Frauenfeld · 02.10.2024
Lage der Forstwirtschaft
Interview mit Bürgerpräsident Max Steiner
Der Tag der offenen Tür des Forstbetriebs der Bürgergemeinde Frauenfeld am Samstag, 14. September, war ein grosser Erfolg, wie die Frauenfelder Woche berichtete. Im Nachgang zum Waldrundgang, der im Rahmen des nationalen Tages der Bürgergemeinden stattfand, stand Bürgerpräsident Max Steiner unserer Zeitung Red und Antwort.
Herr Steiner, Sie sind Präsident der Bürgergemeinde Frauenfeld. Könnten Sie für unsere Leserschaft Ihre Gemeinde kurz vorstellen, die sich ja nicht mit der politischen Gemeinde deckt?
Max Steiner: Ansätze zur Entstehung der Bürgergemeinden gehen zurück bis auf die Zeit der Landnahme durch die Alemannen im Frühmittelalter. Seitdem 1946 die Verleihung des Bürgerrechts von den Bürgergemeinden an die Politischen Gemeinden überging, sind die Bürgergemeinden öffentlich-rechtliche Organisationen zur Verwaltung des sogenannten Bürgerguts geworden. Die Bürgergemeinde wird durch elf Verwaltungsräte geführt. Diese leiten die Betriebe / Stiftungen in drei Unterkommissionen.
Was versteht man unter Bürgergut?
Dieses besteht in Frauenfeld vorwiegend aus Grundbesitz: dem Rathaus mit den angrenzenden Liegenschaften «Alte Sonne», «Gambrinus» und «Holdertor» sowie rund 360 Hektaren Wald, Reben und Kulturland und einigen Flächen im Baugebiet, u.a. dem «oberen Mätteli» bei der Stadtkaserne. Der Bürgergemeinde Frauenfeld obliegt gemäss verfassungsmässigem Auftrag die «Verwaltung des Bürgergutes». Die gegenwärtig rund 880 Mitglieder bestimmen an den Bürgerversammlungen über den Einsatz der Mittel. Sie erhalten aus den Erträgnissen des Bürgergutes eine bescheidene Dividende, den sogenannten Bürgernutzen.
Auf welchen gesetzlichen Grundlagen fussen die Bürgergemeinden in unserem Kanton?
Die Bürgergemeinden sind in der Thurgauer Kantonsverfassung ausdrücklich erwähnt und damit in ihrer Funktion als Verwalterinnen des Bürgergutes verfassungsrechtlich anerkannt und verankert. Dies zeigt die Bedeutung, die man ihnen beimisst, und den Respekt, den man ihnen entgegenbringt. Damit sich die Tradition der Bürgergemeinden nicht verliert, ist es umso wichtiger, dass die Bürgergemeinden auch in Zukunft als starke und gut organisierte Einheiten mit initiativen Personen an der Spitze auftreten. Das Gesetz über die Gemeinden, welches per 1. Januar 2000 in Kraft getreten ist, hat den Bürgergemeinden eine wichtige Auflage gestellt. Es verlangte, dass sich die Bürgergemeinden innerhalb von 12 Jahren so zusammenschliessen, dass pro politische Gemeinde höchstens noch eine Bürgergemeinde besteht, die zudem den Namen der politischen Gemeinde tragen muss.
Wie wird man Mitglied bei der Bürgergemeinde?
Wer Bürger oder Bürgerin der Politischen Gemeinde Frauenfeld ist und in dieser wohnt, kann die Mitgliedschaft und damit das Anteilsrecht der Bürgergemeinde Frauenfeld erwerben.
Bewerber oder Bewerberinnen haben sich für die Aufnahme beim Bürgerpräsidenten zuhanden des Verwaltungsrates schriftlich anzumelden und die Einkaufstaxe zu entrichten.
Welche Bedeutung hat der Wald für Ihre Bürgergemeinde?
Die Bürgergemeinde Frauenfeld hat 363 Hektaren Wald, damit ist sie die drittgrösste Bürgergemeinde im Thurgau, was die Waldfläche betrifft. Die ersten Waldungen stammen vom Kloster Reichenau (Burgerholz), sie wurden bereits um 1250 an die Bürgergemeinde übergeben. Bis circa 1980 konnte der Wald rentabel bewirtschaftet werden, danach erfolgte ein Zerfall der Holzpreise inklusive Waldsterben, wodurch keine oder nur noch eine knappe Kostendeckung gegeben war. Zusätzlich sind seit jeher die Löhne stetig angestiegen, was die Schere zu den Holzpreisen noch deutlicher macht. Heute werden vermehrt Arbeiten für Dritte (Bauplatzrodungen/Fällarbeiten bei Grundeigentümern im Stadtgebiet) ausgeführt. Dort kann eine bessere Kostendeckung realisiert werden.
Welche Konzepte leiten Sie bei der Bewirtschaftung des Waldes, Stichwort Nachhaltigkeit?
Die Bürgergemeinde verfügt über eine Nutzungsplanung, welche in Zusammenarbeit mit dem Forstamt Thurgau erstellt wurde. Vom Grundsatz her darf nur so viel Holz geerntet werden, wie jährlich zuwächst. Die Nutzungsplanung gibt somit die Holzmenge vor, welche jährlich geschlagen werden darf. Parallel dazu sind auch die Waldungen eingeteilt, wo und wann geerntet werden soll und darf, abhängig vom Alter des Waldbestandes und der Entwicklungsfähigkeit. In den letzten Jahren sind die Nutzungen jedoch vielfach durch die Natur bestimmt worden. Sei es durch den Borkenkäfer oder durch die Eschenwelke-Krankheit.
Wie viele Mitarbeitende kümmern sich um den Wald der Bürgergemeinde rund um Frauenfeld?
Aktuell sind drei Forstwarte 100% angestellt, darunter eine Frau, und zwei Lernende im Forstbetrieb.
Erhalten Sie für die Bewirtschaftung Subventionen von Bund, Kanton und Stadt?
Die Waldbewirtschaftung kennt verschiedene Fördertatbestände: Jungwaldpflege, Waldrandpflege, Holzernte und Nachwuchspflege im Schutzwald, Eichenförderung, etc. Je nach ausgeführter Massnahme kann beim Kanton ein Beitrag abgerechnet werden. Dies erledigt der Revierförster für den Waldeigentümer. Im Kantonsbeitrag ist auch der Bundesbeitrag beinhaltet.
Besten Dank, Herr Steiner, für dieses Gespräch.
Thomas Schaffner