Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 24.10.2024

Ach du liebe Zeit

Chnuri

 

 

Es ist wieder so weit. Wir müssen unsere Uhren auf Winterzeit umstellen, und wie jedes Jahr fragt sich der Chnuri: vor oder zurück? Die einen freuen sich über die «geschenkte» Stunde Schlaf, die anderen fluchen über den verkorksten Biorhythmus. Aber mal ehrlich: Gegen das, was früher am Bodensee abging, ist eine halbjährliche Zeitumstellung ein Spaziergang! Stellen wir uns mal kurz die Situation am Bodensee im 19. Jahrhundert vor. Es gab gleich fünf unterschiedliche Zeitzonen! Die Zeit in Konstanz war nicht dieselbe wie in Friedrichshafen, und Lindau tickte sowieso nach Münchner Rhythmus. Wer in die Schweiz übersetzte, musste die Uhr auf Berner Zeit drehen, und wer Vorarlberg ansteuerte, der durfte sich gleich nach der Zeit in Prag orientieren. Kein Wunder, dass Reisende mehr damit beschäftigt waren, ihre Uhren einzustellen, als ihre Reise zu geniessen.
Damals war das Chaos so gross, dass die Bodenseeregion, die gerade als aufstrebende Fremdenverkehrsregion glänzen wollte, plötzlich in der Presse zerrissen wurde. Der Druck wuchs, und so kam es am 17. April 1844 endlich zur grossen «Fahrplankonferenz». Aber bis zu einer einheitlichen Zeitzone rund um den Bodensee im Jahr 1895 mussten die Borduhren noch ständig angepasst werden, und die Passagiere, die den Bodensee überquerten, fühlten sich mehr wie Zeitreisende als wie Urlauber.
Verglichen damit ist die heutige Zeitumstellung geradezu ein Klacks. Klar, die Umstellung bringt uns Jahr für Jahr aus dem Takt, und ja, die Diskussionen um Sinn und Unsinn der Sommerzeit haben mittlerweile Tradition. Aber immerhin ist dann wieder für ein halbes Jahr klar, welche Stunde geschlagen hat. Und eines ändert sich sowieso nie: Solange ich auch trödle, es wird nicht früher.
Ps: In der Nacht auf Sonntag, 27. Oktober 24, wird die Zeit von 3.00 auf 2.00 Uhr zurückgestellt.