Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 12.03.2025

Eine Kultur der Gastfreundschaft leben

Brauhaus Sternen im Umbruch

 

 

Seit mehr als 170 Jahren wird in den Gebäuden der mittlerweile denkmalgeschützten Sternen-Brauerei durch verschiedene Besitzer Bier gebraut. Der Betrieb mit Restaurant in der Vorstadt an der Ecke Spanner- und Hohenzornstrasse wurde 1989 durch die Actienbrauerei Frauenfeld gegründet – damals noch als Back & Brau Sternen AG von Bierbrauer Martin Wartmann und Gastronom Kurt Walker. 1996 erfolgte die Umbenennung auf den alten Namen Brauhaus Sternen. Die Spezialitäten-Brauerei braut heute bis zu 1500 Hektoliter Bier pro Jahr, fast ausschliesslich für den Eigenbedarf der beiden Betriebe in Frauenfeld und Winterthur. Diese leitet seit November 2024 der gebürtige Karl-Marx-Städter Mirko Fuchs (44). Er übernimmt keine leichte Aufgabe, denn die finanzielle Lage ist sehr angespannt – Ende des letzten Jahres wurden die Aktionäre um Unterstützung gebeten. Doch Mirko Fuchs gibt sich zuversichtlich. «Das Team ist toll und gut aufgestellt. Alle sind hier mit Herzblut dabei. Ich werde versuchen, das Traditionshaus in die Moderne zu führen», sagt er.


Sie sind in einer herausfordernden Zeit zum Brauhaus gestossen. Die künftige Finanzierung ist ungewiss. Erstmal haben die Aktionäre gerettet, doch wie geht es weiter?
Mirko Fuchs: Das Geld der Aktionäre haben wir noch nicht angerührt. Im Prinzip haben uns die Gäste über die letzten Monate gerettet. Im November und Dezember 2024 hatten wir eine gute Frequenz an Besuchen. Erste Massnahmen zur Kostensenkung wurden inzwischen getroffen, beispielsweise den Einkauf zu überdenken und die Portionsgrössen ein wenig anzupassen. Einigen Gästen waren die Portionen in der Vergangenheit zu mächtig. So können wir der Essensverschwendung vorbeugen. Natürlich haben wir, wo auch immer möglich, die Preise dementsprechend gesenkt und werden dies weiter genau beobachten. Wir versuchen, die verfügbaren Mittel gezielt einzusetzen, um beispielsweise wieder mehr Marketing zu machen. Das Wichtigste ist für uns, dass wir in der Bevölkerung präsent sind und positiv wahrgenommen werden.


Betreffen die Sparmassnahmen auch die Braustube?
Mirko Fuchs: Ja, vor allem. Denn der grösste Kostentreiber ist bei uns Energie und Wasser, hier sehe ich ein hohes Sparpotenzial. Gleichzeitig versuchen wir, den Umsatz zu steigern. Auch mit unserem Foodtruck, für den wir jetzt einen Standort in Winterthur haben und dort mindestens noch einen zweiten suchen. Neben der Brauerei und dem Barverkauf ab Rampe, der Restauration und der Gastronomie mit Food-Truck, versuche ich auch den Bierverkauf ausserhalb des Brauhauses anzukurbeln. Das braucht aber Zeit. 


Soll der zweite Standort des Foodtrucks in Frauenfeld sein?
Mirko Fuchs: Das wissen wir aktuell noch nicht. Es laufen derzeit diesbezüglich Gespräche. Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob es sinnvoll ist, den Foodtruck an einem fixen Standort in Frauenfeld zu platzieren, aufgrund der örtlichen Gegebenheiten. In Winterthur steht er jetzt jeden Donnerstagmittag auf dem Parkplatz der Staatsanwaltschaft. Man kann den Foodtruck auch privat für Anlässe mieten. Für mich ist das Ziel, dass der Foodtruck an drei bis vier fixen Standorten in der Umgebung steht und sich selbst trägt. Die Mitarbeiter vor Ort werden aus dem aktuellen Personalstand generiert, damit keine zusätzlichen Kosten entstehen. 


Wie reagieren denn die Gäste auf die Umstellungen?
Mirko Fuchs: Bis jetzt – soweit ich weiss – positiv. Das sind jedenfalls die persönlichen Rückmeldungen, die ich erhalte sowie auch jene, die ich auf den diversen Social Media-Kanälen lese. Im Moment arbeiten wir mit dem ganzen Kaderteam an einer neuen Speisekarte. Hier nach dem Motto, Qualität vor Quantität. 


Die Spezialitäten bleiben aber im Angebot?
Mirko Fuchs: Wie die Krapfen? Natürlich. Das ist unser Top-Drei-Gericht, das nehmen wir nicht von der Karte. 


Gibt es neben Unterstützung auch Kritik? Nach dem Motto «Früher war alles besser»?
Mirko Fuchs: In den letzten Dekaden wurde nicht immer positiv kommuniziert. Auch durch die Medien. Es gibt immer zwei Seiten und nicht an allem sind die Mitarbeiter schuld. Teilweise gibt es auch schwierige Gäste. Den Umgang mit diesen muss man ein bisschen schulen. Gerne möchten wir eine gelebte Gastfreundschaft etablieren, in der sich jeder Gast wohlfühlt und geschätzt wird. Wir haben die ganze Woche über geöffnet und heute fehlt uns ein wenig die junge und mittelalte Kundschaft. Wir probieren verschiedene Aktionen aus, um auch diese wieder ins Brauhaus zu bringen. 


Aufgrund der finanziell angespannten Lage wird das Restaurant in Winterthur, das es seit 2014 gibt, vermutlich geschlossen. Ist schon klar, ab wann?
Mirko Fuchs: Hierzu habe ich keine neuen Informationen, Winterthur bleibt bis auf weiteres geöffnet.


Was passiert dann dort mit den Mitarbeitenden?
Mirko Fuchs: Falls es zu einer Schliessung kommt, werden wir uns mit allen Mitarbeitern an einen Tisch setzen und Lösungen erarbeiten.


Warum rentiert sich das Winterthurer Brauhaus nicht, wo es doch an guter Lage, direkt neben dem Kino in der Altstadt liegt?
Mirko Fuchs: Das ist schwierig zu beurteilen. Das Brauhaus in Winterthur ist kleiner und läuft zwar mit der Terrasse im Sommer recht gut. Vielleicht passt aber das Angebot, das in Frauenfeld funktioniert, einfach nicht zu Winterthur. 


Wo sehen Sie das Brauhaus in Frauenfeld in zwei Jahren?
Mirko Fuchs: Ganz toll wäre, wenn wir wieder gut dastehen würden. Die letzten Monate konnten wir viele Altlasten abbauen, aufgrund der guten Umsätze. Ich glaube, wir sind jetzt wieder soweit, dass wir in ruhigeres Fahrwasser gelangen. Für die nächsten zwei Jahre wünsche ich mir, dass wir den Bierausstoss erhöhen können. Hier werde ich Gespräche mit diversen Gastronomen führen, wie wir unser Spezialitätenbier noch besser implementieren. Im Restaurant wären einige Verschönerungsmassnahmen toll, um eine gemütliche Atmosphäre zu schaffen. 


Sie wirken motiviert und nicht so, als ob Sie die Herausforderung abschrecken würde.
Mirko Fuchs: Am Anfang ist schon sehr viel auf mich eingeprasselt. Jetzt schaue ich, dass ich die Dinge zuerst angehe, die wichtig sind: Die Kosten im Griff haben und Kosten senken. Ich bin auch offen für Inputs. Wer der Meinung ist, eine gute Idee für das Brauhaus zu haben, kann mir diese gerne mitteilen.  Sarah Stutte

 

 

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