Frauenfelder Woche

Frauenfeld · 11.12.2019

Nur minim falsche Sitzposition ist verheerend

Der Frauenfelder Radprofi Stefan Küng kann im Winter keine ruhige Kugel schieben, er weilt seit letzten Donnerstag im Trainingslager in Spanien.

 

 

Als einer der besten Schweizer Radprofis erscheint Stefan Küng natürlich sehr oft in den Medien. Nicht immer fallen die Texte so aus, wie er das für richtig hält. Daher brach der am 16. November 26 Jahre alt gewordene Thurgauer an der letzten Sportlerehrung in Weinfelden eine Lanze für alle Spitzensportler: «Manchmal wird man in eine Position gedrängt, die man gar nicht will. Aber klar, mit Kritik muss man umgehen können».

Zuerst Anpassungen nötig
Bei ihm waren das etwa die nicht ganz wunschgemässen Ergebnisse in den Zeitfahren, wo er als das helvetische Aushängeschild schlechthin gilt: «Von mir hat man fast immer einen Sieg erwartet. Dabei entscheiden kleinste Faktoren über Triumph oder Misserfolg». Nach seinem Wechsel von BMC zu Groupama-FDJ fühlte sich Küng auf dem neuen Velo nicht richtig wohl: «Minimale Anpassungen am Sattel waren mehrmals nötig, bis ich endlich die richtige Position gefunden hatte». Der im Mai von Wilen bei Wil nach Frauenfeld umgezogene Radprofi stellt gleich klar: «Wir sprechen da von einem Millimeter rauf oder runter, nicht von einem Zentimeter».
Mit dem ausgeklügelten Material (Velo, Lenker, Sattel, Helm usw.) wird längst nichts mehr dem Zufall überlassen. Sonst fehlen in den Rennen einige Sekunden und die sind entscheidend, will man ganz vorne mitfahren. Auf Küngs Homepage steht: «Radsport ist Romantik, zumindest für mich. Das Zusammenspiel Mensch und Maschine, bei dem der Mensch zur Maschine werden kann, faszinierte mich schon als kleiner Junge».

WM-Bronze auf der Strasse
Als erneuter Schweizer Meister im Zeitfahren, das heuer bei grosser Hitze in der Umgebung von Weinfelden stattfand, hat Stefan Küng noch vier internationale Rennen gewonnen. Einen Erfolg hat er unterschlagen: Beim legendären Super-10-Kampf im Zürcher Hallenstadion führte er sein Team ebenfalls zum Sieg. Und dann war ja in seinem vierten Profijahr noch sein dritter Platz an der Strassen-Weltmeisterschaft im nordenglischen Yorkshire: «Das war mein Ausrufezeichen für mein französisches Team. Nach dieser ersten Saison bei Groupama-FDJ habe ich 80 Renntage in den Beinen und nun den ersten Schritt gemacht, jetzt folgt der zweite». Das tönt spannend.
Als Ausgleich im Winter schnallt sich Küng auch die Langlauflatten an die Füsse. Sofern Schnee liegt am liebsten in der näheren Umgebung, ansonsten reist er ins Engadin. Bereits in ein Trainingslager von zwei Wochen Dauer abgereist ist er am 5. Dezember. Zusammen mit seinen 27 Teamkollegen werden an einem Ort zwischen Valencia und Alicante bereits «Kilometer gefressen». Neben der Mannschaft sind in Spanien über 100 Personen für die Equipe im Einsatz. Die Festtage kann er dann allerdings zu Hause geniessen.

Programm schon recht fix
Obwohl der Haupt-Stützpunkt von Groupama-FDJ eigentlich in Paris liegt, muss Stefan Küng nur wenige Rennen in Frankreich absolvieren. Auch stehen die Höhepunkte für 2020 für ihn schon längst fest: «Das sind sicher wieder die Frühjahrs-Klassiker mit meinem Lieblingsrennen Paris - Roubaix, danach die Tour de Suisse mit dem Start erfreulicherweise in Frauenfeld, die Olympischen Spiele und die Weltmeisterschaft». Wieso ist der 26-Jährige eigentlich in den Thurgauer Kantonshauptort umgezogen? «Frauenfeld liegt enorm zentral für Ausfahrten in alle Richtungen. Und ich bin schnell am Flughafen in Kloten». Zu hoffen gilt es, dass er möglichst oft in seinem Reisegepäck nach Hause auch Erfolge einpacken kann. 

Ruedi Stettler