Frauenfeld · 18.12.2024
Finanzielle Wetterlage in Frauenfeld: Sonne mit drohenden Wolken
Budgetdebatte im Gemeinderat

Nach dem nicht vorhandenen Budget vom vergangenen Jahr sieht der Finanzhaushalt nun scheinbar besser aus: Bei einem beträchtlichen Gesamtumsatz aller Betriebe von 257,63 Millionen Franken wird ein Gewinn von 9,63 Millionen Franken erwartet. Der Steuerfuss bleibt unverändert bei 62 Prozent. Das Plus der Stadtverwaltung beträgt 3,51 Millionen, Grund dafür sind die Liegenschaftsbewertungen. Die Ausgaben belaufen sich auf 116,82 Millionen.
Elio Bohner sagte im GPK-Votum: Ein Total von 9,6 Millionen Plus (dieses setzt sich zusammen aus Stadtverwaltung 3,5 Millionen, AZP 70 000 Franken und Thurplus mit 6 Millionen) scheine wie eine «Sonne über Frauenfeld», doch diese blende auch. Die Einsparungen seien nur aufgeschoben, man habe ein strukturelles Defizit. Es sei nicht nachhaltig, wenn der Steuerfuss nicht erhöht werde. Betrieblich weise die Stadtverwaltung ein Minus von 2 Millionen Franken aus. Man müsse aufpassen, dass die Nebelhexe namens «fehlender betrieblicher Gewinn» nicht den Horizont verdunkle.
Annina Villiger sprach für die Fraktionen CH, Grüne und GLP. Sie betonte, den Volkswillen ernst zu nehmen. Das Volk habe Nein gesagt zur Steuererhöhung und Ja zu hohen Investitionen wie in Sportanlagen, etwa die Sanierung der Rundbahn für 2,5 Millionen. «Sparen ist also nicht das Anliegen der Stimmbevölkerung.» Ergebnis sei, die Stimmberechtigten müssten Defizite in Kauf nehmen. In der Fraktion sei man sich einig, dass die Steuerfusserhöhung für die Jahre 2026 und 2027 geprüft werden müsse.
Beda Stähelin sprach für die EVP/Mitte: Bei den Personalkosten stellte die Fraktion ein moderates Wachstum fest. Bei Zunahmen von 20 bis 25 Prozent beim Personal- und Sachaufwand innert gerade mal zwei Jahren sei es klar, dass es so nicht weitergehen könne. Auch drängte sich der Verdacht auf, dass Forderungen nach wirksamen Massnahmen zur Eindämmung der stetig steigenden Ausgaben nicht wirklich ernst genommen worden waren. Denn die Einsparungen basierten auf der Entnahme des Energiefonds und interner Verrechnungen. Er lobte die Verwaltung und den Stadtrat dafür, dass die Hauptforderungen aus der Budgetdebatte im vergangenen Jahr bis zu einem gewissen Grad umgesetzt wurde. Überschwänglich wolle man nicht sein, denn es werde sich erst in den nächsten Jahren zeigen, wie nachhaltig das Ganze sei.
Niklaus Briner sprach im Namen der SVP und erinnerte an die Maslowsche Bedürfnispyramide, in der zunächst die Grundbedürfnisse befriedigt werden müssen. Er schlug vor, Notwendiges von Unnötigem zu trennen. Ausserdem plädierte er für eine funktionierende Infrastruktur, die er als Basis – also als Grundbedürfnisse – der Pyramide darstellte. Diese sei wie die Feuerwehr da, um Brände zu löschen.
Stefan Vontobel hielt das Votum für die FDP und sprach sich für eine Aufgabenverzichtsplanung aus. Er stellte allerlei Fragen zu den Ausgaben und Projekten der Stadt. Mit welcher Absicht wurde das Stadtlabor gegründet? Es gehe um Stadtleben und Kultur, kein Wort von Wirtschaft, dabei brauche es Unternehmen. Er wies darauf hin, dass Wohlstand von Arbeit komme. Es fehlten beispielsweise wichtige Aussagen zum Nutzen des Projekts Stadtkaserne: «Sind wir Investoren oder Betreiber?»
Christoph Tobler sprach im Namen der SP-Fraktion und übte Kritik an den hohen Investitionen für den Strassen- und Tiefbau. «In den kommenden zehn Jahren stehen grosse Investitionen von 200 bis 300 Millionen Franken an, während das aktuelle Investitionsbudget bei lediglich 12 Millionen Franken gedeckelt ist. Davon fliessen bereits 9 Millionen in den Strassen- und Tiefbau, sodass nur 3 Millionen für andere Projekte zur Verfügung stehen.» Diese Situation wird als nicht nachhaltig eingeschätzt. Selbst der bürgerlich dominierte Stadtrat, bestehend aus zwei FDP- und einem Mitte-Vertreter, unterstütze die Position, dass eine mittelfristige Steuererhöhung notwendig sei. Die zusätzlichen Einnahmen sollen in die Stadtentwicklung, die Unterstützung einkommensschwacher Familien und die Jugendförderung investiert werden, so er.
Anders Stokholm sagte, er wolle zwei Dinge klarstellen: Erstens habe es im vergangenen Jahr nie ein Notbudget gegeben. «So etwas gibt es nicht. Es gibt entweder ein Budget oder keines.» So habe man dementsprechend zu handeln. Es werde davon geredet, dass die Stadt die Finanzstrategie aus dem Hut gezaubert hätte. Dem sei nicht so, die Finanzstrategie begann im Oktober 2023 und sei zwei Monate lang erarbeitet worden. Die Stadt verfüge über nicht genügend Liquidität für Investitionen, die auf sie zukommen. Die Aussage, es werde nicht nachhaltig genug gewirtschaftet, sei richtig. «Wir arbeiten daran, uns darauf einzustellen.» Erste Erkenntnisse lägen allerdings erst 2026 vor. Ausserdem wäre es besser – wie im Thurgau üblich – die übliche Kopplung von Steuerfuss und Budget beizubehalten und darüber abzustimmen und nicht entkoppelt. Doch die GPK hatte beantragt, dass der Gemeinderat separat über Budget und Steuerfuss von 62 Prozent abstimmen könne. So wolle es auch das Stimmvolk.
Elke Reinauer