Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 09.04.2025

Zwischen Leerstand und Neuanfang: Innenstadt im Wandel

Migros-Schliessung in der Vorstadt, Anker-Pleite und Depot-Insolvenz am Bahnhof. Es gibt immer mehr drohende und bestehende Leerstände in der Stadt. Was bedeutet dieser Trend für die Zukunft der Innenstadt? Und was unternimmt die Stadt dagegen?

 

 

Peter Koch, Wirtschaftsförderer der Stadt Frauenfeld, versucht zu beruhigen. Er präsentiert Zahlen und Fakten: Aktuell gibt es 200 Geschäfte in Frauenfeld, davon 45 im Bereich Gastronomie. «Die Gastronomie ist stabil geblieben», erklärt Koch. Damit will er den Eindruck entschärfen, dass die Innenstadt vor dem Aus steht. Dennoch: Die Zahl der Leerstände betrug zum Zeitpunkt der letzten Erhebung im September 2024 zehn Filialen. 2021 waren es zum Zeitpunkt der Erhebung fünf.
Besonders die Schliessung der Migros-Filiale in der Vorstadt hat viele hart getroffen, ein Anwohner montierte sogar ein Gedenkkreuz in seinem Fenster, wo er seine Trauer um die Schliessung zum Ausdruck brachte. «Ich verstehe die Empörung», sagt Koch. Gleichzeitig betont er, keinen Einfluss auf die Entscheidungen des Grossverteilers zu haben. In Gesprächen habe die Migros erklärt, dass die Ladenfläche nicht mehr den heutigen Anforderungen entspreche: zu klein, logistisch ungünstig und mit zu wenigen Parkmöglichkeiten.


Ältere Menschen sind betroffen
Für ältere Menschen, die in der Nähe der Migros-Filiale wohnen und nun längere Wege in Kauf nehmen müssen, ist die Situation besonders schwierig. Koch verweist auf Unterstützungsangebote: «Im Stadtlabor gibt es kostenlose Angebote für den Umgang mit Digitalem. Hier können ältere Menschen beispielsweise lernen, wie sie online bei Migros bestellen können.» Das Stadtlabor ist ein Projekt, das aus der Initiative «Miteinander Frauenfeld gestalten» (MFG) entstanden ist und auf positive Resonanz stösst.


Allerdings steht auch dieses Projekt vor einer ungewissen Zukunft: Die Raiffeisen Bank, Eigentümerin des Gebäudes, plant einen Umbau. «Eine Anschlusslösung ist noch offen», räumt Koch ein, betont aber die Wichtigkeit solcher Projekte für das städtische Leben.


Die Herausforderungen 
Wenn ein Geschäft schliesst und ein Leerstand droht, wird Peter Koch aktiv. Er nimmt Kontakt mit den Eigentümern auf und führt Gespräche. Doch nicht immer ist das einfach: «Manchmal befinden sich die Eigentümer im Ausland», erklärt er. Andere Vermieter wiederum scheuen die Investition in einen erneuten Umbau für neue Mieter.


Zudem macht sich ein gesellschaftlicher Wandel bemerkbar: «Der Trend geht zur Schnelllebigkeit», beobachtet Koch. In der Gastronomie bevorzugen viele Kunden mittlerweile Take-away-Angebote statt längerer Restaurantbesuche. Dies erkläre auch, warum Dönergeschäfte in den Innenstädten aus dem Boden spriessen wie Pilze. Auch der Onlinehandel sei eine Konkurrenz zum stationären Ladengeschäft.


«Regio Frauenfeld App» erfolgreich
Trotz aller Herausforderungen gibt es auch positive Entwicklungen. So wollte eigentlich der «BagStore» nur bis Ende Februar im ehemaligen «Peter Hahn» bleiben, nun wird der Standort in der Freiestrasse zur festen Adresse. Neben dem Stadtlabor nennt Koch die «Regio Frauenfeld App» als weiteres erfolgreiches Projekt aus der MFG-Initiative. Solche digitalen Lösungen könnten helfen, lokale Angebote besser sichtbar zu machen und die Innenstadt zu beleben. In der App sieht man zum Beispiel, welche Parkplätze in der Innenstadt gerade frei sind. Das werde gerne genutzt, so Peter Koch.


Wie aber kann man die Stadt beleben?
Peter Koch nennt Angebote, die Frauenfeld einzigartig machen, wie zum Beispiel das Street-Art-Festival, oder der Kamel-Umzug am Weihnachtsmarkt. «Das bringt Menschen in die Stadt», sagt er. Das kulturelle Angebot in Frauenfeld sei sehr vielfältig und ziehe auch Besucher von ausserhalb an. «Die Stadt investiert im Rahmen ihrer Möglichkeiten viel in die Attraktivierung, sei es im Bereich der Infrastrukturen, sei es im Bereich der Angebote. Die Zukunft von Frauenfelds Innenstadt bleibt ungewiss. Fest steht jedoch: Der stationäre Handel und die Gastronomie befinden sich im Wandel. Die Stadt versucht, diesen Wandel aktiv zu gestalten und die Lebensqualität in der Innenstadt zu erhalten. Ob die eingeleiteten Massnahmen ausreichen werden, um die Leerstände zu reduzieren und neue Geschäftsmodelle zu fördern, wird sich in den kommenden Monaten und Jahren zeigen.
Elke Reinauer