Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 23.06.2021

100 Jahre Festhütte

Die berühmteste Halle Frauenfelds hat Geburtstag

Es war der Sommer 1921, als die Festhütte Rüegerholz erbaut und eingeweiht wurde. Der erste Anlass darin war am 26./27. Juni das kantonale Sängerfest. Seither hat sich vieles an und um die Festhütte getan, aber sie hat 100 Jahre überlebt. Die Zukunft der Festhalle Rüegerholz – wie sie heute genannt wird – ist derzeit nicht zum ersten Mal ungewiss.

 

 

Die Festhalle Rüegerholz gehört zu Frauenfeld wie das Rathaus oder die Grosse Allmend. Egal ob Sportanlässe, Konzerte, Fasnacht, Partys oder Volksfeste – in der altehrwürdigen Halle fand schon so manch eine Veranstaltung statt. Vor exakt 100 Jahren wurde die Festhalle mit dem kantonalen Sängerfest eingeweiht. Am selben Datum in diesem Jahr wird die Halle leer bleiben. Das ist aber dennoch der richtige Zeitpunkt, um auf die bewegte Geschichte der Holz-
halle zurück zu blicken.

Ursprünge
Die 1919 vollzogene Stadtvereinigung verlieh dem politischen und gesellschaftlichen Leben der Stadt damals neuen Schwung. Frauenfeld wollte sich nach aussen stärker als Kantonshauptstadt positionieren. Dabei spielte die Durchführung von kantonalen und eidgenössischen Festen eine wichtige Rolle. Das Thema Festhütte ins Rollen brachte die Bewerbung des städtischen Gesangvereins für die Durchführung des Thurgauischen Kantonalsängerfests 1921. Bei einer grossangelegten Aussprache von Behörden und örtlichen Vereinen wurde damals schnell klar, dass es nicht genüge, die bestehende Festhütte im Stadtgarten (Baujahr 1890) provisorisch zu erweitern. «Die Rufe nach einer permanenten, grossen Halle waren laut und wurden schliesslich auch erhört», sagt Stadtarchivar
Stephan Heuscher.

Für Diskussionen gesorgt
Der Gemeinderat war damals geteilter Meinung, auch wegen den hohen Kosten. «Der damalige Gemeindeammann Karl Halter aber war Feuer und Flamme für das Projekt und so wurde es in die Gemeindeversammlung getragen, wo es zwar für grosse Diskussionen sorgte, am Ende aber angenommen wurde», erzählt Stephan Heuscher. Das Ja galt dem Projekt der Architekten Brenner & Stutz für ein riesiges Gebäude aus Holz mit Platz für 1500 Personen im Rüegerholz.

Kurze Bauzeit
Nach diesem Ja am 6. März 1919 wurde das für diese Zeit revolutionäre Bauwerk mit freitragendem Dach – dank horizontalen Holzträgern – und ohne sichtbare Stützen in nur gerade drei Monaten erstellt. Kostenpunkt: 175 000 Franken. Schon bald nach der Inbetriebnahme zeigte sich aber, dass die Festhütte bei weitem nicht so oft genutzt wurde, wie erhofft und betreffend Amortisation benötigt. Es ging sogar so weit, dass die Garanten-Genossenschaft bestehend aus Vereinen, Privatpersonen und Firmen in eine Krise schlitterte und deren Präsident 1925 den Rücktritt gab. Die Vereinigung schlief ein und wurde 1944 nach einer finanziellen Sanierung aufgelöst. «Die Festhütte aber überlebte, wurde ab den 30er Jahren mehr wahrgenommen und bewährte sich», erklärt Stephan Heuscher. Mit ein Grund für das Überleben der Festhütte war die Tatsache, dass man neue Möglichkeiten zur Nutzung suchte und fand. Beispielsweise durch Autoausstellungen oder die Armee, die die Halle jährlich während sieben Monaten als Einstellraum für ihre Fahrzeuge nutzte.

Umbau zur Mehrzweckhalle
1957 war im Gemeinderat kurzzeitig eine Verlegung der Halle auf die Sportanlage Kleine Allmend ein Thema, um sie vermehrt sportlich zu nutzen. Der Stadtrat stellte sich wegen der angespannten, finanziellen Situation gegen dieses Unterfangen, weshalb die Motion mit dem Vorschlag dann schliesslich auch zurückgezogen wurde. Eine gewichtige Änderung erfuhr die Festhütte dann 25 Jahre später 1982, als sie für 1,68 Millionen Franken zur modernen Mehrzweckhalle um- und ausgebaut wurde. Seither wird sie Festhalle Rüegerholz genannt und nicht mehr Festhütte. Vorausgegangen war der umfangreichen Sanierung ein zweijähriger Benutzungsstopp, weil statische Prüfungen Verschiebungen in der Trägerkonstruktion zum Vorschein brachten. Seit dem Ausbau fasst die Festhalle 3500 Personen.

Betrieb aufrechterhalten
2009 wurde für die Festhalle ein Investitionsstopp verfügt. Dies in Zusammenhang mit einer Machbarkeitsstudie und dem Projekt «Stadthalle 2020». Dieses Projekt verzögert sich aber, weshalb es nun «Stadthalle 2030» heisst (Kasten). Heute ist der Investitionsstopp zwar aufgehoben, aber es werden nur die nötigsten, bescheidenen Unterhaltssanierungen vorgenommen, «was eben nötig ist, um den Betrieb aufrechtzuerhalten», sagt Stadtrat Fabrizio Hugentobler, Leiter Departement für Werke, Freizeitanlagen und Sport. So thront die holzige, dunkelbraune Festhütte also auch 100 Jahre nach ihrem Bau noch heute stolz im Süden der Stadt. Ob die Initianten 1921 das gedacht hätten?

Michael Anderegg


Nahe Zukunft klar, aber ...
Die Zukunft der Festhalle Rüegerholz ist ungewiss. Klar ist, dass es in den nächsten zehn Jahren wie gewohnt weitergeht. Einerseits, weil in den letzten Jahren einige Baurechtsverträge im Gebiet um die Festhalle – das grösstenteils der Stadt gehört – bis 2030 verlängert wurden. Andererseits weil derzeit mehrere übergeordnete Planungen laufen, in denen für das Gebiet Rüegerholz und die Festhalle mitgeplant wird. «Unter anderem das Projekt Murgbogen. Diese brauchen aber noch Zeit», sagt Stadtrat Fabrizio Hugentobler, Leiter Departement für Werke, Freizeitanlagen und Sport. Man will nicht nur das Gebiet Rüegerholz alleine betrachten, sondern das Gesamtbild im Auge behalten. Auch darum wurde aus dem Projekt «Stadthalle 2020» mittlerweile eben «Stadthalle 2030». Ein weiterer Grund wären die gebundenen Ressourcen in anderen, grösseren Entwicklungsprojekten wie dem Gesamtbild der Agglomeration Frauenfeld, oder des Kasernenareals.
(mra)

 

 

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