Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 03.02.2021

Schöne Erinnerungen an den Rhyhof

Die traurige Nachricht von der Schliessung des Rhyhof tut wirklich weh. Einmal, weil ein weiteres, vielseitiges und innovatives Gastrounternehmen die Backöfen abstellt und in Zukunft Küche und Kaffemaschine kalt bleiben werden. Bald gibt es leider niemanden mehr in Frauenfeld, welcher Schoggi-Hasen, Ostereier und Pralinés noch selber kreiert. An den guten Ideen und am Einsatz hat es Markus und Rosmarie Hirt wirklich nie gefehlt, sie gaben wirklich immer alles!

 

 

Zuvor, ab 1967, waren es Maria Müggler, die Unermüdliche, und Paul Müggler, der kreative Confiseur und Unternehmer, die es fertigbrachten, nebst allen Facetten der lokalen Gastronomie und Confiserie während vieler Jahre die unglaubliche Zahl von 36 000 Desserts für die Speisewagen der SBB zu liefern. Nach über 35 Jahren war dann Schluss mit «Müges» feinen Pralinés …
Angestossen hat die Erfolgsgeschichte des Rhyhofs Fridolin Winiger 1951. Er wanderte mit seiner Frau Aline und seinen fünf Söhnen 1949 von Basel nach Frauenfeld aus, wo er die neuen Gebäulichkeiten hätte übernehmen sollen. Der Beginn des Neubaus war allerdings immer wieder verschoben worden und befand sich erst im Anfangsstadium. So musste die Grossfamilie zu Verwandten im Rheintal ins Exil und konnte erst knapp zwei Jahre später an die Rheinstrasse in Frauenfeld übersiedeln. Wie üblich in Frauenfeld harzte der Start etwas, aber bald war das Café und der Tea Room Rhyhof aus der Stadt nicht mehr wegzudenken. An Sonntagnachmittagen fanden jeweils die beliebten Thé dansants mit Livemusiken statt. Anlässlich der Premiere des berühmtesten Schweizerfilms, Ueli der Knecht mit der unvergesslichen Starbesetzung (Liselotte Pulver, Hannes Schmidhauser, Alfred Rasser und weitere) 1954, erstrahlte die ganze Location im Filmdekor und nach der Filmvorführung im Kino Pax, wurde das Lokal förmlich geflutet. Ebenfalls 1954 anlässlich des Formel 1-Grand Prix der Schweiz, hatte Fridolin Winiger sämtliche Räume mit (schwarz/weiss) Fernseher ausgerüstet. Die Glücklichen erhaschten zumindest noch einen Stehplatz für das Spektakel, viele blieben allerdings aussen vor.
Nach 16 strengen, aber erfolgreichen Jahren, übergab Fridolin Winiger dann aus gesundheitlichen Gründen an Paul Müggler.
Schöne Erinnerungen an den Rhyhof werden vielen älteren Frauenfeldern immer im Gedächtnis bleiben. Da waren das feierliche Tauf- oder Konfirmationsessen, der Kaffeestamm am Vormittag oder die üppigen Coupes und Torten, die es im Rhyhof schon immer gab.
In den Sturm- und Drangjahren der heutigen Senioren dann war das Lokal im Untergeschoss mit Wurlitzer-Musikbox und Glückspielautomat der Treffpunkt für die Jungen. So musste einer schon ziemlich krank sein, bis er am Samstagabend das Treffen mit den fröhlichen, unternehmungslustigen Kumpels und Girls ausfallen liess. Von dort aus wurden dann die Expeditionen an eine Metzgete, ein Waldfest mit Musik und Tanz, oder einfach weg von Frauenfeld ausgeheckt. So war es dann auch nicht selten, dass sich ein kleines, zähes Trüpplein Unermüdlicher am frühen Sonntagmorgen – gewissermassen «Back to the roots» – beim Rhyhof wieder traf. Einem der fünf Söhne des ersten Rhyhof-Pächters Fridolin Winiger gelang es jeweils, mit irgendwelchen Tricks den Schlüssel zum Restaurant zu ergattern, wo man dann gemütlich die Nacht ausfaden oder den Morgen begrüssen konnte.
Das ging so lange gut, bis eines frühen Sonntagmorgens unser Kumpel Fritz Kilgus, der Kochlehrling, ein köstliches Kalbsbäcklein aus dem Kühlraum entführte und uns mit Rahmsauce und unter Applaus servierte. Was wir nicht wussten, das Kalbsbäcklein stand auf dem Sonntags-Menü (bereits vervielfältigt). Als Vater Fridolin am Sonntagvormittag in der Küche das Fehlen des Fleisches für sein Sonntags-Menü feststellte, war es dann für Sohn Gebhard fertig mit Ausschlafen. Zusammen mit zwei Mitessern ging es dann auf die Suche nach einem entsprechenden Fleischstück in Frauenfeld. Frau Kobi von der Kurzdorfer Metzgerei rettete uns wahrscheinlich das Leben, und die Gäste kamen pünktlich zu ihrem Sonntagsschmaus. Das war dann auch schon das endgültige Ende des unvergesslichen Überhöcklens.
So bleiben vielen Frauenfeldern im Gegensatz zum eher abgewrackten (oder abgegriffenen) Äusseren der Location wenigstens viele Erinnerungen an den einmaligen Rhyhof noch frisch.

Fredi Hugelshofer