Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 29.12.2021

«Müssen das Miteinander stärken»

Stadtpräsident Anders Stokholm zum Jahreswechsel 2021/2022

Stadtpräsident Anders Stokholm strahlt beim Jahreswechsel 2021/2022 trotz schwierigem Umfeld Zuversicht aus: Ein coronabedingtes Auseinanderdriften gelte es zu verhindern und stattdessen das Miteinander zu stärken. Denn in der Gemeinschaft liegt das Potenzial, die schwierige Situation zu meistern.

 

 

Anders Stokholm, wie lautet Ihre Bilanz zum Jahr 2021?
2021 war ein durchzogenes, aber auch ein intensives Jahr. Nach aussen am Prägnantesten war sicher der Start der Arbeiten für den Hallenbad-Neubau. Daneben wurde auch planerisch viel geleistet – wobei ein Fokus auf der Neunutzung der Stadtkaserne lag, respektive liegt. Hinzu kommen laufende Projekte wie der Murgbogen und die Quartierentwicklung. Allerdings sorgten die Auswirkungen des Corona-Virus aus bekannten Gründen für erschwerte Rahmenbedingungen. Unerfreulich ist daneben die finanzielle Situation, was auch die Budgetdebatte im Gemeinderat aufgezeigt hat. Somit wäre es unehrlich, von einem ausgezeichneten Jahr 2021 zu sprechen.

Was war für Sie besonders positiv?
Hier komme ich gerne noch einmal auf das Hallenbad zurück. Dass wir hier loslegen konnten, ist sehr erfreulich, schliesslich ist das ein Projekt für die nächsten 50 Jahre. Ausserdem konnten trotz Corona einige grössere Veranstaltungen mit schönem Erfolg durchgeführt werden ­– selbstverständlich mit Schutzmassnahmen. Das fängt bei der Tour des Suisse an und geht über den Pferderenntag bis hin zum Herbstfest und den Weihnachtsmarkt. Daneben sind es aber immer wieder kleine Dinge, die grosse Freude machen. So kommt es beispielsweise auch schon mal vor, dass sich Einwohnerinnen und Einwohner mit einem «Schöggeli» für die Arbeit bedanken. In Zeiten von generellem Distanzhalten sind solche Dinge dann schon sehr bewegend. Positiv war für mich ausserdem eine Diskussion mit zwei Impfgegnern, die trotz gegenteiliger Ansichten in freundschaftlicher Atmosphäre stattgefunden hat.

Welches waren die besonders negativen Aspekte?
Neben den vielen Absagen von Veranstaltungen wie etwa die Openairs gehört sicher auch das Thema «Wahlfälschung» dazu. Und wie gesagt, die finanzielle Entwicklung bereitet uns Sorgen.

Was wird das Jahr 2022 bringen?
Coronabedingt wird das neue Jahr so beginnen, wie das alte aufhört – also mit abgesagten Veranstaltungen. Dann aber stehen mehrere grössere Anlässe auf dem Programm, wie zum Beispiel das Mitsommerfest im Juni. Daneben ist einiges in der Pipeline. Dazu gehören Abstimmungen zur Umsetzung von Verkehrsprojekten im Rahmen des Agglomerationsprogramms und von Projekten im Energiebereich im Hinblick auf die Energiestrategie 2050. Gerade im Energiebereich ist unglaublich vieles im Fluss. Hier dürfen wir keine Energie-Option ausschliessen, vielmehr geht es darum, einen sinnvollen Mix zu finden. Wir von der Stadt sind mit Thurplus allerdings ein kleiner Player und können ohnehin kein «Sonderzügli» fahren.

Was ist der Stand der Dinge beim Projekt «Markt Thurgau» in der Stadtkaserne?
Hier hoffe ich, dass das Projekt vorangetrieben werden kann und die Volksabstimmung positiv ausgeht. Dann wären wir bei der Übernahme der Stadtkaserne im Jahr 2023 bereit, gleich mit einer Neunutzung zu starten. Dass sich hier auch ein Verein in die Planung der künftigen Nutzung einbringt, ist übrigens nicht störend. Im Gegenteil – das Projekt ist so umfangreich, dass es Sinn macht, möglichst viele Meinungen zu haben.

Wird die Stadtkaserne auf dem Weg zur Neunutzung eine permanente Baustelle sein ­– schliesslich ist ja nicht zu erwarten, dass alles auf einen Schlag umgebaut werden kann?
Nein, ich gehe von einem laufenden Umnutzungsprozess aus. Das heisst, es wird in einzelnen Teilen der Liegenschaft temporäre Nutzungen geben, die zur Belebung des Areals beitragen werden. Dieses Vorgehen hat sich an anderen Orten bewährt – beispielsweise auf dem Sulzer-Areal in Winterthur. Dabei spielt es übrigens keine Rolle, dass die Stadt das Areal nur im Baurecht übernehmen und nicht kaufen kann. Denn je allgemeiner und öffentlicher die Nutzung, umso tiefer wird der Baurechtszins ausfallen. Schliesslich hat die armasuisse als Eigentümerin ja Interesse, dass der Stellenwert des Areals erhalten bleibt.

Was geben Sie den Frauenfelderinnen und Frauenfeldern ins neue Jahr mit?
Es ist der Wunsch, einander nahe zu bleiben und gleichzeitig das Miteinander zu stärken. Wir müssen um jeden Preis ein Auseinanderdriften verhindern, denn in der Gemeinschaft liegt die Stärke, schwierige Situationen zu meistern. Um noch einmal auf die Budgetdebatte sprechen zu kommen: Entsprechend erfreulich war der Verlauf der Gemeinderatssitzung, weil der Wille zur gemeinsamen Lösungsfindung trotz kontroverser Meinungen auf breiter Ebene festzustellen war.

Interview: Andreas Anderegg