Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 07.09.2022

Las Vegas in der Vorstadt

Eldorado für Glücksritter – Spielsüchtige werden weggewiesen

Das Glücksspiel ist zurück in der Vorstadt. Nach dem Aus der beiden Spielsalons wegen des Spielautomatenverbots im Jahr 2005 hat Anker-Gastwirt Silvio «Sivel» Reinhard nun das «Luck-In» eröffnet. Eine neue Gesetzgebung macht’s möglich.

 

 

Zahlreiche Gäste folgten am späten Samstagnachmittag der Einladung zum Eröffnungsapéro für den «Luck-In»-Spielsalon an der Zürcherstrasse 195. Anfangs Mai hatte der Stadtrat die Bewilligung für die Zweckänderung der Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Hauses von der Kioskwirtschaft in einen Spielsalon bewilligt.

Start mit Gratis-Pokerkurs
Zur Eröffnung wurde ein kostenloser Pokerkurs für Anfänger durchgeführt, der von der versierten Fachfrau
Claudia Chinello von der Poker-
academy geleitet wurde und viel Anklang fand. Der Spielsalon in der Vorstadt verfügt über 13 Automaten, zwei geführte Pokertische, eine Ecke für Dart und einen Fussballtisch. Ausserdem gibt’s Sportübertragungen live und im Angebot stehen auch Backgammon-Turniere, Sportwetten, SwissLose und Toto-Lotto-Scheine. Beaufsichtigt wird das «Luck-In» von einem Trio, der Apéro war betreffend Ausschank aber eine Ausnahme. Denn Getränke müssen in Normalbetrieb am Automaten bezogen werden.
Mit dem Spielsalon «Luck-In» nutzt Silvio Reinhard die Möglichkeiten, die mit dem neuen Geldspielgesetz geschaffen wurden (siehe Box). Ein Anliegen ist ihm gleichzeitig die Prävention betreffend Spielsucht.
So wird mit erkennbaren Spielsüchtigen das Gespräch gesucht und ihnen die Anlaufstelle für Spielsuchtberatung empfohlen. Man kann sich aber auch selber sperren lassen, wie es in den Spielcasinos oft vorkommt.

Lange Tradition
Mit der Eröffnung des «Luck-In» in der Vorstadt wird an eine alte Tradition in Frauenfeld angeknüpft. Ein erster Spielsalon entstand anfangs der 70er Jahre im Haus gegenüber des damaligen Restaurants Federal am Kasernenplatz. Später folgten zwei Spielsalons in der Vorstadt – einer direkt neben dem Anker und ein zweiter an der Zürcherstrasse weiter oben in Richtung Regierungsgebäude. Mit dem am
1. April 2000 in Kraft getretenen Bundesgesetz über Glücksspiele und Spielbanken (Spielbankengesetz) wurde jedes Glücksspiel ausserhalb von konzessionierten Casinos dann aber verboten. Für den Betrieb von Glücksspielautomaten, die im alten Spielbankengesetz als Geschicklichkeitsspielautomaten homologiert waren, wurde eine fünfjährige Übergangsfrist gewährt, die am 31. März 2005 ablief.

Es wurde für viele eng
Mit dem neuen Gesetz kamen damals zahlreiche Spielautomatenbetreiber finanziell in Schwierigkeiten. Denn sie mussten Hypothekar-
darlehen zurückzahlen, weil Banken den Wert ihrer Liegenschaften herunterstuften. Besonders eng wurde es dort, wo diese Spielautomatenbetreiber viele Restaurants besassen, um so über viele Automaten-Stellplätze zu verfügen. Gleichzeitig gingen auch – und das ist eine wertfreie Feststellung – unzählige Arbeitsplätze im Unterhaltungssektor verloren.

Andreas Anderegg

Gesetz mit vier Hauptzielen
Die Bevölkerung hatte sich in der Volksabstimmung vom 10. Juni 2018 für dieses Geldspielgesetz ausgesprochen. Die neuen Bestimmungen traten am 1. Januar 2019 in Kraft und sie haben vier Hauptziele:
1. Die Bevölkerung soll angemessen vor den Gefahren geschützt werden, die von Geldspielen ausgehen; dazu zählt insbesondere die Gefahr von exzessivem Geldspiel.
2. Die Geldspiele sollen sicher und transparent durchgeführt werden.
3. Die Reingewinne aus Lotterien und Sportwetten sollen vollumfänglich und in transparenter Weise für gemeinnützige Zwecke verwendet werden.
4. Ein Teil der Bruttospielerträge der Spielbanken wird zugunsten der AHV verwendet.

(aa)