Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 07.04.2021

Kantonspolizei Thurgau zieht Bilanz zum Jahr 2020: Deutlich weniger Straftaten

Die Zahl der Straftaten im Kanton Thurgau hat im Jahr 2020 um fast 10 Prozent abgenommen. Auch die Zahl der Verkehrsunfälle ging deutlich zurück. Beide Entwicklungen stehen in Zusammenhang mit der gesunkenen Mobilität infolge der Corona-Pandemie. Höhepunkt des Polizeijahres war für Kommandant Jürg Zingg das klare Ja des Grossen Rates zur Bestandserhöhung.

 

 

Die Zahl der Straftaten hat im vergangenen Jahr deutlich abgenommen: Gemäss Polizeilicher Kriminalstatistik 2020 wurden im Thurgau 8527 Straftaten nach Strafgesetzbuch registriert, das ist gegenüber 2019 eine Abnahme um 892 Delikte oder 9,5 Prozent. Im Jahr 2013 waren noch 11‘822 Delikte registriert worden. Die Häufigkeitszahl, die Anzahl Straftaten je 1000 Einwohner, sank 2020 von 34,1 auf 30,5. Schweizweit liegt die Häufigkeitszahl bei 49,0 (50,6). Gestiegen ist die Aufklärungsquote: 43,3 Prozent aller Delikte wurden aufgeklärt, im Jahr zuvor waren es 41,6 Prozent.

Hohe Aufklärungsquote
Bei den Gewaltstraftaten wurden im vergangenen Jahr 994 Delikte registriert, eine Zunahme um 2 Prozent. Die schwere Gewalt nahm um 10 Prozent zu; dabei konnten alle drei vollendeten und alle vier versuchten Tötungsdelikte aufgeklärt werden. Angestiegen ist auch die Zahl der schweren Körperverletzungen, von 12 auf 16 Delikte. Bei der minderschweren Gewalt ist bei den einfachen Körperverletzungen eine Zunahme um 8 Prozent auf 155 Delikte zu verzeichnen, während die Zahl der Tätlichkeiten um 8 Prozent auf 323 zurückging. Erneut angestiegen sind die Fallzahlen bei der Drohung/Gewalt gegen Beamte: In 24 von 62 Fällen (Vorjahr 17 von 56) waren Polizistinnen und Polizisten betroffen. 88 Prozent aller Gewaltdelikte konnten aufgeklärt werden, was der Arbeit der Ermittlung, der Fahndung und der Kriminaltechnik ein sehr gutes Zeugnis ausstellt.
Um 8 Prozent zugenommen hat mit 214 (2019: 199) die Zahl der Straftaten gegen die sexuelle Integrität. Die Zahl der Vergewaltigungen ging von 15 auf 9 zurück; 5 Fälle ereigneten sich im privaten, 4 im öffentlichen Bereich.

Markant weniger Einbrüche
Wie die Gesamtzahl der Straftaten ging 2020 auch die Zahl der Vermögensdelikte um 9 Prozent zurück: Es wurden 5493 (6064) Straftaten gegen das Vermögen registriert. Beim Diebstahl gab es insgesamt 1983 Delikte, 15 Prozent weniger als 2019. Dabei sank die Zahl der Einbrüche um markante 24 Prozent auf den historischen Tiefststand von 487 Delikten; 2013 waren es noch 1164 Fälle gewesen. Auch die Zahl der Einschleichdiebstähle hat abgenommen, um 11 Prozent auf 265 Delikte. Die Zahlen beim Einbruch- und Einschleichdiebstahl sind zwar schon seit einigen Jahren rückläufig, doch 2020 dürfte die Corona-Pandemie diese Entwicklung noch verstärkt haben. Zum einen blieb die Bevölkerung wegen Covid-19 mehr zu Hause, wodurch potenzielle Einbrecher abgeschreckt wurden.
Zum anderen haben die weniger durchlässigen oder geschlossenen Grenzen spezialisierten Tätergruppen die Einreise erschwert. Ebenfalls deutlich abgenommen haben die Zahlen beim Taschen-, Entreiss- und Trickdiebstahl, während die Zahl der Ladendiebstähle um 11 Prozent gestiegen ist. Nach mehreren Jahren des Anstiegs ist die Zahl der Betrugsdelikte 2020 erstmals wieder, um 7 Prozent, zurückgegangen – obwohl in der Pandemie viel mehr online bestellt und gehandelt wird. Die intensive Präventionsarbeit der Schweizerischen Kriminalprävention und der Polizei scheint hier zu greifen.

Erneut weniger Verkehrsunfälle
Weil die Mobilität der Bevölkerung wegen der Corona-Pandemie abgenommen hat, ging das Verkehrsaufkommen zurück. Dies hat sich auf das Unfallgeschehen ausgewirkt: 2020 wurden im Thurgau 1053 Verkehrsunfälle polizeilich bearbeitet, das ist gegenüber 2019 (1183) ein Rückgang um 11 Prozent. Während die Zahl der Unfälle mit Sachschaden (515) um 20 Prozent abgenommen hat, blieb die Zahl der Unfälle mit getöteten oder verletzten Personen konstant (539). Auf Thurgauer Strassen mussten vergangenes Jahr sechs Todesopfer registriert werden. Dies ist nach 2019 (fünf Todesopfer) die zweitniedrigste Zahl seit dem Beginn der Erfassung in den 70er-Jahren. Die Zahl der Schwerverletzten sank von 174 auf 141 Personen, die der Leichtverletzten stieg von 474 auf 479 Personen. Bei jedem achten Verkehrsunfall war Alkoholeinfluss die zentrale Unfallursache, 2019 war dies bei 129 von 1183 der Fall. Bei 102 (2019: 122) Unfällen war nicht angepasste Geschwindigkeit die zentrale Ursache.

Die Tendenz rückläufiger Unfall- und Opferzahlen setzte sich somit fort, bei immer mehr im Thurgau eingelösten Fahrzeugen. Der langjährige Trend, der 2020 durch den «Sonderfaktor Corona» verstärkt wurde, ist auf koordinierte Massnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit zurückzuführen. Zu mehr Sicherheit auf Thurgauer Strassen tragen auch die Präventionsarbeit der Kantonspolizei, in Zusammenarbeit mit dem Tiefbauamt, dem Strassenverkehrsamt und dem Amt für Volksschule sowie die polizeilichen Verkehrskontrollen bei.

(kap)


Höhepunkt mitten im Pandemie-Jahr
Die Corona-Pandemie hat nicht nur die Statistiken beeinflusst, auch polizeiintern hat Covid-19 das Jahr geprägt. Für Kommandant Jürg Zingg waren dabei drei Herausforderungen zentral: Die Einsatzfähigkeit aufrechterhalten, die Durchhaltefähigkeit sicherstellen und für die Gesundheit der Mitarbeitenden sorgen. Dank der Flexibilität und der Einsatz- und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sei dies sehr gut gelungen, so Zingg. Die Kantonspolizei musste nie gravierende Ausfallzahlen verkraften und sei «jederzeit voll einsatzfähig» gewesen.
Angesichts der Negativschlagzeilen wegen Corona bestehe die Gefahr, dass das Positive des Polizeijahres 2020 in den Hintergrund gedrängt werde. Aus Sicht der Kapo gab es ein solches «Top-Ereignis, ein absolutes Highlight», sagt Zingg: Mit grosser Mehrheit hat der Grosse Rat im Mai die Erhöhung des Korpsbestands um 91 auf 475 Polizisten und Polizistinnen gutgeheissen. Nur schon, dass die Politik die Notwendigkeit der Aufstockung anerkannt habe, sei ein grosser Erfolg. Neben dem äusserst klaren Abstimmungsresultat habe ihn besonders gefreut, dass die Anträge aus dem Polizeibericht vom Regierungsrat und dann vom Grossen Rat praktisch 1:1 übernommen wurden: «Das zeigt, dass wir sehr gute Arbeit geleistet haben.»
Ungeachtet von Corona sei es gelungen, erste Bausteine der Reorganisation umzusetzen. Zingg erwähnt das sogenannte Schwerpunktelement, eine 2020 etablierte Unterstützungs-formation aus Einsatzkräften der Uniformpolizei, die im Ereignisfall rasch verfügbar und flexibel einsetzbar ist. Weitere Ausbauschritte der Basisversorgung wie mehr Patrouillenfahrzeuge in Spitzenzeiten würden mit der Korpsaufstockung möglich. Allerdings sei nicht alles der Präsenz auf den Strassen unterzuordnen, sagt Zingg: «Mir ist auch wichtig, die bürgernahe Polizei in den Städten und Gemeinden zu stärken, mit einer ansprechbaren Polizei, die sich in den Quartieren mit Fusspatrouillen zeigt.» Einen grossen Schritt nach vorne habe die Kapo mit dem Aufbau des polizeiinternen Lage- und Informationszentrums gemacht, so der Kommandant. Das LIZ sorge dafür, dass die Front-Polizistinnen und -Polizisten ebenso wie die Polizeiführung immer über die aktuellsten Informationen verfügen und lagegerecht handeln können. Und der spezialisierte Ermittlungsdienst der Verkehrspolizei, vergangenes Jahr neu aufgebaut, wurde in der Corona-Zeit, die offenbar verstärkt zum (Auto-)Posen und Rasen animiert, bereits stark gefordert. Für Kommandant Jürg Zingg unterstreicht dies exemplarisch, dass die Kantonspolizei Thurgau die Herausforderungen der Zukunft erkannt hat und ihnen mit geeigneten Mitteln begegnet.

(kap)