Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 08.06.2022

Frisch vom ersten Ton an

Der Frauenfelder Oratorienchor führte in der Evangelischen Kirche ein Vivaldi-Programm auf und zeigte auf beeindruckende Art, dass er, trotz Zwangspause, nichts verlernt hat.

 

 

Man durfte im Vorfeld schon gespannt sein, wie der traditionsreiche Frauenfelder Oratorienchor denn so nach der zweijährigen öffentlichen Abstinenz in Sachen Auftritte «singen» würde. Denn Corona, das war klar, hatte dem Vokalensemble zugesetzt. Sei es in Sachen aktiven Sängerinnen und Sängern, aber auch bezüglich Leitung. Denn der langjährige musikalische Leiter, Christian Dillig, gab, interimistisch, den Dirigentenstab an den jungen Walliser Chorleiter Cyrille Nanchen weiter, nachdem Dillig noch das Programm, das «Magnifat und Gloria» von Antonio Vivaldi, festgelegt hatte. Zwischen den geistlichen Werken wurde die «Suite für Streichorchester» von Leoš Janácˇek gegeben. Alles beim Alten blieb es in Sachen Orchester, wurde doch schon bei den zurückliegenden Konzerten der Camerata Schweiz zur Zufriedenheit von Aufführenden und Publikum zusammengearbeitet. Als Solistinnen wirkten die Sopranistin Anna Gschwend und der Altus Jan Thomer. Eine kleine solistische Rolle, beim «Laudamus te» des «Gloria» kam auch der Chorsängerin Julia Weber zu, die das eigentlich als Sopransolo gedachte Stück zusammen mit Gschwend sang. An der Orgel spielte der Hauptorganist der Evangelischen Kirchgemeinde Frauenfeld, Christoph Lowis.

Von klanglicher Schönheit
Der Chor mag kleiner und somit auch anfälliger für Ausfälle geworden sein, doch die Sangeslust und -kunst, das war schon nach den ersten Takten deutlich, hat während der Auftrittsabstinenz nicht darunter gelitten. Cyrille Nanchen führte seine Sängerinnen und Sänger von Anfang an straff und schwungvoll zugleich, wobei er aufmerksam darauf bedacht war, Stimmen und Orchester vom Volumen her schön aufeinander auszutarieren. Die agilen Singstimmen waren sehr gut zu vernehmen, das Orchester begleitete sie mit einem transparenten-fluiden Klang aufs Feinste, was dazu führte, dass die Darbietung des «Magnificat» von wohltuender, klanglicher Schönheit war.

Ätherische Färbung, inniger Ausdruck
Eine wunderbare atmosphärische, südliche Wärme versprühte auch das «Gloria». Beim «Gloria in excelsis deo» ergoss sich eine klangliche Festlichkeit im Gotteshaus, die beglückte. Auch die Solo-Parts waren bedacht und klug gewählt. Hier die Sopranistin Anna Gschwend, die ihrer lyrischen Stimme zuweilen eine gleichsam ätherische Färbung verlieh. Dort der Altus Jan Thomer, welcher im weit ausgesungenen «Domine Deus, Agnus Dei», im Wechsel mit dem Chor, mit stimmlicher Festigkeit und innigem Ausdruck aufwartete. Erfrischend, liebenswert und zuweilen sehr heimatverbunden – ein wenig an Dvoraks «Slawische Tänze», mal wieder an ein romantisches Raunen gemahnend, – kam zwischen den Vivaldi-Werken die «Suite für Streichorchester» von Leoš Janácˇek daher, mit der ein weltlicher Kontrast zwischen den Vivaldi-Werken gesetzt wurde. Das Auditorium dankte den Aufführenden am Ende des Konzertes mit einem ebenso langanhaltenden wie auch warmen und verdienten Applaus.

Christof Lampart