Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 11.12.2024

Gachnang: Hitzige Gemeindeversammlung endet erst kurz vor Mitternacht

Gachnang lehnt Steuererhöhung ab

Schlangestehen für die Gemeindeversammlung und Primarschulgemeindeversammlung. Der Andrang am Donnerstagabend in Gachnang war gross. Kein Wunder, so ging es doch bei der Politischen Gemeinde um die Erhöhung des Steuerfusses von 42 auf 46 Prozent.

 

 

In Gachnang folgt die Gemeindeversammlung nach der Primarschulgemeindeversammlung. Schulpräsident Sven Bürgi führte die Versammlung der Schule. Michael Sigg stellte das Budget für 2025 vor: Dieses sieht Ausgaben von 9 333 600 Franken vor, die Einnahmen sind mit 9 989 400 Franken veranschlagt, worauf ein Plus von 655 800 Franken resultiert. 215 Stimmberechtigte stimmten für das Budget und den Steuerfuss, der unverändert bei 65 Prozent liegt. Diskussion gab es um einen Kostenpunkt von 200 000 Franken. Diese sind in einem Erneuerungsfonds angelegt. Hier wird für die Sanierung der Mehrzweckhalle gespart, so Schulpräsident Sven Bürgi. Diese soll in den nächsten zehn Jahren umgesetzt werden. Erst habe man gedacht, es gehe in Etappen, dann meinte ein Gutachter, das käme zu teuer. Die Halle aus den 90er-Jahren ist sanierungsbedürftig, so sollten Böden, Fenster, Türen und Weiteres auf den neuen Stand gebracht werden.
Bürger wies darauf hin, dass es aus seiner Sicht besser wäre, erst über die Sanierung abzustimmen und dann mit Sparen zu beginnen. So könne es sein, dass schnell für die Sanierung gestimmt werde, die Kosten dann aber in die Höhe schnellten. Als Beispiel nannte er den Neubau der Schulanlage Islikon, dort waren 17 Millionen vorgesehen, am Ende kam es dann auf 24 Millionen.
«Das ist ein schlechter Mechanismus», so der Bürger. Sven Bürgi wies darauf hin, dass dies der Mechanismus des Kantons sei, und der Erneuerungsfonds dazu da, langfristig anzusparen. Die Sanierung der Mehrzweckhalle sei unumgänglich. Ausserdem teilte er mit, dass die Behördenmitglieder auch in der vierten Legislaturperiode wieder zusammen antreten werde. Seit zwölf Jahren arbeitet dieses gemeinsam. Ein Sitz der Rechnungsprüfungskommission werde allerdings frei, denn Thomas Lang trete nicht mehr an für die nächste Legislaturperiode. Für die Rechnungsprüfungskommission musste, wegen des Rücktritts von Reto Altenburger, für die Restdauer der aktuellen Legislaturperiode ein neues Mitglied gewählt werden. Gewählt wurde einstimmig Frau Andrea Hedinger-Gugg aus Gachnang. 
Eine halbe Stunde hatte die Versammlung der Primarschulgemeinde gedauert. Ein Apéro sei geplant, so Sven Bürgi. «Allerdings nur, wenn wir um elf Uhr fertig sind.» Wie sich später herausstellte, sollte dies dann nicht der Fall sein. Obwohl es vielleicht dem Gemeinschaftsgefühl der Bevölkerung gutgetan hätte. Um kurz vor Mitternacht erst wurde die Sitzung beendet. Die Budgetversammlung wurde teilweise durch unflätige Kommentare an den Gemeinderat unnötig in die Länge gezogen. Da ging es um Strompreise, Wahlplakate und allerlei anderes, das eigentlich nicht zu einer Budgetdebatte gehört.


Matthias Keller hört auf
Doch zum Anfang: Bevor es um Zahlen ging, gab Gemeinderat Matthias Keller seinen Rücktritt nach 18 Jahren an. Aus gesundheitlichen Gründen höre er auf, verkündete er. Anschliessend leitete Gemeindepräsident Roger Jung die Budgetversammlung. Den Anwesenden präsentiert er für das Jahr 2025 ein Budget, das ein Plus von 11 000 Franken vorsieht. Die Einnahmen betragen 21 470 880, die Ausgaben 21 459 670.
Investitionsbudget: 6 Millionen Franken sollen investiert werden. Der Löwenanteil bildet die Ortsdurchfahrt Islikon mit seinen Unterprojekten und den Hochwasserschutzprojekten.
Diese seien notwendig, um nicht in einen Sanierungsstau zu geraten sowie dem geforderten Schutz für Mensch und Infrastruktur nachzukommen, heisst es in der Botschaft. Deshalb soll der Steuerfuss von 42 auf 46 erhöht werden. Die Steuerfusserhöhung diene dazu, nicht in eine hohe Verschuldung zu geraten. Denn die geplanten Nettoinvestitionen von 5,6 Millionen Franken könnten zu einer «massiven Neuverschuldung führen», wohingegen der höhere Steuerfuss den negativen Selbstfinanzierungsgrad leicht ins Positive biegt.
 
Steuerfusserhöhung
Vor der Versammlung hatte sich die FDP zu der geplanten Erhöhung mit Ablehnung geäussert. Sie sei für die Investitionen aber gegen die Erhöhung des Steuerfusses. Roger Jung zeigte in einem Beispiel, dass eine vierköpfige Familie, die ein Einkommen von 70 000 Franken habe, bei einer Steuerfusserhöhung von vier Prozent 92,20 Franken mehr bezahlen müsse. Warum die Erhöhung? «Wir möchten uns nicht verschulden. Bleibt es bei 42 Prozent, machen wir einen Verlust von über 408 790  Franken.» Man wolle nicht über die mittlere Verschuldung hinauskommen. Weiter wies die Budgetrechnung ein Eigenkapital von 26,23 Millionen und liquide Mittel von 2,9 Millionen Franken aus. Ausserdem werde gespart, wo es gehe. So zum Beispiel an einer neuen IT-Infrastruktur für die Verwaltungsmitarbeiter, am elektronischen Newsletter, an dem Jahresabschlussessen der Kommissionen und so weiter.
 
Diskussion um Projekte
In der anschliessenden Diskussion wurde der geplante Bewegungsparcours thematisiert. Karin Hollenstein vom Ressort Gesundheit erklärte, dass das Projekt auf Basis einer Umfrage entwickelt wurde und durch Sponsoren finanziert werde. Kritische Fragen gab es zu den gestiegenen Lohnkosten in der Verwaltung. Gemeindepräsident Roger Jung begründete den Anstieg mit zusätzlichem Personal im Werkhof sowie allgemeinen Lohnerhöhungen. Eine Bürgerin forderte Einblick in die Jahresbilanz 2024, was die Verwaltung mit Verweis auf noch ausstehende Rechnungsabschlüsse ablehnte.
 
SVP stellt Anträge
Bruno Gasser von der SVP schloss sich der ablehnenden Haltung der FDP zur Steuererhöhung an. Er stellte zwei Änderungsanträge: Erstens sollte der Personalaufwand, der um 13,5 Prozent auf 4,1 Millionen Franken gestiegen war, auf das Niveau von 2024 gedeckelt werden. Seinen zweiten Antrag bezüglich des Asylfonds zog er nach zwanzig Minuten zurück.
 
Präsident warnt vor Personalabbau
Roger Jung reagierte mit deutlichen Worten auf die vorgeschlagene Lohndeckelung. Eine Einschränkung der Löhne würde zu Vertragsbrüchen führen und die ohnehin schwierige Personalgewinnung zusätzlich erschweren. Er warnte vor möglicher Abwanderung von Fachkräften und deren Folgen für die Gemeinde, etwa weniger häufigen Kontrollen. Ein Bürger unterstützte diese Position und bezeichnete die Lohnkürzung als «Affront gegen den gewählten Gemeinderat». Der Antrag wurde schliesslich vom Volk abgelehnt.
 
Entscheidung gegen Steuererhöhung
Der zweite Änderungsantrag Gassers, den Steuerfuss bei 42 Prozent zu belassen, fand dagegen breite Unterstützung: 149 Bürger stimmten dafür, nur 55 für den Vorschlag der Gemeinde. Dies führt zu einem Minus von 408 790 Franken im Budget 2025. Trotz Bedenken einiger Bürger wegen der noch anzupassenden Zahlen 
wurde sowohl das Budget mit dem unveränderten Steuerfuss als auch das Investitionsbudget mehrheitlich angenommen.
Ein weiterer Punkt auf der Tagesordnung war die Abstimmung über die Einbürgerung von Maria Cuevas Otero. Für die seit 2007 in der Schweiz und 2017 in Gachnang lebende gebürtige Spanierin stimmten 216 für die Einbürgerung, neun Stimmberechtigte waren dagegen.


Elke Reinauer