Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 11.08.2021

Stefan Küng war einer Olympia-Medaille am nächsten

Gleich mehrere Thurgauer Sportler aus dem Einzugsgebiet der Frauenfelder Woche kehrten enttäuscht von den Olympischen Sommerspielen in Tokio zurück.

 

 

Die Reitprofis Martin Fuchs (Wängi) und Steve Guerdat (Elgg) bekamen gleich zweimal erfolglos eine Chance auf Edelmetall (Einzel und Team). Fuchs legte in der Qualifikation mit Clooney einen Nullfehlerritt hin und erreichte sicher die Top 30. Im Final war er erneut auf einem starken Clooney sehr gut unterwegs und blieb bis zum zweitletzten Hindernis fehlerlos: «Dann habe ich die falsche Entscheidung getroffen und so mein Pferd grausam im Stich gelassen. Es war klar ein Reiterfehler». Die Folge dieses Missgeschicks war, dass auch am letzten Hindernis eine Stange fiel. Als 16. verpasste der Europameister und Zweite der Weltrangliste das Stechen. Aus der Traum von einer Olympiamedaille im Einzel.

Guerdat nicht im Final
Völlig überraschend in der Entscheidung gar nicht dabei war der Olympiasieger von London 2012, Guerdat. Auf Venard de Cerisy kassierte er vier Strafpunkte und war danach nur noch Zuschauer. Die Nummer drei der Weltrangliste verpasste den Final der besten 30 allerdings nur um einen Rang.
Im Teamspringen schaute mit Platz fünf und satten 28 Strafpunkten wenigstens ein olympisches Diplom heraus. Doch die Erwartungen waren natürlich weit höher. Aber weder Martin Fuchs (acht Punkte) zum Auftakt, noch Steve Guerdat (4), oder Olympia-Neuling Bryan Balsiger mit sogar vier Abwürfen, erreichten nur annähernd ihr normales Potenzial.
Im Stabhochsprung scheiterten die Andelfingerin Angelica Moser (Turnfabrik Frauenfeld) und die Homburgerin Andrina Hodel (LC Frauenfeld) bei regnerischem Wetter und schwierigen Bedingungen bereits in der Qualifikation. Für die sichtlich geschockte Moser («Bin mega enttäuscht über dieses Ergebnis») bedeuteten nach gemeisterten 4,40 die 4,55 Endstation. Für die Olympia-Newcomerin Hodel als jüngste aller Teilnehmerinnen war nach übersprungenen 4,25 bei 4,40 Metern Schluss. Im zweiten Versuch flog sie zwar über die Latte, touchierte diese aber beim Herunterfallen doch noch. «Die Spiele waren trotzdem ein unbeschreibliches Erlebnis und ich konnte auf höchster Stufe wertvolle Erfahrungen sammeln», meinte die 21-Jährige.

Riesenpech für Stefan Küng
Radprofi Stefan Küng musste von der gesamten Schweizer Delegation die absolut bitterste Pille schlucken.
0,4 Sekunden fehlten als Vierter im Zeitfahren nach 44 Kilometern und fast einer Stunde Fahrzeit zu Bronze. Und auch lediglich drei Sekunden zu Silber. Mit einer guten Sekunde mehr, wäre er aber auch nur Fünfter geworden. Also eine superenge Angelegenheit zu ungunsten des Thurgauers. Logisch, dass der Frauenfelder noch im Zielraum nicht gesprächig war: «Das ist sehr hart. Das muss ich sofort abhaken, sonst habe ich eine Woche lang schlaflose Nächte».

Bissegger als Zugpferd
Mit dem Bahnrad-Vierer wollte der Felbener Stefan Bissegger Schweizer Rekord fahren und so um die Medaillen mitreden. In der Qualifikation wurden die Schweizer mit einer mässigen Zeit aber lediglich Achte und Letzte. In teils neuer Besetzung (aber immer mit Bissegger) gab es zwar auch gegen Australien eine klare Niederlage, aber mit Schweizer Rekord. Im Duell um Platz sieben war Grossbritannien klar schneller.

Heidi Diethelm verpasst Final
In Rio vor fünf Jahren überraschte Heidi Diethelm Gerber mit dem Gewinn von Bronze mit der Sportpistole. Diesmal klappte es für die Mär-stetterin nicht wunschgemäss, sie verpasste den Final der besten Acht klar. Nun konzentriert sich die 52-Jährige auf ihren neuen Job als Schweizer Nationaltrainerin und auf die Aufgabe als Botschafterin für das Thurgauer Kantonale 2023.
In Tokio als möglicher Ersatz mit dabei war auch BMX-Fahrer Cédric Butti. Der junge Herdemer kam als U23-Europameister aber nicht zum Einsatz. Jetzt freut er sich auf die Weltmeisterschaft bei der Elite Ende August im holländischen Papendal. Gut möglich, dass dem 22-Jährigen da ein Exploit gelingt.

Ruedi Stettler


Historische Bronze
Vor 17 Jahren wehte auf dem Türmchen der Kantonsschule Frauenfeld plötzlich die Flagge mit den fünf Olympischen Ringen. In Athen hatten der Frauenfelder Patrick Heuscher und der Winterthurer Stefan Kobel die Bronzemedaille im Beachvolleyball gewonnen. Es war die erste Auszeichnung in diesem Sport für die Schweiz überhaupt.
Jetzt ist in Tokio erneut Historisches passiert. Anouk Vergé-Dépré (sie spielte bis zu deren Rücktritt mit der Amriswilerin Isabelle Forrer) und Joana Heidrich haben ebenfalls mit Bronze erstmals für die Schweiz Edelmetall bei den Frauen geholt. 
(rs)

13 Medaillen
Nach den sieben Medaillen (3/2/2) vor fünf Jahren in Rio lautete die Vorgabe für die Schweizer Delegation in Tokio: Sieben plus. Herausgeschaut haben sagenhafte 13 (3/4/6). Das ergab Rang 24 im Medaillenspiegel. Dazu kamen noch 23 Diplome.
Zu diesem Grosserfolg trugen gleich zehn Frauen bei. Allen voran die «goldenen» drei Belinda Bencic (sie holte im Tennis-Doppel mit Viktorija Golobic auch noch Bronze), Nina Christen (Gewehr 50 Meter und Bronze über 10 Meter) sowie Mountainbikerin Jolanda Neff. In London 2012 gab es lediglich vier (2/2/0) Medaillen.
(rs)