Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 10.11.2021

Nobelpreisträger aus Frauenfeld

Walter Rudolf Hess wurde vor 140 Jahren in Frauenfeld geboren

Nicht jede Stadt kann sich rühmen, einen Nobelpreisträger hervorgebracht zu haben. Frauenfeld kann das. Er heisst Walter Rudolf Hess und wurde vor 140 Jahren in unserer Stadt geboren. Sein Vater, Clemens Hess, unterrichtete Physik an der Kantonsschule und war ein Experte für Wetterkunde. Er unterstützte die Stadtbehörden aber auch bei der Einführung der Elektrizität, hielt Vorträge und half, die erste Röntgenstation im damals neuen Spital im Talbach einzurichten.

 

 

Walter Rudolf Hess wurde am 17. März 1881 geboren und erbte wohl das Interesse an den Naturwissenschaften von seinem Vater, von der aus Sachsen stammenden Mutter dazu Selbstdisziplin und eine gewisse Strenge. Nach der im Jahr 1900 bewiesenen Maturität wandte er sich in Lausanne dem Studium der Medizin zu, weitere Semester führten ihn nach Bern, Berlin, Kiel. In Zürich bestand er 1905 das Staatsexamen. Seine Dissertation über die «Viscosität [die Zähflüssigkeit] des Blutes» schrieb er während einer Assistentenzeit im Kantonsspital Münsterlingen. Nach einer Weiterbildung zum Augenarzt eröffnete er 1908 eine eigene Praxis in Rapperswil. 1909 heiratete er die Frauenfelder Arztgehilfin Louise Sandmeyer, die ihm lebenslang zur Privatsekretärin und «Tippmamsell» wurde.
Den jungen Arzt zog es aber wieder zurück an die Universität, zurück zur Forschung. An der Universität Bonn vertiefte er seine Erkenntnisse zum Blutkreislauf.

Ordinarius in Zürich
Im Herbst 1917 berief ihn die Zürcher Regierung als Ordinarius für Physiologie oder Medizin an ihre Hochschule. Dies dankte er der Universität, indem er ihr sein ganzes Forscherleben schenkte. Er wurde bald als begeisternder, strenger und manchmal auch ungeduldiger Lehrer bekannt und anerkannt. Und im Physikgebäude an der Rämistrasse 69 konnte er sich mit seinem Team in die Themen «Hirnareale, vegetatives Nervensystem, Kreislauf, Sinn des Schlafs» vertiefen. Dazu wandte er auch Tierversuche an Katzen an. Sein abgerichteter Papagei, der bei passender Gelegenheit «Guten Appetit» schrie, begleitete ihn gelegentlich sogar zur Arbeit. Über 20 Jahre protokollierte eine Mitarbeiterin die Resultate seiner Hirnversuche, die schliesslich in der Elektroenzephalographie (EEG) mündeten.
Mit 68 Jahren wurde ihm 1949 der Nobelpreis für Physiologie oder Medizin zugesprochen. Er war der dritte Schweizer Arzt, dem diese Auszeichnung zuteil wurde.
Sein Lebenswerk hat Zürich zu einem Zentrum der Hirnforschung gemacht.

Ausklang im Tessin
1967 verliess das Ehepaar Hess Zürich und zog samt Papagei ins Tessin nach Ascona. Dort starb Walter Rudolf Hess am 12. August 1973.
In Rapperswil erinnert eine Ehrentafel an seinem ehemaligen Praxishaus an den Preisträger. In Frauenfeld kennt man zwar einen Kappeler-Weg, eine Alfred-Huggenberger-Strasse und eine General-Weber-Strasse. Wie wär’s aber mit einer Walter-Rudolf-Hess-Strasse? Er hätte es verdient.

Angelus Hux