Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 10.02.2021

Sportamtschef Leemann bleibt trotz allem zuversichtlich

Die schon länger andauernde Corona-Pandemie hat dafür gesorgt, dass im Thurgauer Sport beinahe ein Total-Stillstand herrscht. Nur fünf Teams absolvieren jetzt Meisterschafts-Spiele.

 

 

Sportamtschef Martin Leemann beantwortet nachstehend unsere Fragen.

Ist das Sportamt Thurgau jetzt verwaist, wenn doch keine Veranstaltungen und praktisch keine Trainings stattfinden dürfen?
Grundsätzlich ist das Sportamt ganz normal in Betrieb. Die Räumlichkeiten sind für die Öffentlichkeit zwar vorübergehend geschlossen, dennoch stehen wir während den gewohnten Öffnungszeiten per Mail oder Telefon für jegliche Anliegen rund um den Sport zur Verfügung. Dringende Vor-Ort-Termine sind nach telefonischer Voranmeldung möglich.

Sind viele Gesuche um Entschädigungen eingegangen?
Insgesamt erhielten wir im vergangenen Jahr gegen 80 Gesuche. In den Bereichen «abgesagte Meisterschaft NLA/NLB», «abgesagte Meisterschaft Breitensport» sowie «abgesagte Veranstaltungen» wurden total
Fr. 348 100.– ausbezahlt. Zudem wurden 55 Thurgauer Sportverbände
mit einem einmaligen, zusätzlichen Verbandsbeitrag von insgesamt
Fr. 499 150.– unterstützt. 56 Aushängeschilder im Spitzensport erhielten für entgangene Erfolgsbeiträge einen Betrag von total Fr. 187 000.–. Insgesamt wurde der Thurgauer Sport mit Fr. 1 034 250.– unterstützt.

Konnten alle berücksichtigt werden?
Wie bereits erwähnt konnten Gesuche nur in den erwähnten Bereichen «abgesagte Veranstaltung» oder «abgesagte Meisterschaft» eingereicht werden, von denen erfreulicherweise auch die Mehrheit berücksichtigt werden konnte. Allerdings war dies nur für die Zeitspanne März bis September 2020 möglich. Für die finanziellen Schäden, die aufgrund der aktuellen Situation entstehen, müssen sich die Vereine allerdings an die nationalen Verbände wenden. Der Bund hat für den Spitzen- und Breitensport insgesamt 550 Millionen Franken an Unterstützungsgeldern in Aussicht gestellt. In Abhängigkeit der weiteren Entwicklung prüft der Kanton regelmässig, ob weitere Unterstützungsmassnahmen für den Thurgauer Sport nötig sind.

Was passiert eigentlich in der Sparte Jugend & Sport?
Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre dürfen uneingeschränkt Sport treiben, jedoch keine Wettkämpfe bestreiten. Das heisst, Trainings können weiter angeboten und auch über J+S abgerechnet werden. Als Entschädigung für entgangene J+S-Beiträge aus dem vergangenen Jahr, durften wir anfangs Januar Sonderbeiträge von über einer Million Franken an insgesamt 282 J+S-Organisatoren aus dem Thurgau ausbezahlen. Diese Sonderbeiträge entsprechen 50 Prozent der von der entsprechenden Organisation im 2019 erhaltenen J+S-Beiträge.

Gibt es keine Kurse, oder finden sie alle Online statt?
Bis vorerst Ende März 2021 dürfen Kaderbildungs-Kurse mit Präsenzunterricht nicht mehr stattfinden. Einige wurden verschoben, eine Vielzahl wird allerdings in virtueller Form angeboten.

Was passiert jetzt mit den abgesagten Lagern?
Im vergangenen Jahr konnten immerhin vier Jugendsportcamps durchgeführt werden. Etwa 100 Kinder und Jugendliche besuchten die Schneesportcamps in Valbella und Elm, ein Kletterlager im Bergell oder das Segelflugcamp in Amlikon. Corona bedingt mussten die Frühlingslager in Tenero (Polysport) und Davos (Schneesport), die Sommerlager in Tenero (Fussball) und Lissabon (Hochsee-Segeln) sowie Ende Jahr das Schneesportcamp in Lenzerheide abgesagt werden.

Wie sieht es heuer aus?
In ähnlichem Stil geht es auch in diesem Jahr weiter. Die im April vorgesehenen Camps in Tenero (Polysport) und Davos (Schneesport) wurden bereits frühzeitig abgesagt. Als Alternative bieten wir zwei Sporttage für Thurgauer Kinder und Jugendliche der Jahrgänge 2006 bis 2011 an. Der Schneesporttag ist für den 14. April in Davos geplant, der polysportive Sporttag am 16. April in den Sporthallen der Kantonsschule Frauenfeld vorgesehen. Detaillierte Informationen und Anmeldung unter https://sportamt.tg.ch/sporttage.

Was denken Sie, wann es im Thurgauer Sport einigermassen normal weitergeht?
Die Corona-Pandemie hält nun bereits ein Jahr an. Eine Prognose abzugeben ist äusserst schwierig, wenn nicht gar unmöglich. Tatsache ist, die Corona-Pandemie hat auch den Thurgauer Sport lahmgelegt. Der Spielbetrieb in den Ligen – mit Ausnahme von Volley Amriswil, HSC Kreuzlingen, Red Lions Frauenfeld, HC Thurgau, Thurgau Indien Ladies – ruht, Sportanlässe mussten verschoben oder abgesagt werden, der Trainingsbetrieb in den Vereinen ist fast gänzlich zum Erliegen gekommen, Sportstätten und Fitnesscenter mussten mittlerweile geschlossen werden.

Hat das Folgen?
Finanziell konnten wir den Thurgauer Vereinen etwas unter die Arme greifen. Es bleibt zu hoffen, dass sich Ehrenamtliche nach der hoffentlich bald ausgestandenen Krise nicht zurückziehen und Kinder und Jugendliche ihr Interesse am Vereinssport nicht verlieren. Der Vereinssport hat für die Gesellschaft einen enormen Wert und es muss alles getan werden, dass dieser in ähnlicher Form weitergeführt werden kann. Auch unsere Aushängeschilder im Profisport sind in Schwierigkeiten geraten. Zwar können sie weiterhin trainieren und an Wettkämpfen unter Ausschluss der Öffentlichkeit teilnehmen. Den Mannschaftssportarten fehlen aber wichtige Zuschauer-Einnahmen, was letztlich deren Existenz bedrohen kann.

Was für ein Gefühl bleibt Ihnen im normalen Alltag?
Auch die Thurgauer Bevölkerung wurde mit erheblichen Einschnitten im Alltag konfrontiert, indem der tägliche Weg in die Arbeit wegfiel oder Sportstätten und Fitnessstudios geschlossen wurden. Gerade in dieser Zeit stellt aber der Sport einen guten Ausgleich dar und trägt entscheidend zum Wohlbefinden bei. Insgesamt habe ich, trotz den schwerwiegenden Einschränkungen, dennoch ein positives Gefühl. Im täglichen Kontakt mit Veranstaltern, Spitzensportlern oder Vereinsmitgliedern spüre ich noch immer eine grosse Leidenschaft und nach wie vor grosses Engagement. Dies stimmt mich positiv, dass der Thurgauer Sport, auch nach der hoffentlich bald ausgestandenen Krise, weiter für Furore sorgen wird.


Interview: Ruedi Stettler


 

 

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