Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 01.04.2020

Es droht sogar eine Saison ohne ein einziges Rennen

Die Rollstuhl-Leichtathletin Catherine Debrunner aus Mettendorf ist nach zwei Jahren Pause fulminant zurück an die Weltspitze gestürmt. Nun hat das Corona-Virus dafür gesorgt, dass für sie wohl eine Saison ohne ein Rennen bevor steht.

 

 

Weil Catherine Debrunner, am 11. April wird sie 25 Jahre alt, ihre Ausbildung erfolgreich abschliessen wollte, stellte die Primarlehrerin nach den Paralympics in Rio 2016 ihre Karriere in den Hintergrund. Dass sie wieder voll an der Weltspitze mithalten kann, bestätigten Gold (400 Meter) und Silber (800) an der Weltmeisterschaft in Dubai 2019. Dieses Jahr galt ihr Hauptaugenmerk logischerweise den Paralympics in Tokio. Jetzt ist wegen des Corona-Virus auch dieses Gross-Event abgesagt und auf 2021 verschoben worden.

Wie oft hast Du während Deiner zweijährigen Pause pro Woche noch trainiert?
Im Schnitt zweimal pro Woche.

Wann hast du Dich zum Comeback entschlossen?
Ich wusste bereits vor meiner Pause, dass ich nach meinem Studium-Abschluss, im Sommer 2018, mein Comeback geben werde. Das Comeback war gut geplant und überlegt.

Wie oft trainierst Du?
Achtmal pro Woche. Zweimal Kraft, Fünfmal im Rennrollstuhl und einmal an der Handkurbel. Dazu kommen ausserdem Physio, Mentaltraining und Massage. Aber jetzt ist natürlich plötzlich alles ganz anders.

Kannst Du überhaupt trainieren?
Schon, aber unter ganz anderen Bedingungen als im Normalfall. Die Halle und die Bahn in Nottwil sind jetzt auch geschlossen. Deshalb habe ich die Handkurbel und die Rolle sofort nach Hause geholt und trainiere jetzt in der Wohnung. Bis zur Paralympics-Absage am letzten Dienstag, 24. März, waren die Übungen logischerweise sehr technisch, jetzt absolviere ich praktisch wieder ein normales Grundlagen-Training.

Immer alleine?
Ja, gezwungenermassen. In Nottwil habe ich mehrmals in der Woche zusammen mit Marcel Hug trainiert. Und natürlich war da unser Trainer Paul Odermatt praktisch immer dabei.

Stimmt es, dass Dich Paul Odermatt als Achtjährige in Frauenfeld erstmals in einen Rennrollstuhl setzte?
Wir haben uns in einem polysportiven Lager in Nottwil kennen gelernt. Daraufhin ging ich in Frauenfeld (wo er mit dem Pfyner Marcel Hug trainierte) in einem Training schnuppern. Seither lässt mich dieser Sport ganz einfach nicht mehr los.

Teilnehmer aus der ganzen Welt sind für den Mai in Nottwil angemeldet. Ist dieser Anlass möglich?
Nein, auch diese Veranstaltung ist bereits abgesagt. Erfahrungsgemäss kamen 300 bis 400 Athleten in die Schweiz. Es wäre für alle die ultimative Hauptprobe für die Paralympics in Tokio gewesen.

Wie gehst Du mit diesen Absagen um?
Natürlich ist es recht frustrierend, wenn alles stillsteht. Aber es ist absolut richtig, dass so entschieden wurde. Ich denke jetzt positiv: Ich habe ein Jahr länger Zeit, um mich zu verbessern. Vielleicht ist es ja im August möglich, dass in Nottwil eine ebenfalls geplante nationale Serie ausgetragen werden kann. Das wäre wenigstens ein Trost, denn da würde sich zeigen, wie schnelle Zeiten man fahren kann.

Wohnst Du jetzt in Geuensee, damit der Weg zum Training nach Nottwil einfacher ist?
Genau. Das war der Hauptgrund für meinen Umzug. Um mein Trainingsumfeld zu optimieren, bin ich in die Nähe des Dreh- und Angelpunktes der Rollstuhl-Leichtathletik gezogen.

Wie gross ist Dein Pensum als Primarlehrerin einer ersten Klasse in Waltenschwil?
Ich bin Klassenlehrerin einer 1. Klasse und bin 30 Prozent angestellt. Aufgrund der Klassenverantwortung gibt es aber deutlich mehr.

Findet die Schule überhaupt statt?
Für mich und meine Erstklässler ist diese Ausgangslage schwierig. Wir haben den Kindern Dossiers für die nächsten drei Wochen abgegeben und die Eltern können uns bei Fragen jederzeit kontaktieren. Müssen die Eltern arbeiten, dann übernehme ich in der Schule halt den Hütedienst. Das alles ist vorläufig so bis zum 19. April geplant. Ich gehe aber davon aus, dass die Ausnahmesituation einiges länger dauert.

Wie oft bis Du noch in Mettendorf?
Zirka alle 3 bis 4 Wochen an den Wochenenden.

Im 2010 warst Du Newcomerin des Jahres und 2020 bist Du Dritte beim Thurgauer Sportpreis geworden. Was war Dein Highlight in diesen zehn Jahren?
Meine Highlights waren: Silbermedaille in Doha 2015 über 200 Meter, 7. an den Paralympics in Rio 2016 über 400 Meter (Diplom), Gold über 400 Meter und Silber über 800 Meter an der WM in Dubai 2019. Schade, dass es jetzt wohl länger keinen Wettkampf mehr gibt.

Interview: Ruedi Stettler