Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 25.08.2021

Das macht Lust auf mehr

Höhere Aufenthalts- und Lebensqualität dank Begegnungszone in der Innenstadt

Die Begegnungszone im Stadtzentrum von Frauenfeld hat eine spürbare Aufwertung der Lebens- und Aufenthaltsqualität gebracht – die während vielen Jahren totgesagte Altstadt ist zu neuem Leben erwacht. Vor allem an den verkehrsfreien Samstagen ist sie bei schönem Wetter ein Magnet und das macht Lust auf mehr.

 

 

Allerdings halten sich nicht alle an dieses Zufahrtsverbot an Wochenenden, weshalb drei Mitglieder des Gemeinderats – Michael Pöll (Grüne), Anita Bernhard Ott (CH) und Roman Fischer (Grüne) – in einer Einfachen Anfrage unter anderem den Einbau von technischen Einrichtungen anregten, um die Zufahrt zur Begegnungszone zu regulieren. Davon hält der Stadtrat freilich wenig. Seit dem 30. April 2021 werden jedes Wochenende durch die Securitas zwei Absperrgitter mit Fahrverbotstafeln in den Fahrbereich vor der katholischen Kirche gestellt. Diese Zwischenlösung wird bis auf Weiteres beibehalten, heisst es in der Beantwortung weiter.

Wie viel Verkehr?
Mit ihrem parlamentarischen Vorstoss haben die drei Ratsmitglieder ein interessantes Thema angesprochen, schliesslich sind Altstadt und Verkehr in Frauenfeld seit vielen Jahrzehnten gewissermassen Verbündete – denn das eine kommt ohne das andere nicht aus. Allerdings scheiden sich die Geister bei der Menge des Verkehrs – den einen gibt’s zuviel Verkehr, andere möchten möglichst viel Zufahrt. Dabei berücksichtigt eine Begegnungszone vom Grundsatz her beide Seiten: Einerseits stellt die Höchstgeschwindigkeit 20 Stundenkilometer eine erhebliche Tempobeschränkung dar, andererseits haben Fussgänger den Vortritt. Dabei ist eine Begegnungszone mit Tempo 20 nicht attraktiv für jenen Verkehr, der nicht ein Ziel in dieser Zone anfahren muss. Deshalb verzichtet er wegen der längeren Fahrzeit auf eine Durchfahrt.

Potenzial für grosse Begegnungszone
Die Altstadt ist zentraler Teil einer Innenstadt, die über das Potenzial für eine grosse Begegnungszone verfügt. Allerdings braucht es dazu für den LKW-Verkehr eine zentrumsnahe Umfahrung, schliesslich wird der Schwerverkehr nicht freiwillig längere Routen fahren. Denn dadurch steigen die Kosten wegen der LSVA – also die Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe. Zudem wird man Kostenträgern kaum das Befahren «ihrer» Strassen verbieten können, schliesslich wird mit dieser LSVA mitunter das Strassennetz finanziert.

Fehlende Verbindung
Man darf gespannt sein, wie sich das Thema Altstadt – und auch Innenstadt – und Verkehr entwickelt und ob irgendwann einmal das «Ei des Kolumbus» gefunden wird. An der «Grosswetterlage» im Verkehrsnetz wird sich freilich nichts ändern. Derweil es in Frauenfeld zwei grosszügig ausgebaute Ost-West-Verbindungen gibt – die Bahnhofstrasse und die Autobahn A7 am Stadtrand – fehlt eine gut ausgebaute Nord-Süd-Verbindung. Dabei ist die St. Gallerstrasse erst noch eine hoch frequentierte Hauptachse. Deshalb sind Lösungen gefragt.

Zum Flanieren und Geniessen
Zuletzt hatte sich der Stadtrat für einen Tunnel zwischen Schweizerhofkreisel und St.Gallerstrasse/Marktplatz ausgesprochen. Ein anderes Projekt, das im Jahr 2007 an der Urne knapp gescheitert war und die Stadt netto 11,5 Mio. Franken gekostet hätte, beinhaltete einst eine Verbindung zwischen Altwegkreisel und St.Gallerstrasse/Höhe Walzmühle – die Einweihung war vier Jahre später, für Ende 2011, vorgesehen!
Bei jenem Projekt war damals in einem zweiten Schritt die Erstellung einer Begegnungszone in der Altstadt geplant. Trotz Nein zum Verkehrskonzept wurde diese Begegnungszone im Jahr 2015 dennoch realisiert und sie ist eine Erfolgsgeschichte. Denn es ist Leben zurückgekehrt in diese Strassenzüge – die Altstadt ist ein Ort zum Flanieren und Geniessen geworden. Ein weiterer Ausbau dieser Begegnungszone dürfte wegen des grossen Verkehrsaufkommens aber auf sich warten lassen.
Vielleicht würde es sich lohnen, das Strassenprojekt von damals noch mal aus der Schublade zu holen. Zumal dieses schon weit fortgeschritten war und zügig hätte vorangetrieben werden können. Auf jeden Fall war es weiter, als es alle jetzigen Projekte sind und ein Baubeginn wäre mit grösster Wahrscheinlichkeit auch absehbar. 

Andreas Anderegg