Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 18.01.2023

Drei Redner, ein Thema und viele Frage- und Ausrufezeichen

Emotionales Podium zu «Thur+»

Das Konzept «Thur+» sieht vor, dass die Thur im Kanton Thurgau in den nächsten 30 Jahren Korrekturen unterzogen werden soll. Die Ortspartei SVP am Iselisberg lud darum zu einem Podium ins Schulhaus Buch bei Frauenfeld. Über 100 Zuhörerinnen und Zuhörer zeugten davon, dass das Thema Emotionen weckt.

 

 

Geht es nach dem Hochwasserschutz- und Revitalisierungskonzept «Thur+» der Thurgauer Regierung, wird in den nächsten 30 Jahren im Bereich der Thur so einiges baulich verändert. Ziel: Hochwasser soll schadlos abgeleitet, die Sohlenlage stabilisiert und der Flussraum ökologisch aufgewertet werden. Die Umsetzung soll etappenweise stattfinden. An oberster Stelle steht der Hochwasserschutz, geplant ist das Schutzsystem innerhalb der heute bestehenden Dämme. Rolf Maag, Gesamtprojektleiter vom Amt für Umwelt, sagte am Podium letzten Donnerstagabend: «Ziel ist, den natürlichen Verlauf der Thur wo möglich wieder herzustellen.» Er erläuterte das Projekt und machte damit den Auftakt zum Abend mit dem prägnanten Titel «Thur+ oder Thurminus?».

Viel Kritik
Die weiteren Redner waren Toni
Kappeler, Präsident Pro Natura Thurgau, und Alexander Gubler von der IG Unteres Thurtal. Beide äusserten Kritik am Konzept, unterschiedlich scharf und natürlich aus verschiedenen Gründen. Toni Kappeler sprach davon, dass es zu begrüssen sei, den natürlichen Verlauf der Thur wiederherzustellen, aber auch von Gesetzen, die seiner Ansicht nach gebrochen würden und von Beispielen, wie es eben nicht gemacht werden sollte. Ausserdem stellte er klar, dass die Natur, die Thur selbst und die Auen durch die einstigen Thurkorrektionen unzählige Hektaren verloren hätten. Alexander Gublers Kritik war eine Stufe direkter. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis des rund 80 Millionen-Konzepts stimme überhaupt nicht. Der Hochwasserschutz sei heute schon gewährleistet, für die Pumpwerke Wuhr und Thurauen hätten die Massnahmen unvorhergesehene Konsequenzen, die Thursohle sei stabil und auch für ihn seien die gesetzlichen Grundlagen alles andere als gegeben.

Konkrete Fragen
In der Fragerunde kamen diverse Themen zur Sprache. Beispielsweise «Wie soll mehr Wasser in die Thur kommen, wenn sie dereinst breiter wird als heute?», oder «Mit weniger Wasser, werde es für die Fische ja noch schwieriger zu überleben, oder nicht?» Gemäss Rolf Maag würde genau das vorgesehene, breitere Flussbett für mehr Dynamik und damit auch für mehr Abwechslung für die Fische sorgen, was diese benötigen würden. Ziel sei, dass sich die Thur dereinst eigendynamisch ihren Weg im breiteren Bett suchen könne. Das Grundwasser sei übrigens in keinster Weise gefährdet.

Emotionales Plenum
Im Plenum störte sich beispielsweise Kantonsrätin Maja Grunder an der Tatsache, dass die landwirtschaftlichen Nutzflächen kleiner werden würden. Weitere Stimmen kritisierten das Vorgehen des Kantons und vor allem die Nachteile für Landbesitzer und Landwirte. Einige Stimmen taten auch nur ihre eigene Meinung kund und es wurde schnell klar, wie gross die Betroffenheit ist. Das ist auch Gesamtprojektleiter Rolf Maag bewusst: «Es handelt sich um ein gutes Projekt, das Kompromisse eingeht, das aber auch nicht schmerzfrei an allen vorbeiziehen wird». Ihm war aber auch wichtig zu betonen, «dass es sich bisher nur um ein Konzept handelt und die einzelnen Bauprojekte erst noch ausgearbeitet werden und dann den regulären, rechtlichen Weg nehmen müssen». SVP-Kantonalpräsident Ruedi Zbinden ergriff ebenfalls das Wort und kündigte an, wenn die Regierung den Weg vors Volk nicht suche, dann werde es die SVP mit dem Behördenreferendum tun. So oder so, bis wirklich irgendwann die Bagger auffahren, wird noch viel Wasser die Thur hinunter fliessen.

Michael Anderegg