Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 03.07.2024

Neubau Durchgangsheim: «Die alten Baracken sind nicht mehr zumutbar»

Die Perergina-Stiftung informiert

Rund 30 Interessierte haben am Mittwochabend den Info-Anlass der Peregrina-Stiftung zum geplanten Neubau des Asylheims an der Häberlinstrasse besucht. Es gab viele Fragen, darunter auch kritische. Gesamthaft war mehr Wohlwollen als Abneigung dem Projekt gegenüber zu spüren. Die bestehenden Gebäude müssen schnell ersetzt werden.

 

 

Auch am Abend nach 20 Uhr fahren an der Häberlinstrasse 19 im Sekundentakt Autos vorbei. Der Lärm der viel befahrenen Strasse übertönt die Rufe der Jugendlichen, die auf dem Rasen hinter dem Durchgangsheim Fussball spielen. Die Abendsonne scheint auf eine friedliche Szenerie: Ein Volleyballfeld ist zu sehen, Pferdewiesen, mehrstöckige Wohnblocks, vor dem Block in direkter Nachbarschaft unterhalten sich Menschen. Das Asylheim mit dem dunklen Holz und den damit kontrastierenden, fröhlichen Blumenkästen sieht gepflegt aus, geradezu heimelig. Von aussen. Dass dieser Schein trügt, daran liess Cyrill Bischof, Präsident des Stiftungsrats der Peregrina und des katholischen Kirchenrates Thurgau, an der Versammlung keinen Zweifel. 


«End of Life», das Ende der Lebensdauer sei für das Asylheim erreicht, liess er die rund 30 Anwesenden wissen, darunter hauptsächlich Menschen aus der Nachbarschaft. «Die alten Baracken sind nicht mehr zumutbar.» 


 


«Ausserordentliches Bauprojekt»


Probleme würden unter anderem technische Auflagen bereiten, beispielsweise diese zur Heizung. Darum hat die Peregrina-Stiftung den Plan gefasst, einen Neubau zu errichten – so schnell, so einfach, so effektiv wie möglich, dass die Bauweise vielleicht sogar als Prototyp für weitere Gebäude dieser Art dienen könne, deutete Stiftungsratspräsident Bischof an. Claudia Jonietz und Michael Helbling vom Architekturbüro «innoraum» präsentierten das Vorprojekt. So ist geplant, das Gebäude nicht zu unterkellern, damit es schneller losgehen kann. Im dreieinhalbstöckigen Gebäude hätten neu 150 Menschen Platz (statt wie bis anhin 100). Angedacht sind Räume mit bis zu vier Betten. Dazu unter anderem eine Dachterrasse, Gemeinschaftsräume, Schulräume, ein Waldzimmer (die Asylsuchenden leisten Arbeitseinsätze im Wald), ein neuer Sportplatz. Der Neubau soll im westlichen Teil der Parzelle entstehen, neben den bestehenden hufeisenförmigen Gebäuden. So können diese weiterhin benutzt werden, bis der Neubau bezugsfertig ist. Der Büropavillon auf der Nachbarparzelle im Norden, die der Evangelischen Kirchgemeinde Frauenfeld gehört, wird dann nicht mehr gebraucht. 


Wenn die Baubewilligung bis zum Frühjahr 2025 erteilt ist, könnte schon im Sommer der Baustart erfolgen, ergänzte Projektmanager Christian Peter. Allzu sehr wollten die Verantwortlichen noch nicht ins Detail gehen. Denn, so Peter, «heute Abend soll der Austausch im Vordergrund stehen.» Er hiess die Anwesenden willkommen, auch kritische Fragen zu stellen oder ihre Sorgen zu äussern. «Was wollen Sie wissen?»


 


Technische Fragen


Am Anfang wurden technische Fragen gestellt. Warum ein Attika-Stock, wenn man doch so viele Betten wie möglich benötigt? Aus baurechtlichen Gründen sei ein kompletter vierter Stock nicht möglich. Wird das Gebäude mit einer Holzkonstruktion gebaut? «Das ist noch nicht sicher», antwortete Architekt Helbling. «Aber unser Ziel», ergänzte Stiftungsratspräsident Bischof. Warum kein Untergeschoss? Weil so schneller gebaut werden kann. «Ausserdem ist es ökologischer», wies Bischof auf die dadurch mögliche Minderung der sogenannten «grauen Energie». Wie wird geheizt?  Wenn möglich mit Fernwärme. Wie viele Parkplätze gibt es? 10 bis 15, für die Mitarbeitenden. 


Kritik kam von der Evangelischen Kirchgemeinde, welche die Nachbarparzelle besitzt. Von einem Alleingang sprach ein Kritiker, dass man von der Katholischen Kirchgemeinde einfach vor vollendete Tatsachen gestellt worden sei. Dass das Land in der Nachbarschaft wertvoll sei und durch diesen «hotelähnlichen Neubau» an Wert einbüsse. Er könne sich hier sozialen Wohnungsbau vorstellen oder ein Verwaltungs- und Begegnungszentrum zur gemeinsamen Nutzung, sagte der Mann. Ins selbe Horn blies ein zweiter Kritiker, der behauptete, auch die Stadt sei vom Vorhaben irritiert, denn: «Wohnraum ist knapp in Frauenfeld.» 


Vom Bauamt habe man grünes Licht bekommen, entgegnete Architektin Jonietz. Dass keine Gespräche stattgefunden hätten, dementierte Stiftungsratspräsident Bischof. Aber er gab zu, dass man mehr hätte reden können. Doch die Zeit dränge. Darum habe es auch keinen Architekturwettbewerb gegeben. Und sowieso: Es handele sich um ein Pilotprojekt, dass man auch nach Fertigstellung weiterentwickeln oder ergänzen könne. 


Befürchtungen, dass durch den geplanten polysportiven Platz zu viel Lärm entsteht, nahm Beat Keller, Leiter Betreuung bei der Peregrina-Stiftung, den Wind aus den Segeln. Neu sollen Mitarbeitende 24 Stunden vor Ort sein, nicht nur während der Bürozeiten. «Ich gehe eher von einer Beruhigung aus», sagte er und erwähnte ähnliche Projekte im Thurgau, wo genau das eingetreten sei. Dann wurde noch gefragt, welche Bewohnerinnen und Bewohner das neue Durchgangsheim bekomme. «Es werden keine ausreisepflichtigen Personen sein», beruhigte Keller. «Sondern Menschen, die hier ankommen wollen.»


Zum Schluss appellierte Stiftungsratspräsident Bischof noch an die christliche Nächstenliebe: Es sei Pflicht, Menschen in Not zu helfen. Jesus habe Gastfreundschaft stets hochgehalten. «Darum bitte ich euch, Ja zu sagen und Verständnis zu zeigen.»  


sbo