haltung und Weitsicht geprägt hat. Ihre Nachfolgerin: Barbara Dätwyler, Stadträtin in Frauenfeld. Auch auf operativer Ebene stehen zwei Wechsel bevor: Armin Storm, Impulsgeber für Biogasanlage, Online-Shop und Genusshandwerk, verlässt die Institution in 2025. Ihm und Markus Rohner gilt grosser Dank. Der Wandel ist spürbar, doch Schloss Herdern bleibt sich treu: mit neuen Köpfen, klarer Richtung und dem Mut, das «Schiff» wieder neu auszurichten.
Maria Josephine Nascke