Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 13.04.2022

Kodex wird Opfer seines Erfolgs

Am 14. Mai wird eine 34-jährige Erfolgsgeschichte abgeschlossen

Am 14. Mai geht in Frauenfeld eine einmalige Erfolgsgeschichte in der Suchtmittelprävention zu Ende - die Abschlussfeier des dreistufigen Programms für 12- bis 16-jährige Schüler ist zugleich der finale Anlass. Grund sind gesellschaftliche Veränderungen und es fehlen die Mittel, um der prosperierenden Entwicklung mit der nötigen Professionalisierung begegnen zu können.

 

 

Der Hinweis auf der Einladung zur diesjährigen Abschlussfeier hat es in sich. «Nach 34 Jahren schliessen wir unser dreistufiges Programm zur Suchtmittelprävention für 12- bis 16-jährige Jugendliche mit einem attraktiven Anlass ab», heisst es darin. Hinter diesem Hinweis verbirgt sich auch eine gewisse Wehmut des Initianten der Kodex-Idee, dem pensionierten Sekundarlehrer Hubert Ruf. Dies ist bei einer Rückfrage aus seinen Worten herauszuhören.

Aus Südamerika mitgebracht
Er, der die Idee vom dreistufigen Suchtmittel-Präventionsprogramm in der zweiten Hälfte der 80er Jahre von einem Auslandaufenthalt in Südamerika mitgebracht hatte, rennt nahezu seit der Gründung des allerersten Kodex-Vereins damals in Frauenfeld dem Geld nach. Denn Rufs Idee, Jugendliche für einen jahreweisen Verzicht auf Suchtmittel – Alkohol, Tabak, Drogen und den Missbrauch von Medikamenten – mit einer Medaille (Gold, Silber, Bronze) und einer Baumpflanzung zu beschenken, ist ein absoluter Hit. Das kostet aber auch Geld.
Denn die Idee hat immer grössere Kreise gezogen und es kamen laufend neue Anfragen zur geografischen Ausweitung des Einzugsgebiets herein. Aktuell gibt es in der ganzen Ostschweiz bis nach Winterthur insgesamt 35 Kodex-Vereine. Sie sind alle unter dem Dach der Kodex-Stiftung, die im Jahr 1999 mitunter zwecks Stabilisierung der Finanzen gegründet worden war.
Es fehlt finanzielle Stabilität
Über die Jahre hinweg konnten auch immer wieder Geldspenden verbucht werden. Diese wurden bedarfsgerecht eingesetzt und damit die von Schulen und Eltern gewünschte Expansion finanziert. Auch gab es Beiträge der Kantone Thurgau, Schaffhausen und St. Gallen, allerdings in beschränktem Umfang. Offensichtlich investiert man lieber permanent viel Geld in die Folgen von Suchtmittelmissbrauch, statt in die Prävention. Dabei könnte eine wirtschaftlich gut abgestützte und griffige Suchtmittelprävention mit grosser Wahrscheinlichkeit einiges verhindern. Zudem sind auch immer weniger Leute bereit, sich ehrenamtlich in Vereinen zu engagieren – und damit auch in Kodex-Vereinen.

48 364 Jahre freiwilliger Verzicht
In den letzten über drei Jahrzehnten bis heute wurden 48 364 Medaillen an Jugendliche verliehen, die jede für ein Jahr mit freiwilligem Suchtmittelverzicht steht. Selbstverständlich dürften Jugendliche vereinzelt auch schon mal «gesündigt» haben und damit das Kodex-Versprechen gebrochen – geschadet haben sie freilich nur sich selbst und sonst niemandem.

Andreas Anderegg