Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 24.11.2022

Stadtpräsident verteidigt geplante Steuerfuss-Erhöhung

Stadt Frauenfeld will den Steuerfuss um drei Prozent anheben

Die Anfang November von der Stadt Frauenfeld kommunizierte, geplante Steuererhöhung um drei Prozent wirft Fragen auf. Stadtpräsident Anders Stokholm, der auch Vorsteher des Departements für Finanzen und Zentrales ist, klärt auf, wie sehr diese drei Prozent die einzelnen Bürger betreffen und wie die Ankündigung aufgenommen wurde.

 

 

Anders Stokholm, die Stadt will den Steuerfuss der Politischen Gemeinde um drei Prozent erhöhen. Wie fielen die Reaktionen der Bevölkerung auf diese Ankündigung aus?
Es gab wenige Reaktionen. Einige hatten Verständnis, dass es für den Erhalt unserer guten Infrastrukturen mehr Liquidität braucht. Andere fanden den Zeitpunkt ungünstig.

Drei Steuerprozente klingen im ersten Moment nach viel. Ein Trugschluss?
Ja, viele haben das Gefühl, 3 Prozent mehr Steuern bezahlen zu müssen. Doch der Steuerfuss der Politischen Gemeinde macht in Frauenfeld nicht einmal einen Viertel vom Gesamtsteuerfuss aus.

Klären Sie uns auf, was bedeuten denn diese drei Prozent Erhöhung der Politischen Gemeinde in Bezug auf den Gesamtsteuerfuss genau?
Insgesamt steigt der Steuerfuss in Frauenfeld um 0,37 Prozent für Kirchenmitglieder, 0,39 Prozent für Nicht-Kirchenmitglieder. Vom Gesamtsteuerfuss entfallen aktuell 109 Steuerprozente auf den Kanton, 84 auf die Schulen, 60 auf die Politische Gemeinde, 16 auf die Kirchen, total 269 für Kirchenmitglieder, 253 für Nicht-Kirchenmitglieder. Bei den Schulen soll der Steuerfuss auf 82 sinken, bei der Politischen Gemeinde auf 63 steigen, total gibt dies 270 beziehungsweise 254, eben 0,37 Prozent beziehungsweise 0,40 Prozent.

Per 1. Januar 2022 wurde die vom Kanton erhobene Staatssteuer ja um acht Prozentpunkte reduziert. Erhöht sich die jährliche Steuerlast pro Person also in Wirklichkeit nur minimal?
Ja, das kann man so sagen. Bei Alleinstehenden liegt das durchschnittliche steuerbare Einkommen bei 40 000 Franken, bei Verheirateten bei 80 000 Franken. Die Steuererhöhung bedeutet für den durchschnittlichen Alleinstehenden eine um 15.36 Franken höhere Steuerlast pro Jahr, bei Verheirateten um 30.72 Franken. Wenn man nicht vom durchschnittlichen Steuerzahler ausgeht, sondern vom durchschnittlichen Steuerbetrag pro Person, so ergibt sich wegen der Steuerprogression ein etwas höherer Wert von 26 Franken im Jahr. Im Hinblick auf die Senkung der Staatssteuer auf 2022 hin könnte man aber auch sagen, dass die Steuerlast von 2021 auf 2023 wegen der Senkung des Kantons gesunken ist.

Was für den Einzelnen nach nicht viel klingt, bringt der Stadt auf der anderen Seite aber dringend benötigte Mehreinnahmen?
In Frauenfeld ist 1 Prozent Steuerfuss rund 660 000 Franken wert. Die Erhöhung bringt somit zwei Mio. mehr Steuerertrag. Das brauchen wir für all jene Infrastrukturen, die vor 40 bis 60 Jahren gebaut worden sind und nun saniert oder gar neu gebaut werden müssen.

Seit langem muss der Steuerfuss wieder erhöht werden. Ist der heutige Stadtrat ein Opfer seiner Vorgänger, weil der Steuerfuss in den letzten fünf Jahrzehnten kontinuierlich nur nach unten ging?
Das letzte Mal, als der Steuerfuss erhöht wurde, war 1972 von 80 auf 90 Prozent, damit man das Hallenbad bauen konnte. Seither wurde er gesenkt, das letzte Mal 2012. Unsere Vorvorgänger haben bei hohem Steuerfuss viel investiert, wovon unsere Vorgänger und auch wir bei tieferem Steuerfuss profitieren konnten. Wenn wir diese guten Infrastrukturen und das gute Angebot für die nächsten zwei Generationen erhalten wollen, braucht es wieder viele Investitionen. Dazu braucht es den höheren Steuerfuss. Ich würde darum nicht von Opfer reden, sondern von weitsichtigem Handeln unserer Vorgänger. Diesem Vorbild fühlen wir uns auch verpflichtet.

Sie sprachen eingangs von Rückmeldungen, die den Zeitpunkt der Erhöhung kritisieren. Kommt diese nicht zur Unzeit, jetzt, wo alles teurer wird und die Belastungen gerade auch für Menschen mit knappem Budget zunehmen?
Wir hatten schon auf 2019 hin eine Steuererhöhung beantragt. Damals hiess es, es sei der falsche Zeitpunkt, weil es doch der Stadt so gut gehe. In den letzten zwei Jahren haben wir auf Erhöhungen verzichtet, obwohl wir auch für diese Jahre hohe Defizite budgetiert hatten. Wir wollten die Belastungen durch die Pandemie nicht noch verstärken. Nun sind die Zinsen stark gestiegen. Wenn wir Geld aufnehmen müssen, um für die Investitionen genug Liquidität zu haben, so zahlen wir jetzt Zinsen. Und übrigens: Auf Grund der Steuerprogression zahlen vor allem gut Verdienende überproportional mehr bei einer Steuerfusserhöhung als wenig Verdienende.

Klar ist, die Stadt muss auf Sparkurs gehen. Gibt es schon konkrete Beispiele, wo aktuell und in naher Zukunft der Rotstift angesetzt wird?
Wir haben einige liebgewordene Beiträge im Budget 2023 gestrichen, so zum Beispiel den Beitrag an das Freilichttheater in der Altstadt oder die Bundesfeier bei der Rüegerholzhalle. Als nächstes werden wir unsere Aufgaben analysieren müssen und schauen, ob wir zu allen auch wirklich gesetzlich verpflichtet sind. Wo nicht, werden wir diskutieren müssen, ob wir das aufrecht erhalten wollen.

Kann man bereits vorausschauen, was die für 2024 budgetierte Steuererhöhung um zwei weitere Prozent – Stand heute was den Schulsteuerfuss anbelangt – in einem Rechenmodell bedeuten würde für den einzelnen Bürger und für Paare?
Gemäss der vorher genannten Berechnung für einzelne und für verheiratete Personen würde dies 30.72 oder 61.44 Franken pro Jahr bedeuten.

Interview: Michael Anderegg