Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 27.07.2022

«Seit Jahren resultierten Nullnummern»

Frauenfeld verliert sein letztes kommerzielles Kino

Das Schlosskino Frauenfeld schliesst per Ende Jahr. Die Kino Weinfelden AG hat den Mietvertrag gekündigt. Geschäftsführer der Kinobetreiberin Conny Schmölder erklärt, wie es zu der Entscheidung gekommen ist und warum es das Schlosskino schon seit Jahren schwer hatte. Ausserdem liegt dem Stadtrat eine Einfache Anfrage zum Thema Schlosskino vor.

 

 

Einst gab es in Frauenfeld drei kommerzielle Kinos: das Schlosskino, das Pax und das Scala. Letzteres schloss im Frühling 1991, das Pax dann im Sommer 2004. Und nun geht auch die Ära Schlosskino wohl zu Ende. «Es war keine leichte Entscheidung, den Vertrag zu künden», sagt Conny Schmölder, Geschäftsführer der Kino Weinfelden AG. Der Grund aber sei einfach: «Seit einigen Jahren, schon vor der Pandemie, schreiben wir kaum schwarze Zahlen. Es resultierten meist Nullnummern. Das war aus wirtschaftlicher Sicht nicht mehr tragbar». Corona habe die Situation dann nur noch verschärft. Ausserdem müssten Investitionen in Technik und Infrastruktur getätigt werden. «Wir haben 2004 eine Totalsanierung vorgenommen. Seither haben wir nur punktuell investiert. Zum Vergleich: In Weinfelden haben wir einen Sanierungsrhythmus von zehn Jahren», erklärt Conny Schmölder. Bereits mit drei Leinwänden gilt man als kleines Kino. Eines nur mit einer einzigen Leinwand wirtschaftlich zu betreiben, sei fast ein Ding der Unmöglichkeit. «Auch wenn wir in Frauenfeld keine Konkurrenz haben, hat es das Kino in der heutigen Zeit nicht leicht», so Conny Schmölder. Denn das Freizeitangebot sei riesig, dazu komme das stetig wachsende Streaming-Angebot. «Man weiss gar nicht mehr, was man schauen soll. Und wenn dann nicht gerade der grosse Blockbuster im Kino kommt, tritt man diesen Gang dorthin gar nicht erst an», so der Geschäftsführer. Und läuft der Film, den man gerade jetzt sehen will, nicht im Kino vor Ort,
«so ist der Weg nach Winterthur, St.Gallen, Schaffhausen oder auch Konstanz nicht weit».

Grosses Kino in Frauenfeld
Für Conny Schmölder ist klar, dass Frauenfeld ein kommerzielles Kino braucht, denn eine Zukunft für die Branche sieht er allemal. Ein Kinobesuch sei mehr als nur einen Film anzuschauen. «Es ist ein Erlebnis mit einem sozialen Faktor. Aus diesem Grund veranstalten wir in Weinfelden ja beispielsweise auch Ladies- und Mens-Nights». Der Standort Frauenfeld sei nicht das Problem, ist der Kinobetreiber sicher. Daher gab es vor elf Jahren auch die Idee, in der Kantonshauptstadt ein grosses Kino mit sechs Leinwänden zu bauen. «Es gab sogar bereits Pläne dafür», sagt er dazu. Entstehen sollen hätte es auf dem Areal des P+R-Gebäudes neben dem Oberen Mätteli. «Die Idee kam im Rahmen der Ankündigung der Übernahme des Kasernenareals durch die Stadt auf. Sieben Jahre war der Neubau ein Thema, es gab Gespräche mit der Stadt. Am Ende verlief die Idee aber im Sand», bedauert Conny Schmölder. Bei der Stadt Frauenfeld kann man sich an das Projekt erinnern. Stadtpräsident Anders Stokholm sagt dazu: «Ja, es gab Gespräche zu diesem Thema. Nur leider war die Planung in Sachen Kasernenareal eine langwierige Angelegenheit, bis die Stadtkaserne nun nächstes Jahr von der Stadt im Baurecht übernommen werden kann. Darum waren wir vor einigen Jahren schlicht noch nicht so weit». Klar ist: Conny Schmölder will das Projekt jetzt nicht mehr aus der Schublade holen. «Die wirtschaftliche Situation hat sich verändert und ich widme mich nun diversen anderen Projekten, weshalb keine Kapazitäten für ein solches Bauunterfangen vorhanden sind», sagt er.

Finanzieller Zustupf?
Weiter zum Thema Schlosskino will sich Anders Stokholm nicht äussern, um nicht einer Antwort auf eine Einfache Anfrage von Andres Storrer vorzugreifen, die dieser kürzlich zur Beantwortung an den Stadtrat eingereicht hat (Kasten). Was aber noch im Raum steht ist der Umstand, dass das Cinema Luna als kulturelle Institution jährlich mit 20 000 Franken von der Stadt unterstützt wird. Wie der Stadtpräsident dazu sagt, sei die Ausgangslage beim von einem Verein geführten Cinema Luna eine andere, als bei einem kommerziellen Kino. Letzteres sei darauf ausgelegt, so viel Publikum wie möglich zu generieren und wirtschaftlich zu sein. Beim Luna ist das anders. Dort stehe auch viel freiwillige Arbeit dahinter. Zudem: «Um einen finanziellen Beitrag zu erhalten, muss auch ein Gesuch dafür eingehen», so Anders Stokholm. Conny Schmölder sagt dazu: «Das war für uns nie eine Option. Wir sind ein Unternehmen und wollen wirtschaftlich Geschäfte betreiben wie jeder andere auch und nicht von Unterstützungsbeiträgen abhängig sein».

Michael Anderegg


Einfache Anfrage zum Schlosskino
Andres Storrer reichte am 6. Juli eine Einfache Anfrage mit dem Titel «Schliessung Schlosskino Frauenfeld» ein. Darin spricht er den Nutzen für die Öffentlichkeit im Vergleich zu herkömmlichen Kunstobjekten an – er nennt als Beispiel die Anschaffung des Kunstwerks «Sündarella» auf der Promenade. Er will vom Stadtrat wissen, wie seine Haltung zur Schliessung des Kinos ist und ob seitens der Stadt das Interesse besteht, den Kinobetrieb aufrecht zu erhalten. In diesem Zusammenhang erfragt er auch allfällige Massnahmen und ob die Stadt von den Betreibern zwecks Lösungsfindung kontaktiert worden seien. Der Stadtrat hat nun drei Monate Zeit, diese Anfrage zu beantworten. 

(mra)