Frauenfeld · 22.07.2023
Das pinkfarbene Trikot ist klares Markenzeichen
Am 15. März ist Selina Witzig erst 14 Jahre alt geworden. Die Oberneunfornerin gilt trotzdem bereits als eines der grössten Rad-Talente auf der Bahn in der Schweiz. Ihre Mutter Ramona ist Jury-Präsidentin auf der Rennbahn Oerlikon.

Die bestbekannten Rennen auf der nicht gedeckten Bahn in Oerlikon finden vom 16. Mai bis zum 26. September immer am Dienstag statt. Sofern das Wetter mitmacht. Stets anwesend ist Selina Witzig. Warum? «Diese Bahn zieht mich wie magisch an. Ich geniesse die Rennen hier unheimlich und es macht enorm Spass, dabei zu sein». Viele Besucher kennen das grosse Talent mit der Startnummer 176 vom VC Diessenhofen. Vor allem wegen ihrem pinkfarbenen Trikot, das sie seit drei Jahren stets trägt. Meistens sind es zwei Rennen an einem Abend, aber es können ab und zu auch mehr sein.
Als Mädchen hatte sie es in der Schule nicht immer einfach (Mobbing). Aber sie hat sich durchgesetzt. Mit eisernem Willen. Darum darf die 14-Jährige heute stolz vermelden: «Jetzt lebe ich mein Leben so, wie ich es will, denn ich bin sehr kreativ». Eines will die Schülerin der 3. Sekundarklasse in Ossingen klar festgehalten haben: «Ich gehe wirklich noch sehr gerne in die Schule. Nach Abschluss der «Sek» werde ich eventuell eine Lehre als Polygrafin beginnen». Da kommt es wieder zum Vorschein, ohne überheblich zu wirken, Selina Witzig weiss ganz klar, was sie will.
Schule kommt vor Training
Von einem der grössten Bahn-Talente der Schweiz möchte man natürlich wissen, wie oft Training angesagt ist. Die prompte Antwort kommt sehr diplomatisch: «Das ist sehr unterschiedlich. Jetzt steht das letzte Schuljahr noch klar im Vordergrund». Preis gibt sie dann aber doch, dass sie viel mit ihrem Opi (fuhr früher auch Rennen) auf dem Velo unterwegs ist. Beide geben unabhängig voneinander die gleiche Antwort. Selina meinte: «Auf der Ebene führt der Opi, am Berg ich». Opi Peter macht nur einen Zusatz: «Ich bin immerhin schon 71 Jahre alt gewesen, da geht nicht mehr alles so leicht».
Sieben verschiedene Velos
Weil Selina Witzig eben kreativ ist, trainiert sie zwar am meisten auf der Bahn, ist aber vielseitig unterwegs: «Ich habe insgesamt sieben Velos. Je zwei für die Bahn und für die Strasse, je eines für Bike- und Quer-Rennen. Dann gibt es noch das Schul-Velo, aber das wird jetzt verkauft».
Der Schüler-Cup um die Schweizer Strassen-Meisterschaft umfasst insgesamt elf Rennen. Das letzte war in Märwil und da wurde Selina Witzig Zweite. Ihr Kommentar zu diesem Abschneiden: «Es war halt nicht mein Tag». Da bricht ganz klar der Ehrgeiz durch. Was hat die junge Thurgauerin heuer für Ziele? «Natürlich möchte ich diesen Schüler-Cup wieder gewinnen. Das wäre das dritte Mal hintereinander». Ihr Opi macht einen Zusatz: »Im Jahres-Klassement auf der Strasse liegt sie in der Schweiz hinter vier Jungs auf Platz fünf und ist das bestklassierte Mädchen». Auch das angestrebte Ziel auf der Bahn ist hoch angesetzt: «Bei der Schweizer Meisterschaft im Team-Sprint holten wir letzte Saison Gold. Das möchten wir wiederholen».
Eine ehrgeizige junge Frau setzt sich hohe Ziele und tut alles dafür, sie auch zu erreichen.
Super Team-Zusammenarbeit
Selinas Mutter Ramona Witzig (Bild) ist früher ebenfalls Rennen gefahren. Jetzt geht auf der offenen Radrennbahn in Oerlikon fast nichts ohne sie. Seit 17 Jahren gehört sie zur Jury und seit sechs Jahren ist sie deren Präsidentin. Was hält die Oberneunfornerin so lange bei der Stange? «Ich schätze die Team-Zusammenarbeit hier besonders. Es macht mir auch unheimlich Freude, wenn ich zusehen kann, wie sich die Talente bis hin zur Elite entwickeln».
Die 41-Jährige hat noch ein weiteres hohes Amt: «Seit drei Jahren bin ich bei Swiss Cycling für die Ausbildung der Bahn-Kommissäre zuständig». Wie oft sitzt die Thurgauerin selber noch im Sattel? Sie muss herzlich lachen: «Natürlich ist die Faszination Velo immer noch da, allerdings heute auf einem E-Bike». Ruedi Stettler