Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 24.03.2021

200 Kilometer Kantonsstrassen und mehr Steuergelder für Gemeinden

Kanton arbeitet überfällige Pendenz ab

200 Kilometer des derzeit knapp 740 Kilometer langen Kantonsstrassennetzes sollen in den nächsten Jahren in den Besitz der Gemeinden übergehen. Zusätzlich erhalten sie auch noch mehr Geld aus den Verkehrssteuern.

 

 

Das Thurgauer Tiefbauamt prüfte in den letzten vier Jahren intensiv, ob die Kantonsstrassen auch wirklich solche sein sollen. Eines von acht Kriterien musste erfüllt sein, um beim Kanton zu verbleiben. Beispielsweise soll eine Kantonsstrasse das Zentrum einer Gemeinde erschliessen oder als wichtige Strasse für den strassengebundenen öffentlichen Verkehr dienen. Wie Regierungsrätin Carmen Haag vor den Medien sagte, erfüllen 200 Kilometer Kantonsstrassen keinen der acht Punkte. Sie werden also nur historisch bedingt durch den Kanton statt durch die Gemeinden betreut. Das soll sich nun ändern.

Längst überfällig
Eine Bereinigung des Kantonsstrassennetzes hätte bereits vor fast 30 Jahren mit der Inkraftsetzung des Gesetzes über Strassen und Wege 1993 stattfinden sollen. Der Regierungsrat möchte diese alte Pendenz nun erledigen und schlägt deshalb vor, diese 200 Kilometer im Rahmen einer Gesetzesrevision an die Gemeinden zu übergeben und einen kantonalen Netzbeschluss für die Kantonsstrassen zu fällen.

Region stark betroffen
Diese Bereinigung betrifft die Gemeinden unterschiedlich. 55 der 80 Thurgauer Gemeinden erhalten neue Strassen. «Die Spannbreite reicht von knapp 160 Metern bis zu über 14 Kilometern», sagte Kantonsingenieur Andy Heller. In Frauenfeld beispielsweise soll die komplette Thurstrasse in den Besitz der Gemeinde übergehen. In Matzingen und Aadorf würde es unter anderem die Aadorfer-, Ristenbühl- und Matzingerstrasse von Matzingen nach Häuslenen treffen. Ebenso die Thundorfer- und Hauptstrasse von Thundorf nach Affeltrangen. Auch die Dorfstrasse, Vogelhalde und Hauptstrasse von Warth-Weiningen nach Buch bei Frauenfeld will der Kanton abgeben. Betroffen sind in der Region zudem auch die Gemeinden Neunforn, Uesslingen-Buch, Herdern, Hüttwilen, Pfyn, Stettfurt, Wängi, Wigoltingen und Märstetten.

Mehr Verkehrssteuergelder
Zusätzlich zu den Strassen sollen die Gemeinden auch mehr Mittel aus den Verkehrssteuern erhalten. Der Kanton will den Gemeinden weitergeben, was er mit der Netzbereinigung einspart – das sind sechs Prozent der Strassenverkehrssteuern. Künftige Sanierungsmassnahmen bezahlt der Kanton im Voraus. Für Anlagen, die nicht in einem soliden Zustand sind, erhalten die Gemeinden eine zweckgebundene individuelle Abgeltung für die nächsten 25 bis 30 Jahre. In der Summe sind das total 58,5 Millionen Franken, die zusätzlich zu den sechs Prozent mehr Strassenverkehrssteuern fliessen.

Alte Forderung erfüllen
Die einzelnen Abgeltungsbeiträge pro Strecke berücksichtigen den heutigen Zustand und die künftigen Kosten für notwendige Massnahmen, wie Marco Sacchetti, Generalsekretär des kantonalen Departements für Bau und Umwelt, sagte. Mit der geplanten Gesetzesrevision, die per 1. Januar 2023 stattfinden soll, wird der Kanton auch eine alte Forderung der Gemeinden nach einer generellen Erhöhung des Anteils an den Strassenverkehrssteuern erfüllen. Vorgeschlagen wird eine generelle Erhöhung des Gemeindeanteils um vier Prozent. «Unabhängig von der Netzbereinigung, also zusätzlich zu diesen bereits erwähnten sechs Prozent», sagte Marco Sacchetti dazu. Mit der Netzbereinigung und der generellen Erhöhung erhalten die Gemeinden neu dann 25 statt wie bisher 15 Prozent der Strassenverkehrssteuern.

Ball liegt bei Gemeinden
Die Vernehmlassung startet am 3. Mai und dauert bis August. In den vergangenen Tagen haben bereits erste Informationsveranstaltungen für die Gemeinden stattgefunden. Weitere werden folgen. Ziel ist es, die Botschaft zur Teilrevision des Gesetzes über Strassen und Wege Ende dieses, Anfang nächsten Jahres an den Grossen Rat überweisen zu können.

Michael Anderegg