Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 18.03.2020

Von Solidarität, Regeln und Unsicherheit

Corona-Virus beeinflusst das tägliche Leben zunehmend

Es ist eine Situation, die es in der jüngeren Geschichte der Schweiz nie gegeben hat. Der Kampf gegen das Corona-Virus. Mittendrin die Fachstelle für Alters- und Generationenfragen sowie Kindertagesstätten, die derzeit vor besonderen Herausforderungen stehen.

 

 

Am Montag rief der Bundesrat den nationalen Notstand aus. Es geht dabei darum, die Ausbreitung des Corona-Virus zu verlangsamen, um die Gesundheitsversorgung nicht zu gefährden. Daher wurden per Montagnacht alle öffentlichen und privaten Veranstaltungen verboten. Alle Läden, Restaurants, Bars sowie Unterhaltungs- und Freizeitbetriebe werden bis am 19. April 2020 geschlossen. Das betrifft Museen, Bibliotheken, Kinos, Konzert- und Theaterhäuser, Sportzentren, Schwimmbäder und Skigebiete. Auch Betriebe, wo das Abstand halten nicht möglich sei, wie beispielsweise Coiffeursalons oder Kosmetikstudios, mussten schliessen.
Die Ausnahme bilden Geschäfte die zum Leben notwenige Grüter anbieten wie Essen, Trinken, Medikamente und Waren des täglichen Gebrauchs. Weiter gelte es, die Risikogruppen zu schützen. Das sind Menschen über 65 Jahre sowie solche mit Vor- oder Grunderkrankungen.

Fachstelle als Zentrum
Die Stadt Frauenfeld hat rasch eine Task-Force ins Leben (siehe Box) gerufen. Eine der Massnahmen betrifft die Fachstelle Alters- und Generationenfragen, deren Öffnungszeiten wegen der aktuellen Lage ausgedehnt wurden. Neu hat die Fachstelle jeden Werktag offen und ist von 8.30 bis 11.30 Uhr unter 052 724 53 00 oder per E-Mail unter verena.rieser@stadtfrauenfeld.ch erreichbar.
Von Dienstag bis Donnerstag ist die Fachstelle zudem von 14 bis 16 Uhr geöffnet. «Es gab bisher ein paar Anrufe mehr, aber noch läuft alles im normalen Rahmen. Panikanrufe hatten wir bisher keine», sagt Fachstellenleiterin Verena Rieser-Santo. Aber man sei gerüstet für einen allfälligen Ansturm, auch dank der guten Vernetzung, die man sich seit dem Start der Fachstelle vor sechs Jahren erarbeitet habe.

Koordination essenziell
Die Fachstelle im Rathaus soll in dieser schwierigen Zeit ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt sein. Sie soll vor allem koordinieren. Dies gelte unter anderem für Angebote von bekannten, aber auch neuen Diensten. So zum Beispiel der Metzgerei Dober, der Drogerie Wyss oder dem Blumen Garten Küng, die alle einen Lieferdienst anbieten (weitere auf den Seiten 16 und 17). Neue Ideen und Wege seien gut, Verena Rieser-Santo hat aber in diesem Zusammenhang einen Wunsch: «Man soll uns über neue Angebote oder Dienste informieren, damit wir bei Telefonanfragen direkt darauf verweisen können».
Weiter sei man auch in der Organisation von freiwilligen Helfern involviert. Aktuell laufen die Einsätze über die beiden organisierten Nachbarschaftshilfen der Quartiere Kurzdorf und Ergaten-Talbach, die ihr Angebot vorübergehend auf das ganze Stadtgebiet ausgebreitet haben. Dafür gibt es eine eigene Telefonnummer (052 378 15 00, Ansage bis zum Ende hören). «Derzeit sind es noch genug freiwillige Helfer», sagt Rieser-Santo. Sie ergänzt aber sogleich: «Man kann nicht sagen, wie sich die Situation entwickeln wird. Es herrscht grosse Unsicherheit. Daher ist jeder freiwillige Helfer herzlich willkommen». Diese können sich entweder bei den beiden Nachbarschaftshilfen direkt, bei der Fachstelle im Rathaus oder aber dem Dachverband für Freiwilligenarbeit im sozialen Bereich Frauenfeld, unter dem die Nachbarschaftshilfen agieren, melden.
Zu den bisherigen beiden Nachbarschaftshilfen soll im April noch eine dritte dazu stossen. Denn seit einiger Zeit ist man im Quartier Huben ebenfalls mit dem Aufbau einer Nachbarschaftshilfe beschäftigt. «Diese wird nun, fast mit perfektem Timing, im April an den Start gehen», sagt Verena Rieser-Santo. Sie stellt klar, dass sich aber nicht nur die ältere Generation bei der Nachbarschaftshilfe melden soll. Sondern auch jüngere Menschen, die zur Risikogruppe gehören und die Hilfe benötigen. «Es soll sich in dieser Zeit niemand alleine gelassen fühlen», sagt sie und ergänzt in einem hoffnungsvollen Ton: «Wir finden für jeden eine Lösung. Wichtig ist, dass man sich meldet.»

Kitas bleiben offen
Der Bundesrat hat bestimmt, dass die Schulen bis am 19. April geschlossen bleiben. Mit der Notstand-Regelung übergab der Bundesrat die Regelung für das Betreuungsangebot für Kinder an die Kantone. Heisst: Die Kindertagesstätten bleiben, zumindest nach Wissensstand Dienstagnachmittag, offen. Trotzdem werden die Kitas derzeit vor neue Herausforderungen gestellt.
Bei der Bärenhöhle, die in Frauenfeld drei Standorte betreibt, habe man derzeit reduzierten Betrieb. «Wo es geht, arbeiten Eltern von zu Hause aus und bringen ihre Kinder nicht zu uns», sagt Katharina Bünter, Leiterin der Kita Bärenhöhle. Zudem habe man Personal, das zur Risikogruppe gehöre, Quarantäne zu Hause verordnet. Auch beim Ninna Nanna Chinderhuus in Strass läuft der Betrieb weiter. «Wir befinden uns im normalen Betrieb, aber auch hier behalten die Eltern die Kinder wenn möglich zu Hause», sagt Andreas Sütsch, Präsident der Trägerschaft. Man halte sich an die Angaben des Kantons, möglichst kleine Gruppen zu bilden und diese auch konstant zu halten, so Sütsch weiter. Christian Schuppisser, Leiter Pflegekinder- und Heimaufsicht des Kanton Thurgau, präzisiert: «Man soll wenn möglich die gleiche Betreuungsperson sowie dieselben Kinder in einer Gruppe zusammenlassen».

Hygiene und Planung
Weiter sei wichtig, sich auch in den Kitas strikt an die Hygienemassnahmen zu halten und auch flexibel zu sein. Neben der schon herrschenden Unsicherheit – «man plant derzeit eigentlich von Tag zu Tag», wie Andreas Sütsch sagt – komme auch eine rechtliche Unsicherheit dazu. «In Kitas ist alles mit Verträgen und oft mit monatlichen Pauschalzahlungen gelöst. Das könnte, sollten spezielle Situationen länger als vier Wochen dauern, zu einigen Problemen führen», erklärt Katharina Bünter von der Bärenhöhle. Wichtig sei, dass der Dialog zwischen Eltern und Kita stetig und offen sei. «Wir haben auch einen Newsletter, mit dem wir die Eltern jeweils rasch über Änderungen in Kenntnis setzen können», so Bünter.

Der Virus in den Sozialen Medien
Auch in den Sozialen Medien ist das Corona-Virus und seine Auswirkungen omnipräsent. Seien es Bilder leerer Regale, Witze oder Unmut über Hamsterkäufe, Aufrufe für das lokale Gewerbe oder Hilfsangebote. Alles in allem ist die Sorge um die ältere Bevölkerungsgruppe, aber auch die Solidarität gross. Auch Stadtpräsident Anders Stokholm macht sich Sorgen um die Bevölkerung und versieht seine Posts auf Facebook darum seit kurzem mit dem Zusatz: «#hebedsorg». Ein Appel, auf sich selbst, aber auch auf seine Mitmenschen acht zu geben.

Michael Anderegg




Einsetzung einer Task-Force
Die Massnahmen des Bundes zur Eindämmung des Corona-Virus betreffen alle – die Situation ist ernst. Das Ziel ist es, besonders gefährdete Personengruppen (über 65 Jahre alt; chronisch Kranke) zu schützen. Deshalb sollten diese Menschen direkte soziale Kontakte möglichst reduzieren. Der Stadtrat appelliert daher an die Solidarität untereinander. Familien und Nachbarn sollten sich organisieren und den Menschen der Risikogruppen in dieser Zeit beistehen. Bewährt haben sich beispielsweise tägliche Anrufe (Telefonketten, Skype) oder Botengänge zur Versorgung ohne direkten persönlichen Kontakt.
Die Stadt Frauenfeld hat zur Bewältigung der ausserordentlichen Situation eine Task-Force eingesetzt. Ihr Augenmerk gilt der Sicherung zentraler Dienstleistungen und Versorgungsaufträge. (mra)