Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 18.05.2022

Der Kodex-Abschied weckt Emotionen

Nach 34 Jahren ist Schluss

Es war kein freudiger Anlass am Samstagnachmittag in der Aula des Schulhauses Reutenen. Dennoch war die Stimmung gut und zum Abschied von Kodex fanden alle nur lobende Worte. Denn das Programm hat vieles bewirkt, auch wenn es jetzt nicht weitergeführt werden kann.

 

 

Der Begriff Kodex ist mittlerweile den meisten ein Begriff. Der Verein setzte sich im Bereich der Suchtmittelprävention bei Jugendlichen ein. Das dreistufige Programm für 12- bis 16-Jährige setzte auf Eigenverantwortung, Verzicht und Belohnung mit Medaille oder Urkunde. Aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen und fehlenden Mitteln wurde das Programm nach 34 Jahren am Samstag nun mit der Abschlussfeier beendet (FW vom 13. April).

Unglaubliche Zahlen
Der Mann hinter Kodex war und ist Hubert Ruf. Er hatte Mitte der 80er Jahre eine Idee und setzte diese um. In einem Film wurde den Gästen und Freunden von Kodex in der Aula im Schulhaus Reutenen der Weg dieser Suchtmittel-Prävention aufgezeigt. Was 1988 mit fünf Schülerinnen und Schülern begann, wurde eine Erfolgsgeschichte. Denn bis heute wurden über 49 000 Auszeichnungen an Jugendliche verliehen, die freiwillig ein Jahr auf Suchtmittel verzichtet haben. Und es werden noch einige Auszeichnungen dazukommen, denn die Kodexvereine Frauenfeld, Lauchetal, Aadorf und Degersheim werden ihre in diesem Sommer gestarteten Dreijahres-Programme noch abschliessen. «Es werden also bis im Jahr 2025 noch Kodex-Auszeichnungen verteilt», so Hubert Ruf. Ausserdem wurden auch noch rund 5000 Lebensbäume an etwa 300 Standorten gepflanzt – alle zusammengenommen ergeben eine Fläche von rund 2,5 Mal derjenigen des Rüegerholzwaldes.

Applaus von allen Seiten
Zeitweise zählte die Region Ostschweiz 35 Kodexvereine in 6 Kantonen. «Ich hoffe, dass unser Engagement und unsere Idee in anderen Bereichen Früchte trägt und es auch in Zukunft auf andere Weise Anregungen für Jugendliche gibt, auf Suchtmittel zu verzichten», sagte Hubert Ruf. Nationalrätin Verena Herzog, die gleichzeitig auch Präsidentin des Vereins «Jugend ohne Drogen» ist, sprach in einer kurzen Rede von einem einmaligen Programm, das auf Vertrauen aufbaut. «Das ist etwas, was für Jugendliche und junge Erwachsene wichtig ist und das auch das Selbstvertrauen stärkt», erklärte sie. Es sei für sie eigentlich fast unvorstellbar, jetzt von so einer guten Sache Abschied nehmen zu müssen. Sie hob auch das aussergewöhnliche freiwillige und ehrenamtliche Engagement hervor, allen voran von Hubert Ruf. Selbes tat auch Regierungsrat Urs Martin: «So ein langer Einsatz ohne finanziellen Hintergrund ist in der heutigen Zeit keine Selbstverständlichkeit und dem gebührt grosser Respekt und auch der Dank der Regierung».

Ein Dank an alle
Hubert Ruf bedankte sich seinerseits bei allen freiwilligen Helfern und seinem Stiftungsrat über all die Jahre: «Ohne diese breite Unterstützung und natürlich auch die Vertreter der einzelnen Vereine wäre dieser Erfolg nie möglich gewesen. Es geht hier heute nicht um mich, sondern um die gute Sache und die vielen, freiwilligen Helfer». Besonders hervorgehoben hat er Sekretärin Gaby Baumann, die bereits seit 1992 mit dabei gewesen ist. Anschliessend wurde auf dem Schulhaus-Areal eine Kodex-Eiche gepflanzt, die auch eine spezielle Plakette zur Erinnerung trägt.

Michael Anderegg



Meilensteine Kodex
1988: Start mit 5 Jugendlichen
1992: Gründung Kodex Thurgau
1994: Pflanzung der ersten 32 Lebensbäume
1999: Kodex Stiftung gegründet
2007: 10 000. Auszeichnung verliehen
2014: 25 000. Auszeichnung verliehen
2010–17: 26 neue Kodex-Vereine werden gegründet
2018:   40 000.   Auszeichnung verliehen
2019: Entscheid gefällt, Kodex auslaufen zu lassen