Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 18.12.2019

«Ein Abschied ohne Schmerz»

Der Frauenfelder Zinngiesser Beni Blaser orientiert sich beruflich neu

Der Frauenfelder Zinngiesser Beni Blaser (56) hat seinen Betrieb am Talbachplatz eingestellt. Er engagiert sich ab sofort ausschliesslich als Betriebsmitarbeiter auf einem Zürcher Golfplatz und als Fotograf. Den Wandel sieht er als Chance.

 

 

Abgezeichnet habe sich die Geschäftsaufgabe schon vor rund fünf Jahren, weshalb Beni Blaser damals auch eine Teilzeittätigkeit auf einem Golfplatz aufgenommen hatte. Denn die Nachfrage nach Zinnkannen mit Gravuren und gleichgelagerten Produkten ist in den letzten Jahren massiv zurück gegangen. «Und von ein paar Gravuren pro Woche und einigen Reparaturen kann ich nicht leben», sagt er weiter. «Es ist aber ein Abschied ohne Schmerz, denn das alles war zu erwarten», sagt er und blickt etwas nachdenklich durchs Fenster ins Freie. Diese Ansicht teilt seine heute 82-jährige Mutter, die bis zuletzt mitgeholfen hatte.

Handwerk hatte goldenen Boden
Als Beni Blaser in den Jahren 1981 bis 1984 in Zürich die Lehre als Zinngiesser absolvierte, war es das Ziel, dereinst die von seinem Vater gegründete Firma zu übernehmen. Schliesslich waren die beruflichen Perspektiven damals rosig, denn die Herstellung von Zinngeräten für den Haushalt und als Geschenk, die Produktion von Medaillen und Signeten für Vereine sowie Gravuren lagen im Trend. Auch Wappenscheiben waren damals sehr gefragt.

Fotograf und Zinngiesser
Nach der Ausbildung zum Zinngiesser kehrte Beni Blaser dem Beruf allerdings vorderhand den Rücken und widmete sich der Fotografie, wo er sich laufend weiterbildete. Als sein Vater im Jahr 2000 die Zinngiesserei umstrukturiert hatte und kurz darauf starb, übernahm Beni Blaser die Firma in der zweiten Generation. Die rückläufige Nachfrage an Zinnwaren hatten ihn vor einigen Jahren dann allerdings bewogen, eine Teilzeitbeschäftigung als Betriebsmitarbeiter auf einem Zürcher Golfplatz anzunehmen. Daneben leistet aber auch Gattin Dana, die als Aktivierungsfachfrau in der Klinik Zihlschlacht arbeitet, einen Beitrag an das Einkommen der Familie.

Fasziniert von der Fotografie
Beni Blaser hat sich in den letzten Jahren aber auch vermehrt der Fotografie zugewendet, wobei er den Bereich Reportagen als Stärke sieht. Dabei hat er sich auch als Fotograf für die Frauenfelder Woche einen Namen geschaffen. Beni Blaser: «So gesehen ist nun wohl eine Ära zu Ende, gleichzeitig ist das aber auch eine Chance für einen Neuanfang.»
Etwas enttäuscht ist er einzig über die geringe Nachfrage an der technischen Einrichtung der Zinngiesserei. Damit verbunden konnten die Maschinen und Einrichtungen nicht verkauft werden, sondern wurden nach der fachgerechten Abtrennung vom Strom von einem Altstoffhändler zur Entsorgung abgeholt. «Aber so ist es – was gestern noch top war, ist heute schon nicht mehr gefragt. Das ist in vielen anderen Dingen im Leben ja auch so.» Man spürt – Beni Blaser hat sich auch innerlich verabschiedet von der Familientradition, die immerhin fast 50 Jahre dauerte. Und er ist motiviert, daraus eine Chance abzuleiten und diese auch zu nutzen.

Andreas Anderegg




Künftige Nutzung offen
Die Liegenschaft an der Talackerstrasse 4, in der neben der Zinngiesserei Blaser auch «Pizza Pronto» eingemietet ist, gehört Bruno Giovanelli, dem ehemaligen Patron der auf Gemüse und Früchte spezialisierten Unternehmung. In diesen Räumlichkeiten wurden bis in die 90er Jahre hinein Früchte und Gemüse gelagert, ehe die Firma den Neubau in Erzenholz bezogen hat. Wie Bruno Giovanelli auf Anfrage sagt, ist die künftige Nutzung der freiwerdenden Räumlichkeiten der Zinngiesserei Blaser – der Mietvertrag läuft noch bis Ende Februar 2020 – noch offen. (aa)