Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 28.12.2022

«Mut für Veränderungen aufbringen»

Stadtpräsident Anders Stokholm zum Jahreswechsel 2022 / 2023

Stadtpräsident Anders Stokholm geht mit Zuversicht ins neue Jahr. In der nach-Corona-Zeit haben Anlässe wie das Mitsommerfest das Miteinander gestärkt und gleichzeitig warten etliche Herausforderungen, weshalb er allen «viel Mut für Veränderungen» wünscht.

 

 

Seit der Aufhebung aller Schutzmassnahmen wegen der Corona-Pandemie per Ende März dieses Jahres hat sich das öffentliche Leben wieder normalisiert. Damit verbunden hat – nach fast zwei Jahren – auch in Frauenfeld einiges wieder an Fahrt aufgenommen.

Anders Stokholm, wie lautet Ihre Bilanz zum Jahr 2022?
Für uns alle geht ein intensives Jahr zu Ende. Anfänglich sahen wir mit dem Ende der Corona-Schutzmassnahmen endlich Licht am Ende des Tunnels. Danach folgte das Trittfassen der Gesellschaft und dann ging es auf politischer Ebene ziemlich rasch wieder Schlag auf Schlag weiter – beispielsweise mit dem Gesamtbild im Rahmen der Stadtentwicklung, dem Markt Thurgau, dem Landkauf am Pflanzschulweg, der Wärme-Abstimmung und auch dem Casino.

Und welches waren die Höhepunkte?
Der Höhepunkt für uns alle war sicher das dreitägige Mitsommerfest im Juni, bei dem die Lebensfreude richtig zu spüren war. Dieses erste grosse Fest nach der Corona-Zeit war einfach nur toll, chapeau! Daneben gab es eine ganze Reihe von grossartigen Anlässen wie die Bildhauer-Woche im Murg-Auen-Park. Für mich persönlich war sicher die Wahl zum Präsidenten des Schweizerischen Städteverbandes ein spezieller Höhepunkt.

Können Sie dieses Präsidium beim Städteverband aus zeitlichen Überlegungen überhaupt seriös ausüben? Immerhin sind Sie ja auch noch Regio-Präsident, Kantonsrat und Fraktionspräsident sowie OK-Präsident des lokalen Tour de Suisse-OKs.
Seit ich 17-jährig bin, habe ich immer mehrere Funktionen gleichzeitig ausgeübt. Zudem gibt es bei Kommunen, Regionen, Kantonen und beim Bund viele Themen mit Schnittstellen – also mit Bereichen, die sich überschneiden. Aus diesem Blickwinkel kann es durchaus von Vorteil sein, sich auf mehreren Ebenen gleichzeitig zu engagieren. Ausserdem ist doch gerade der jüngste Vorschlag des Städteverbandes für Tempo 30 innerorts etwas, was auch Frauenfeld interessieren könnte. Dabei geht es übrigens nicht darum, innerorts überall Tempo 30 einzuführen. Sondern darum, dieses Tempolimit innerorts als Normalfall zu deklarieren, womit Tempo 50 oder Tempo 60 weiterhin möglich wären.

Zurück zur Bilanz des Jahres 2022 – welches waren die negativen Punkte?
Ich hatte natürlich nicht übermässig Freude an der letzten Gemeinderatssitzung, also mit der Erhöhung des Steuerfusses um 2 Prozent statt um 3 Prozent wie vom Stadtrat beantragt. Wir müssen einfach aufpassen, nicht auf Kosten der nachfolgenden Generation zu leben. Wir sollten ein Erbe hinterlassen, das Freude macht und nicht eines, das Sorgen bereitet. Zu den negativen Punkten im Jahr 2022 gehört zudem sicher die Tatsache, wonach zahlreiche Menschen wegen Corona psychische Schäden erlitten haben.

Die Meldung und die nachfolgende Botschaft an den Gemeinderat zum beabsichtigten Verkauf des Casinos hat hohe Wellen geschlagen. Will der Stadtrat das Stadtbild verändern?
Im Unterschied zu manchen ländlichen Gemeinden gehört zu einer Stadt wie Frauenfeld auch immer ein Wandel. Ausserdem gibt es eine Studie, in der unser Bahnhofplatz nicht sehr gut weggekommen ist. Und weil wir ein Kaufangebot erhalten haben für dieses Casino, das in den nächsten Jahren kostenintensiv saniert werden muss, so müssen wir das doch prüfen. Ich bin gespannt darauf, wie der Gemeinderat und dann allenfalls die Stimmbürger zum Verkauf stehen.

Die Finanzlage der Stadt hat sich in den letzten Jahren erheblich verschlechtert. Wie wollen Sie Gegensteuer geben?
Es gibt drei Handlungsebenen: Aufgaben reduzieren, Zentrumslasten abgelten und Steuerfusserhöhung. Wir müssen alle drei Ebenen prüfen. Einerseits überprüfen wir unsere Aufgaben, andererseits zählen wir auf einen neuen Finanzausgleich mit der Abgeltung von Zentrumslasten. Und schliesslich werden wir den Steuerfuss weiter im Auge behalten. Dieser lag im Jahr 1997 ja mal bei stolzen 85 Prozent, wir haben ab nächstem Jahr im Vergleich dazu gerade mal 62 Prozent.

Was geben Sie den Frauenfelderinnen und Frauenfeldern mit ins neue Jahr?
Wir alle gemeinsam stehen weiterhin vor grossen Herausforderungen. Aus diesem Grund wünsche ich allen, dass sie den Mut für Veränderungen aufbringen.

Interview: Andreas Anderegg